Schwarze Pest aus Indien
Möglichkeit fand sich immer. Denn
wer hat das schon — die perfekte Alarmanlage mit Innenraumüberwachung und
Außenhautsicherung?
Gegenüber der Villa blieb er stehen.
Das Licht der Straßenlaternen reichte
nicht weit, vertropfte im Nebel.
Beize spähte in alle Richtungen.
Er schwitzte vor Aufregung. Sein
fahlblonder Haarkranz hing unter dem Filzhut hervor. Auch die Stirnglatze
schwitzte, und Beize nahm für einen Moment den Hut ab, um sich am Nebel zu
kühlen.
Dann eilte er auf stämmigen Beinen über
die Straße, wieselte durch die Pforte und flitzte hinters Haus, wo er sich
keuchend an die Wand preßte.
Er brauchte eine Viertelstunde, um mit
seiner Punktlicht-Taschenlampe festzustellen, daß es keine Alarmanlage gab.
Genüßlich knackte er die Kellertür.
Sie hatte ein kompliziertes
Sicherheitsschloß, aber Beize war ein Meister seines Faches.
Im Keller hielt er sich nicht weiter
auf. Im Waschraum sah er eine offenbar kaputte Waschmaschine.
Im Licht seiner Taschenlampe stieg er
die Kellertreppe hinauf.
Oben angekommen, schnupperte er. Es
roch nach Zigarrenrauch. Offenbar qualmte diese Elsa Kranig so heftig, daß
selbst jetzt — Stunden nach ihrer Abreise — der Mief noch im Haus hing.
„Und so eine“, murmelte er, „bildet sich
ein, daß ich sie ins Specktöpfchen mitnehme.“
Er leuchtete in der Eingangsdiele umher
und bewunderte die Einrichtung. Aber wo waren Geld, Schmuck, transportable
Schätze, Tafelsilber, Antiquitäten, Goldmünzen — und was er sonst noch zu
finden hoffte?
Er öffnete eine Tür.
Sie führte in die Küche.
Als er in den Wohnraum trat, sah er die
Straßenlaternen durchs Fenster.
Diese blöde Kuh! Nicht mal die
Jalousien hatte sie runtergelassen.
Deshalb konnte er keine Lampe
anknipsen, sondern mußte sich zurechtfinden in dem ungewissen Licht.
Seufzend stiefelte er über einen
dicken, weichen Teppich.
Und da geschah es: Die mehrarmige
Deckenleuchte flammte auf, drei Wandlampen taten dasselbe, zwei
Tiffany-Leuchten am Fenster spendeten geheimnisvolles Licht; und Elsas Feuerzeug
spie eine kleine Flamme hervor.
Endlich konnte sie rauchen.
Gabys Nenntante gab sich Feuer.
Seit Stunden saß sie hier im Sessel an
der Wand, die Pistole in der Hand, die schlanke Zigarre und das Feuerzeug auf
dem Tischchen neben sich.
Um sich nicht zu verraten, sondern den
Einbrecher in Sicherheit zu wiegen, hatte sie ihrer Nikotinsucht einen ersten
Sieg abgerungen.
Elsa nahm den Fuß von dem Fußschalter
zurück, der alle Lichter anknipste, und winkte mit der Pistole, während sie die
Zigarre anrauchte.
„Robert Winter, nehme ich an“, sagte
Elsa, und ihre Katzenaugen sprühten, „Winter wie Frühling — nur drei Monate
früher, nicht wahr?“
Beize rührte sich nicht.
Unter seinem Hut tropfte der Schweiß
hervor. Die fleischige Nase zuckte. Der Mund stand offen.
„Keine Dummheiten!“ warnte Elsa und
stand auf. „Ich war bei der Kripo, hauptberuflich, und könnte als Kunstschützin
auftreten. Wenn du nicht brav bist, Robertchen, schieße ich dir in die
Kniescheibe.“
„Äh... ich...“
„Schon gut!“ winkte sie ab. „Dein
Geständnis werden die Kollegen auf nehmen. Mir genügt, daß ich dich festnehme.
Laß die Tasche fallen, setz dich auf den Boden und leg die Hände ins Genick!
Na, wird’s bald. Oder soll ich von meiner Notwehr Gebrauch machen!“
Eine Falle? Dampfnase konnte es nicht
glauben. Er war in eine Falle getappt. Dieses Weib hatte ihn durchschaut — am
Telefon durchschaut.
Schade, dachte er. Die hätte ich doch
mitgenommen — ins Specktöpfchen.
Er gehorchte, saß dann auf dem
kostbaren Orientteppich und kam sich unheimlich blöd vor.
Elsa Kranig ließ ihn nicht aus den
Augen, während sie das Überfallkommando anrief.
20. Bewußtlos im Park
Am Samstagmorgen erwachte Gaby zur
üblichen Zeit.
Oskar, der vor ihrem Bett in seinem
Körbchen lag, begrüßte sie schweifwedelnd. Hinter den Fenstervorhängen war der
Tag düster.
Gaby spähte auf die Altstadtstraße
hinunter. Wenigstens regnete es nicht. Sie schlurfte gähnend ins Bad, hörte
ihre Mutter in der Küche, und zog sich die Plastikhaube über die Goldhaare.
Erst unter der Dusche fiel dem
TKKG-Mädchen ein, daß heute Samstag war, also keine Schule.
„Du bist ja schon auf“, begrüßte Margot
Glockner ihre Tochter.
Gaby gab ihr ein Gutenmorgenbussi und
hüllte sich fester in den weißen Bademantel.
„Ganz aus Versehen, Mama. Aber das ist
kein Unglück. Bäckst du Waffeln? Ich
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