Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht
herauszustreichen. Ob er das Haus wohl von seinen Eltern geerbt und dann umgebaut hatte?
Sie war bereits näher an das Anwesen herangegangen, als sie es ursprünglich vorgehabt hatte, und betrachtete nun die aufwendig gearbeitete, zweiflüglige Eingangstür aus dunkelbraunem Holz, die mit blanken Messingbeschlägen verziert war. Etwas Seltsames geschah mit ihr in diesem Augenblick, sie verspürte einen unwiderstehlichen Drang, zwischen die beiden Säulen zu treten, so als stünde jemand hinter ihr, der sie bei den Schultern nahm und voranschob. Als sie die Türglocken läuten hörte, war ihr kaum bewusst, dass sie selbst es gewesen war, die daran gezogen hatte.
Der linke Türflügel öffnete sich und ein Dienstmädchen sah sie mit großen, blauen Augen fragend an.
„Ich … ich möchte zu Mr. Marlow. Falls er zuhause sein sollte.“
Das Mädchen war sehr rundlich, unter der Haube quollen blonde, krause Löckchen hervor und ihr Lächeln hatte etwas Unbedarftes, als sie jetzt vor Violet knickste.
„Kommen Sie bitte herein, Madam.“
Sie nahm Violet den nassen Mantel ab und führte sie durch eine kleine Halle, die mit Rattanmöbeln, Pflanzen und seltsamen Gegenständen aus Übersee ausgestattet war. Eine breite, altmodische Treppe führte in den ersten Stock hinauf, dort verschwand das Mädchen hinter einer hell gestrichenen Tür. Während Violet noch den schön geschwungenen Handlauf der Treppe und die alten Gemälde an den Wänden bewunderte, öffnete sich die Tür wieder und gab den Blick auf einen weißen Marmorkamin im Inneren des Raumes frei. Vor dem Kamin saß Nicholas Marlow in einem bequemen Lederstuhl, seine Füße ruhten auf dem Sessel gegenüber.
„Herein mit ihr!“, hörte sie ihn laut rufen.
Violet verspürte plötzlich starkes Herzklopfen und ein Instinkt sagte ihr, dass sie besser kehrtmachen und dieses Haus auf dem schnellsten Wege verlassen sollte. Doch stattdessen folgte sie dem Mädchen die Treppe hinauf.
„Ah, Miss Burke. Sie haben also doch den Weg zu mir gefunden!“
Das Mädchen hatte sich an ihr vorübergeschoben und schloss die Tür hinter ihr, so stand sie unentschlossen auf der Stelle und starrte auf Mr. Marlowes teure Lederschuhe. Er hielt es keineswegs für nötig, bei ihrem Eintreten die Füße vom Sessel zu nehmen.
„Was ist los?“, rief er und hob fragend die dunklen Brauen. „Haben Sie Angst vor mir?“
Sie riss sich zusammen und tat ein paar Schritte auf ihn zu.
„Nein, Mr. Marlow. Es ist nur alles … etwas ungewohnt für mich.“
Er sah abschätzend an ihr herunter und schien belustigt.
„Ich beiße nicht, Miss Burke. Setzen Sie sich dorthin und wir werden alles in Ruhe miteinander bereden.“
Seine Art, ihr Anweisungen zu geben hatte etwas Zwingendes, das hatte sie schon öfter bemerkt. Auch diesmal folgte sie seinem Wink, wartete geduldig, bis er die Füße vom Sessel gehoben hatte, und ließ sich dann nieder.
Im Kamin flackerte ein Feuer und verbreitete angenehme Wärme, dennoch verspürte Violet ein leichtes Zittern, das sicher daher kam, weil sie von der kalten Straße zu rasch ins warme Zimmer gelangt war.
„Ich biete Ihnen Kost und Logis, dazu eine vollkommen neue Ausstattung und zusätzlich Hundert Pfund jährlich“, begann er die Unterredung. „Sie werden sich hier in diesem Haus aufhalten und es nur verlassen, falls ich Ihnen dazu die Erlaubnis gebe. Sie werden oben im zweiten Stock wohnen und dort reichlich Platz haben, denn ich wohne hier unten und die Dienerschaft hat ihre Räume im dritten Stockwerk. Alles, was Sie zu tun haben ist, meine Anweisungen genau zu befolgen und ihre Nase nicht in Dinge zu stecken, die Sie nichts angehen.“
Sie war verwirrt, denn einiges an dieser Aufzählung erschien ihr merkwürdig. Oder lag es einfach an der Art, wie er die Dinge formulierte? Natürlich gingen Angestellte nicht einfach ein und aus, so wie sie Lust hatten. Aber wieso bestand er so energisch darauf, dass sie das Haus nur mit seiner Erlaubnis verließ?
Trotz des hellen Vormittags schien es ihr, als werfe das Kaminfeuer unruhige Schatten auf sein blasses Gesicht und sie spürte den bohrenden Blick seiner dunklen Augen.
„Sie erhalten ihren Lohn am Monatsende ausgezahlt“, fuhr er fort, als sie nichts weiter antwortete. „Den ersten Monat arbeiten Sie auf Probe – falls wir uns nicht miteinander verstehen sollten, bekommen Sie nur einen Lohnanteil. Dazu jedoch die gesamte Ausstattung, die ich für Sie anfertigen lassen werde.“
„Was
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