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Schwarze Piste

Schwarze Piste

Titel: Schwarze Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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Weihnachtsfeier.«
    Kreuthner hatte wie jedes Jahr die Organisation der Weihnachtsfeier übernommen. Etwas sprang immer für ihn dabei heraus, je nachdem, welchem Wirt er die Einnahmen verschaffte. Dieses Jahr sollte in einem Gemeindesaal der katholischen Kirche gefeiert werden. Das hatte Anneliese Sennleitner, die über vielfältige Kontakte verfügte, eingefädelt und dabei Kreuthner ein bisschen ausmanövriert. Wenigstens konnte der noch einen befreundeten Getränkehändler ins Spiel bringen. Auch für die vierhundert Liter Obstbrand, die er jüngst geerbt hatte, sah Kreuthner jetzt eine profitable Verwendungsmöglichkeit.
    »Ach, richtig! Hab ich dir das noch gar net gesagt?« Sennleitner schien mit einem Mal deutlich kleiner zu werden, was daran liegen mochte, dass seine Schultern nach vorn fielen und er den Kopf einzog.
    »Was?«
    »Das mit dem Gemeindesaal hat sich … zerschlagen.«
    »Wie – zerschlagen?«
    »Mir können da nicht mehr rein. Kannst dir ja denken, warum.«
    »Ah geh!« Kreuthner war sauer, dass Sennleitner seine rachsüchtige Frau so gar nicht im Griff hatte. Der zuckte entschuldigend die Schultern.
    »Und was mach’ ma jetzt? Um die Zeit krieg ich doch keinen Wirt mehr her. Die san doch alle dicht mit Weihnachtsfeiern.«
     
    Die Zurechtweisung durch Wallner hatte Kreuthner getroffen. Er stand mit seiner Tasse Kaffee auf dem Parkplatz, um im Schneetreiben eine Zigarette zu rauchen und nachzudenken. Die Straßenkarte ging ihm nicht aus dem Kopf. Warum war dort die Route eingezeichnet, auf der er damals dem blauen BMW gefolgt war? Das Kennzeichen des Wagens war falsch gewesen, was wahrscheinlich kein Polizist außer Kreuthner bei einer Kontrolle herausgefunden hätte. Doch Kreuthner hatte es herausgefunden. Weil er gespürt hatte, dass an dieser Baustellenampel im Wald etwas nicht gestimmt hatte. Wenn ihn Kummeder damals nicht so unter Druck gesetzt hätte und er nicht so dringend Geld gebraucht hätte – vielleicht hätte er herausgefunden, was faul war. Vielleicht wären Sophie Kramm und Jörg Immerknecht noch am Leben. Wie das Ganze zusammenhing, davon hatte Kreuthner nicht die entfernteste Vorstellung. Aber dass es zusammenhing, davon war er überzeugt. Kreuthner machte sich nicht etwa Vorwürfe, weil er bei korrektem Verhalten möglicherweise zwei Morde verhindert hätte. Das war nicht Kreuthners Art. Die Morde hatten andere begangen. Damit war die Schuldfrage geklärt. Aber das seltsame Wirken des Schicksals und die gewundenen und sich kreuzenden Wege, die es manchmal nahm, faszinierten ihn sehr.
    Was war zu tun? Die Karte Wallner geben? So wie der ihn gerade behandelt hatte? Und dann fanden andere heraus, was das Geheimnis dahinter war? Nein, das war keine Option. Kreuthner zückte sein Handy, rief eine Bekannte im Grundbuchamt an, ließ seinen Charme spielen und studierte zehn Minuten später das Grundbuch. Der Ausgangspunkt der in die Straßenkarte eingezeichneten Linie war nicht eindeutig einem Grundstück zuzuordnen. Er lag in einer Gegend am Ortsrand von Miesbach, die in den siebziger Jahren mit Einfamilienhäusern bebaut worden war. Auf der anderen Seite, nordöstlich von Miesbach, schien die Linie im Niemandsland zu enden. Jedenfalls nicht in einer Ortschaft. Die Katasterkarten zeigten, dass es in dem in Frage kommenden Areal nur ein einziges Flurstück mit einem Wohnhaus gab. Dieses Haus gehörte seit dem Jahr 2007 einem Baptist Krugger, der ausweislich des notariellen Kaufvertrags in Miesbach wohnte. Die Adresse lag in der Gegend, in der die Linie ihren Anfang nahm.

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    D ie Kerzenfabrik Krugger hatte die unruhige Zeit nach 2008 mit Ach und Krach überstanden, nicht zuletzt wegen eines Darlehens der Diözese, das über eine persönliche Verbindung des alten Joachim Krugger zustande gekommen war. Baptist Krugger war, noch bevor er sein Studium beendet hatte, in die Firmenleitung gewechselt. Er galt bei den Mitarbeitern als verschlossen und unkommunikativ. Entscheidungen wurden der Belegschaft per E-Mail mitgeteilt. Die Entlassungen, die im Gefolge eines Sanierungskonzepts notwendig wurden, musste der alte Krugger mit den Betroffenen und dem Betriebsrat verhandeln. Baptist Krugger setzte sich ungern mit anderen auseinander. Er fühlte sich am wohlsten, wenn er allein an seinem Laptop saß und die Firma regierte wie in einem Computerspiel. Auf Baptists Initiative wurde ein Teil der Produktion nach Osteuropa vergeben, wofür man die guten Kontakte der Kirche nach

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