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Schwarze Piste

Schwarze Piste

Titel: Schwarze Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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gemacht. Kaspars Box stand immer noch offen, und das würde so bleiben, bis ein anderes Pferd einzog. Einstweilen hatte Tacitus die Box für sich entdeckt und war nicht mehr aus ihr herauszubringen. Danielas Blick entging nicht, dass die Katzen Heu auf dem Gang zwischen den Pferdeboxen verteilt hatten. Sie kehrte es zusammen und verließ einen makellos sauberen Stall. Bei ihrem Gang über den Innenhof zum Haus bemerkte sie einen Schatten beim Traktor im Geräteschuppen. Das war normal bei all den Tieren auf dem Hof. Ständig wurde gehuscht und geschlichen. Sie dachte einen Moment darüber nach, wer außer Troll sich wohl bei dieser Kälte nach draußen wagte. Da ihr niemand einfiel, verdrängte sie den Gedanken und ging ins Haus.
    Das Feuer im Küchenofen war heruntergebrannt. Vor ihrer Abfahrt hatte Daniela ein Rindenbrikett, das die Glut über Stunden hielt, ins Feuer gelegt. Es glomm noch, so dass sie nur ein paar Holzscheite nachlegen musste.
    Sie kochte sich einen Kräutertee und überlegte, ob sie Schnaps dazu trinken sollte. Sie trank häufig die letzten Tage. Seit Sophie nicht mehr da war, machte alles keinen Sinn mehr, und der Alkohol brachte ihr wenigstens Schlaf. In ein paar Tagen würde die Polizei Sophies Leiche freigeben. Sie musste sich um die Beerdigung kümmern. Daniela nahm ein Blatt Papier und machte eine Liste der Trauergäste. Ein paar Verwandte waren einzuladen. Die meisten von ihnen hatten Sophie seit Jahren nicht mehr gesehen. Freunde gab es nicht viele. In der Hauptsache Leute, die freiwillig auf dem Hof arbeiteten. Sie waren wohl Sophies Freunde, entschied Daniela, und auch ihre eigenen. Sie schrieb die Namen auf die Liste. Dazu Kerstin, die Tierärztin. Auch Frank schrieb sie dazu. Aber er hatte Sophie nicht gekannt und wurde deshalb wieder gestrichen. Um sicherzugehen, dass sie niemanden vergessen hatte, ging sie in ihr Zimmer, um in dem Adressbuch nachzusehen, das Sophie auf ihrem Computer geführt hatte. Die Polizei hatte den Computer zwar sichergestellt, Daniela aber eine Kopie der Festplatte überlassen, denn darauf befanden sich auch Daten, die für den Betrieb des Hofes benötigt wurden.
    Als sie den Computer hochfuhr, hörte sie Geräusche. Zumindest dachte sie, etwas gehört zu haben. Es kam aus dem Innenhof auf der anderen Seite des Hauses. Das Büro lag nach hinten raus. Ganz sicher war sich Daniela nicht. Der Computer machte Geräusche beim Hochfahren, vielleicht war es das gewesen. Sie ging aus dem Zimmer und lauschte in den dunklen Hausflur. Stille. Absolute Stille. Nur ihr eigener Atem und das leise Knarren einer Diele unter ihrem Fuß. Dann klang ein missgelauntes Maunzen durch die Haustür. Sie ließ Troll herein, der meckernde Laute von sich gab, ihr kurz um die Beine strich und dann zum Futternapf schritt, um sich nach den Abenteuern in der kalten Nacht zu stärken.
    Der Drucker spuckte summend Blatt für Blatt der Adressenliste aus. Zwischen zwei Blättern hörte Daniela jemanden lachen. Nur kurz und unwirklich und von sehr weit her. Dann summte das nächste Blatt aus dem Inneren des Druckers hervor und legte sich mit einem schabenden Geräusch über das vorherige. Das Lachen kam wieder. Jedes Mal zwischen zwei Blättern. Als das letzte Blatt die Maschine verlassen hatte, hörte sie nichts mehr und ging in die Küche zurück. Sie war verunsichert. Hatte sie dieses Lachen gehört, oder war es bloße Einbildung? Sie schenkte sich einen Kirschbrand nach. Vielleicht sollte sie noch zwei oder drei davon trinken und ins Bett gehen. Morgen würde alles wieder in Ordnung sein.
    Daniela schluckte das Kirschwasser mit zusammengekniffenen Augen, als sie es wieder hörte. Das unheimliche Lachen. Von weit her und doch deutlich drang es durch die Nacht. Es war kratzig, mechanisch, höhnisch. Die Katzen und Hunde in der Küche rührten sich nicht, bewegten aber intensiv die Ohren, um das Geräusch aufzufangen.
    Zum zweiten Mal in wenigen Tagen holte Daniela das alte Jagdgewehr aus dem Waffenschrank, zog sich Schuhe an und ging nach draußen in den Hof. Das Licht über dem Stall blendete sie und versperrte ihr die Sicht auf die dunkleren Teile des Hofes, die in Richtung des Zufahrtsweges lagen. Von dort kam das Lachen, das jetzt, da sie im Freien stand und die hohen Frequenzen ungefiltert an ihr Ohr drangen, unglaublich ordinär klang und zugleich unmenschlich, als stamme es von einer Puppe. Daniela trat vorsichtig ein paar Schritte nach vorn, bis sie das Licht der Stalltürlampe im

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