Schwarze Piste
hatte den Eindruck, es war irgendetwas aus der Vergangenheit. Aber Sophie hat mir nicht gesagt, was es war. Und was sie wollte.« Daniela starrte ins Leere. »Geld kann es nicht gewesen sein. Wir haben ja keins.«
Kreuthner brachte Daniela zur Tür und kehrte anschließend in Wallners Büro zurück. Wallner hatte inzwischen noch einmal mit Herrn Hauser vom Verfassungsschutz telefoniert. Hauser hatte Josepha Leberecht nicht erreicht, versprach aber dranzubleiben. Während des Telefonats war Mike gekommen und hatte berichtet, dass ein Phantombild der Frau mit dem östlichen Akzent nach München geschickt worden war in der Hoffnung, über sie an den Mann zu kommen, der Wallner die Wanze zugesteckt hatte. Tatsächlich hatte es eine Rückmeldung gegeben. Ein Kollege vom K 83 , das für Rauschgiftdelikte zuständig war, meinte, schon einmal mit der Frau zu tun gehabt zu haben. Man würde das so schnell wie möglich verifizieren.
»Und?«, fragte Kreuthner, als er ins Büro zurückkam. »Bringt uns das weiter?«
»Zusammen mit den beiden E-Mails, die wir bei den Toten gefunden haben, gibt es zumindest einen begründeten Tatverdacht, dass Josepha Leberecht die Mordopfer erpresst hat. Das heißt, wenn sie nicht mit uns reden will, lassen wir sie verhaften.« Wallner überlegte. »Ich ruf gleich morgen früh Tischler an. Der soll so oder so einen Haftbefehl besorgen.«
»Und was sagt der Tischler zum Durchsuchungsbeschluss?«
»Der hat die Hosen voll. Wenn wir ihm nicht wirklich was Konkretes liefern, wird es keinen Durchsuchungsbeschluss gegen Krugger geben.«
»Und wenn der Beweise verschwinden lässt?«
»Dann kann ich auch nichts machen. Ohne Beschluss keine Durchsuchung.«
»Mei …« Kreuthner hatte sich in einen Bürosessel gefläzt, die Hände vor seinem Bauch verschränkt, und drehte seine Daumen. »Des is net gesagt, dass des so sein muss.«
»Leo, mach keinen Scheiß. Du bist schon suspendiert. Irgendwann schmeißen sie dich raus.«
Kreuthner stand auf und legte seine Hand auf Wallners Schulter. »Du hast doch keine andere Wahl. Ich verlass mich auf dich, wenn’s Ärger gibt.«
Wallner sah ihm stöhnend nach, dann zu Mike, der in sich hineinlächelte. »Was grinst du?«
»Ich grinse nicht, ich lächle. Und ich finde, du solltest Kreuthner beistehen, wenn er Scheiß baut. Er hat recht. Wir haben keine andere Wahl.«
Es war kalt geworden, und Frank ließ immer wieder den Motor laufen, um den Wagen aufzuheizen. Anfangs hatte er überlegt, den Hof während Danielas Abwesenheit zu durchsuchen. Aber er wusste nicht, wann sie zurückkommen würde. Wenn sie bei ihrer Rückkehr merkte, dass er im Haus war, würde sie Verdacht schöpfen und ihren Polizisten verständigen. Es war besser zu warten, bis sie wieder da war, und dann ohne Zeitdruck zu Werke zu gehen. Wenn er sie zum Sprechen brachte, konnte er sich die Sucherei ohnehin sparen.
Nach zwei Stunden stieg er aus, um sich hinter dem Schuppen zu erleichtern. Er betrachtete mit einer gewissen Faszination seinen Urinstrahl, der in die Kälte der Dezembernacht hineindampfte und ein dunkles Loch in den Schnee brannte. Dabei dachte er darüber nach, ob es in Sibirien sein konnte, dass der Strahl beim Pinkeln gefror. Er hatte vor einiger Zeit in einer Fernsehsendung gelernt, dass heißes Wasser bei großer Kälte schneller gefror als kaltes. Also warum nicht auch der warme Urinstrahl? Auf dem Höhepunkt seiner naturwissenschaftlichen Betrachtungen hörte er das Geräusch eines herannahenden Wagens, gefolgt von einem Lichtkegel, der Frank zum Glück nicht streifte, da ihn der Schuppen abschirmte. Frank stapfte zu seinem SUV zurück und sah den Rücklichtern des Wagens nach. Der bog zum Gnadenhof ab. Frank tastete nach dem Jagdmesser. Es steckte in der Scheide am Gürtel. Dann machte er sich zu Fuß auf den Weg zum Hof.
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53
E s waren siebzehn Grad unter null, als Daniela auf den Hof zurückkam. Troll, die Norwegische Waldkatze, war dennoch in wichtigen Geschäften unterwegs. Zu Danielas Erstaunen brachte Troll selbst im tiefsten Winter frische Mäuse ins Haus. Er hatte leider die Angewohnheit, den Kopf und die Innereien seiner Opfer übrig zu lassen. Sie lagen am nächsten Morgen auf dem einzigen Perserteppich, den die Tante zusammen mit dem Hof hinterlassen hatte. Troll folgte Daniela in den Stall, wo sie kontrollierte, ob die Heizung für die Pferdetränken auch bei diesen Temperaturen funktionierte. Sie tat es. Frank hatte einen guten Job
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