Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht
ihn vermutlich mit Ihrem Klavierspiel bezaubert, Miss Burke. Nicholas ist nämlich sehr musikalisch und spielt selbst recht gut.“
Sie sah ihn erstaunt an.
„Ich wusste gar nicht, dass Nicholas Marlow Klavier spielen kann.“
Mr. Forch trank einen Schluck Whisky und sah sie über den Rand des Glases hinweg nachdenklich an.
„In letzter Zeit hat er vermutlich wenig gespielt“, meinte er. „Früher hat er Stunden damit verbracht. Bei jeder Gesellschaft schleppte man ihn ans Instrument und er spielte auch gern zum Tanz auf.“
Machte er sich einen Scherz mit ihr? Oder redeten sie vielleicht von zwei verschiedenen Menschen?
„Nicholas Marlow spielte zum Tanz auf?“
Mr. Forch nickte und rieb sich schmunzelnd den rötlichen Backenbart.
„Er tanzte auch selbst sehr passabel und die Damen konnten nicht genug davon bekommen, in seinen Armen zu liegen. Pardon, Miss Burke. Ich meine das natürlich nur bildlich gesprochen. Nicholas ist ein ebenso charmanter Gesellschafter, wie er vor Gericht ein brillanter Anwalt ist.“
Violet nahm vor Verwirrung einen weiteren Schluck aus ihrem Glas und überlegte dann, ob dieser nette, ältere Herr ihr vielleicht eine Lügengeschichte erzählte.
„Sie sprechen wirklich von Nicholas Marlow, Mr. Forch?“, fragte sie unsicher. „Das ist merkwürdig, denn ich kenne ihn von einer völlig anderen Seite.“
Er wurde ernst und stellte das leere Glas ab. Sein Gesicht hatte jetzt etwas Mitfühlendes, fast Väterliches.
„Das ist schade“, meinte er betroffen. „Wissen Sie, ich alter Esel habe geglaubt, dass er Sie … Nun ja, das tut nichts zur Sache. Nicholas hat sich verändert, das ist richtig. Nicht zu seinem Vorteil, weiß Gott nicht.“
„Sie kennen ihn schon länger?“
„Ich war ein guter Freund seines Vaters und kenne Nicholas seit seiner Geburt.“
„Und … was hat zu dieser Veränderung geführt?“
Er machte eine unbestimmte Geste mit der Hand und sah an ihr vorbei ins Kaminfeuer. Er wirkte jetzt auf einmal alt, das Grau in seinem Haar schimmerte durch und seine Schultern hingen herab.
„Ein Unglück, Miss Burke. Vor einem Jahr starb seine Frau. Er hat es nie verwunden – vermutlich fühlt er sich schuldig an ihrem Tod.“
„Wieso das?“
Er richtete den Blick auf sie und trank einen langen Zug aus seinem Glas.
„Es ist nicht so leicht gesagt“, meinte er zögernd. “Ich hoffe, Nicholas wird es mir vergeben, wenn ich plaudere. Aber irgendwann werden Sie es ohnehin erfahren. Clarissa Marlow starb durch ihre eigene Hand.“
„Wie schrecklich …“, flüsterte Violet. „Sie war doch sicher noch sehr jung. Warum hat sie so etwas Grauenvolles getan?“
„Niemand weiß es, Miss Burke. Nicholas war an jenem Abend im Klub und das Personal hat bereits geschlafen. Nicholas fand seine Frau später im Wohnzimmer auf dem Teppich ausgestreckt – sie hatte sich erstochen.“
Violet starrte ins Kaminfeuer. Ließ sich mit dieser tragischen Geschichte erklären, weshalb aus einem angenehmen, jungen Mann ein solcher Misanthrop geworden war? Wahrscheinlich.
„Mr. Marlow hat seine Frau sicher sehr geliebt“, sagte sie leise.
„Sicher“, murmelte Forch. „Die beiden waren erst ein Jahr verheiratet.“
Er wandte sich ab, um sich seine Pfeife zu nehmen und sie über einem Aschenbecher zu reinigen.
„Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich rauche?“
„Aber nein“, sagte sie lächelnd. „Mein Vater rauchte auch Pfeife – ich mag den Geruch.“
Er schmunzelte und stopfte die Pfeife mit großer Sorgfalt, bevor er sie entzündete. Dann begann er Violet nach ihren Eltern auszufragen, wollte wissen, ob sie verlobt sei, und erkundigte sich schließlich danach, ob ihre Aufgaben als Hausdame ihr überhaupt noch die Zeit ließen, Klavier zu spielen.
„Oh, ich denke schon“, meinte sie lächelnd. „Natürlich werde ich nicht stundenlang üben können – aber ein paar Minuten am Tag werde ich schon dafür aufwenden.“
„Das wäre wichtig, Miss Burke“, ermahnte er sie. „Sie wissen ja: Stillstand ist Rückgang. Es wäre schade um Ihr Können.“
Sein ermutigendes Lächeln hatte etwas Listiges, weshalb sie darüber nachdachte, welchen Hintergedanken er dabei wohl haben konnte.
„Leider liebt Mr. Marlow mein Spiel nicht besonders“, bemerkte sie. „Er findet es lausig.“
„Lausig?“, rief Forch und fing rasch die Pfeife auf, die ihm vor Empörung aus dem Mund gefallen war. „Nun, das kann er nur im Scherz gesagt haben.“
„Gewiss“, gab
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