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Schwarze Piste

Schwarze Piste

Titel: Schwarze Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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wichtig. Morgen vielleicht. Oder heute Abend? Wenn ich zurück bin.«
    Frank überlegte, ob er sie zwingen sollte dazubleiben, entschied dann aber, erst mal die Lage zu sondieren. »Wann bist du denn wieder da?«
    »Vielleicht um sechs.«
    »Hm. Ist ein bisschen blöd, weil dann bin ich umsonst hergefahren.«
    »Wolltest du denn nur mit mir reden?«
    Frank sah sie unschlüssig an.
    »Ich meine, es gäbe viel zu tun. Wenn es dir nichts ausmacht, alleine hier zu arbeiten.«
    Nein, das machte Frank nicht das Geringste aus. »Das wäre kein Problem. Ich müsste halt auch mal ins Haus.«
    »Na logisch. Hier!« Sie gab Frank ihren Schlüsselbund. »Die Eselställe sind noch nicht ausgemistet. Und wir müssten mal die Pferde striegeln. Damit die nach was aussehen. Die Weihnachtsfeier der Polizei findet auf dem Hof statt.«
    »Tatsächlich!«
    »Ja, hat sich so ergeben. Da liegen übrigens eine Menge Lichterketten an der Stallwand. Die sind gerade gebracht worden. Auch für das Weihnachtsfest. Ich kenn mich damit nicht aus. Aber du bist doch Elektriker. Kannst du mal schauen, ob wir die überhaupt in Betrieb nehmen können? Nicht, dass uns die Sicherungen rausfliegen.«
    »Klar. Ich check das alles mal.« Frank nahm den Schlüsselbund entgegen. »Erwartest du heute noch wen?«
    »Eigentlich nicht. Heute kommt keiner von den Helfern. Warum?«
    »Nur dass ich Bescheid weiß. Hätte ja sein können.« Er würde sich also ein paar Stunden lang ungestört umsehen können. »Wo bist du in Tirol?«
    »Auf einem anderen Gnadenhof. Ich wollte mir den mal ansehen und schauen, ob man zusammenarbeiten kann. Ich geb dir die Nummer, falls was ist.« Sie zog eine Karte des »Gnadenhof Inntal« aus ihrer Jacke, nahm einen Zettel von einem Zettelblock, der sich nebst zwei Kugelschreibern säuberlich arrangiert in der Mittelkonsole befand, und schrieb Frank die Telefonnummer auf. »Du weißt, wo die Getränke sind«, sagte sie, als sie ihm den Zettel mit der Nummer aus dem Wagen herausreichte.
    Frank nickte. »Um sechs bist du wieder da?«
    »Da bist du wahrscheinlich schon weg, oder?«
    Wenn er bis dahin nicht ein paar Kontodaten einschließlich Passwörtern gefunden hatte, wäre er mit Sicherheit noch auf dem Hof. »Kann gut sein, dass ich noch da bin. Ist ja genug zu tun.« Es war besser, wenn Daniela sich bei ihrer Rückkehr nicht wunderte, dass Licht brannte. »Kannst mich ja auf dem Handy anrufen, wenn du auf dem Rückweg bist. Dann mach ich Feuer in der Küche.«
    »Bist echt ein richtiger Schatz.« Sie zwinkerte ihm dankbar zu. Dann rangierte er umständlich seinen Wagen aus dem Weg, ließ Daniela passieren und freute sich auf einige Stunden Schatzsuche auf dem Gelände.

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    58
    D er Kaffee erinnert mich an unsere AStA-Sitzungen«, sagte die Frau und schob die Tasse von sich. »Ist das auch dieser Solidaritätskaffee aus Nicaragua?«
    »Unser Staat ist arm. Er kann sich keine Solidarität mit Nicaragua leisten. Ich fürchte, Sie trinken Ausbeuterkaffee. Aber Sie wollten uns etwas erzählen«, sagte Wallner und kontrollierte, ob das Aufnahmegerät noch eingeschaltet war.
    »Richtig. Ich müsste ein bisschen ausholen. Ist das ein Problem?«
    »Wir werden zwar nicht nach Stunden bezahlt. Aber wir haben trotzdem Zeit.«
    »Gut. Es fängt nämlich mit meiner Mutter an. Gerlinde Leberecht. Sie war Anwältin wie mein Vater, ihr Ehemann. Nur erfolgreicher als er. Deshalb hat er sich in den siebziger Jahren scheiden lassen. Nicht, dass er das als Scheidungsgrund angegeben hätte. Aber ich schweife ab. Für meinen weiteren Lebensweg ist dabei herausgekommen, dass ich meine Mutter nicht mehr mochte. Sie war eine harte Frau, und ich war überzeugt, dass sie die Familie zerstört hatte. Witzigerweise kann man aber doch nicht ganz dem Beispiel derer entrinnen, die einen großziehen, selbst wenn man noch so wenig werden möchte wie sie. Und das, müssen Sie wissen, war mein Dilemma. Ich wollte nie werden wie meine Mutter. Aber um von ihr unabhängig zu werden, wurde ich es zwangsläufig: Ich musste eine knochenharte Frau werden, die ihr eigenes Ding macht. Also habe ich Jura studiert – wie meine Mutter. Rechtsanwälte erschienen mir immer als die abgezocktesten und verkommensten Subjekte unserer Gesellschaft. Eine Clique von Schurken, die mit ihrem Geheimwissen alle anderen unter ihrem Joch halten. Das hat mir gefallen. Ich wollte einer von ihnen sein. Natürlich hat mir meine Mutter das Studium finanziert und natürlich gerade so gut, dass

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