Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht
Seiten von seinem Kopf ab, während er mit einer Laterne in der Hand hin und herlief. Nun sah sie auch den Hund, ein schlanker, brauner Retriever, der immer noch kläffend über den Hof tobte und an dem grauhaarigen Mann emporsprang.
Was, in aller Welt, war geschehen? Wenn das Pferd den armen jungen Burschen nicht verletzt hatte, wie war es dann passiert? Hatte ihn etwa jemand überfallen?
Sie hörte Nicholas laut und ausgiebig fluchen und nach Charles brüllen. Die Männer riefen dem Hund Befehle zu, versuchten, ihn auf eine Spur zu bringen, doch das dumme Tier rannte nur im Kreis umher und hörte nicht auf zu kläffen. Schließlich tauchte Mrs. Fox auf, sie war vollkommen angezogen und hatte ein Tuch umgelegt. Der Hund lief auf sie zu und setzte sich gehorsam vor ihr auf den Boden.
Ihre Zimmertür wurde aufgerissen und Nicholas erschien, bleich wie ein Geist, das Gesicht wutverzerrt.
„Ich reite ins nächste Dorf, um einen Arzt aufzutreiben. Rühr dich nicht aus diesem Zimmer und schließe die Tür ab!“
„Aber was ist denn nur geschehen?“
„Tu, was ich sage!“
Er verschwand, ohne Antwort zu geben und sie begriff erschrocken, dass dies ein völlig anderer Mann war, als jener, der sie noch vor wenigen Minuten zärtlich in den Armen gehalten hatte. Was hatte ihn verwandelt?
Sie spähte wieder durchs Fenster. Charles war bemüht, eines der Pferde auf den Hof zu führen, doch das Tier war schrecklich aufgeregt, es scheute und versuchte zu steigen, als er ihm den Sattel auflegen wollte. Nicholas brauchte eine Weile, um das verängstigte Tier zur Ruhe zu bringen, damit man es satteln konnte, dann stieg er auf, nahm eine der Laternen zur Hand und ritt davon.
Violet sah dem schwankenden Licht nach, bis es verschwunden war, und hatte plötzlich das beängstigende Gefühl, ohne Nicholas in ihrer Nähe allein und schutzlos zu sein. Sie wäre gern hinausgelaufen, um ein paar Worte mit Charles zu reden, denn er war ihr vertrauter als die übrigen Angestellten. Doch er war in den Pferdestall zurückgekehrt und sie hätte den Hof überqueren müssen, um zu ihm zu gelangen. Nun, da Nicholas fortgeritten war, schien sich alles wieder beruhigt zu haben, die Lichter waren verschwunden und der Hof lag in Finsternis. Nicholas’ Anweisung fiel ihr wieder ein und sie ging zur Tür, um sich einzuschließen. Doch weder innen noch außen steckte ein Schlüssel in der Tür und so gab sie ihr Vorhaben auf.
Nach all diesem Aufruhr war es jetzt beängstigend still. Nur hin und wieder drangen leise Stimmen und das Schnauben der Pferde über den Hof – Charles und der grauhaarige Mann waren vermutlich beschäftigt, die verängstigten Tiere zu beruhigen. Von Mrs. Fox war nichts zu sehen. Ob sie sich um den Verletzten kümmerte?
Es war beklemmend, in diesem engen, stickigen Raum zu sitzen und zur Untätigkeit verdammt zu sein. Sie hockte sich auf einen der Stühle, lauschte auf den Hof hinaus, doch es war nichts weiter zu hören, als ein leises Knistern, das irgendwoher aus dem Zimmer kommen musste und das vermutlich von ein paar nachtaktiven Mäusen herrührte. Sie dachte an Nicholas, der jetzt durch die Dunkelheit ritt, und sie sorgte sich um ihn. Wenn ihm nur nichts zustieß auf diesem nervösen Tier, das man nur mit Mühe hatte beruhigen können. Wie lange er wohl ausbleiben würde? Über eine Stunde sicher.
Ein dumpfer Schlag im Kamin ließ sie zusammenzucken. Die aufgestellten, dicken Holzscheite waren niedergebrannt und in sich zusammengestürzt, kleine Fünkchen flogen umher und verglühten auf dem Fußboden. Sie erhob sich, um einige Scheite nachzulegen, doch sie war kaum einen Schritt gegangen, als sich dicht neben ihr ein schwerer Gegenstand von der Wand löste und mit lautem Krachen zu Boden stürzte. Glas splitterte, ein hölzerner Rahmen zersprang. Dann rieselte nur noch etwas Putz von der Wand und es war wieder still.
Violet war vor Schreck fast das Herz stehen geblieben. Wie erstarrt stand sie, den Fuß noch angehoben und wagte nicht, sich umzuwenden.
Ein Bild ist von der Wand gefallen, dachte sie. So etwas passiert in alten Häusern. Vermutlich ist der Putz morsch und der Nagel hat nachgegeben.
Doch es gelang ihr nicht, die aufsteigende Angst wegzuschieben. Sie erinnerte sich an ihre Mutter, die an böse Vorzeichen glaubte, Künder nahenden Unheils. Ein Gegenstand, der ohne Grund umfiel, war nichts Anderes als eine Warnung vor einer drohenden Gefahr.
Vorsichtig wandte sie sich zur Seite, um den
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