Schwarze Rosen
erfahren haben. Verstehst du, was ich meine?«
»Sicher«, sagte Rizzo. »Wer wusste denn davon?«
»Nur ich und Venturi. Ich hatte es noch nicht einmal dir gesagt, wenn auch nur, weil keine Gelegenheit dazu war.«
»Wusste es die Familie des Opfers?«
»Die Tochter ganz bestimmt, sie war ja während unserer Unterredung in der Wohnung, in der Küche.«
»Vielleicht hat sie mit jemandem darüber gesprochen, und sei es nur nebenbei?«
»Möglich ist alles.«
»Wir sollten sie befragen.«
»Werde ich tun. Jetzt lass uns einen Kaffee in der Bar trinken gehen.« Dem Commissario war plötzlich ein Gedanke gekommen. Ein erschreckender Gedanke.
»Francesco, ich glaube, dass mich jemand ausspioniert.«
Das war das Erste, was Ferrara sagte, als sie das Präsidium verlassen hatten.
»Ausspionieren? Sie?« Rizzo starrte ihn an, als hätte er nicht richtig gehört.
»Ja. Sie lassen mich überwachen.«
»Aber von wem? Wem ist so etwas zuzutrauen?«
Der Commissario ließ sich Zeit mit der Antwort. Rizzo wollte gerade einen Fuß auf die Straße setzen, um sie zu überqueren, da hielt Ferrara ihn zurück. »Nein, wir sollten nicht in die Bar gegenüber gehen. Vertreten wir uns ein wenig die Beine bis zur nächsten, ein paar Häuser weiter.«
Sie bogen um die Ecke und spazierten unter den Arkaden entlang. Dabei kamen sie an einer endlos langen Schlange vor dem Seiteneingang der Einwanderungsbehörde vorbei. Die meisten der Anstehenden waren wie üblich Chinesen.
»Jemand muss mir folgen, möglicherweise schon von dem Moment an, wenn ich morgens aus dem Haus gehe«, fuhr der Commissario fort. »Er kennt meine Gewohnheiten, weiß, wo ich wohne … Und ich habe bisher nichts davon bemerkt. Verstehst du?«
»Das ist doch nicht möglich, Chef. Jemand, der so wachsam ist wie Sie, hätte das bestimmt mitbekommen. Das kann nicht sein!«
»Oder es ist einer aus dem Büro. Ein Maulwurf. Das wäre nicht das erste Mal in einer Ermittlungsbehörde.«
Ein unerträglicher Gedanke, der ihn mehr entsetzte als korrupte, verlogene Politiker oder sogar skrupellose Mörder. Sollte sich herausstellen, dass es in seiner Umgebung einen bestechlichen Kollegen gab, der mit Kriminellen gemeinsame Sache machte, wäre das ein schrecklicher Schlag. Fast wie in einer Ehe, wenn der Mensch, den man liebt, einen betrügt.
Rizzo schwieg nachdenklich, doch sein Blick war skeptisch.
»Ist dir irgendetwas Merkwürdiges aufgefallen in letzter Zeit, Francesco?«
»Nein, ich glaube nicht.«
Sie gingen weiter.
»Hat dir vielleicht jemand eine unpassende Frage gestellt? Oder sich sonst irgendwie verdächtig benommen?«
Rizzo schien zu zögern, dann antwortete er nüchtern: »Nein, weder im Büro noch außerhalb. Aber es wussten doch nur Sie beide von dem Treffen mit dem Opfer, Chef. Sie und Venturi. Und an der Treue des Ispettore kann es ja wohl keinen Zweifel geben.«
»Nein, das stimmt. Auf ihn würde ich Stein und Bein schwören.«
»Was dann?«
»Dann bleibt nur eine Erklärung.«
»Nämlich?«
»Mein Büro wird abgehört. Ich bin vom Strafverfolger zum Verfolgten geworden, verfolgt mit illegalen Methoden, wie in einem Agentenfilm …«
»Sie denken an die Geheimdienste?«
»Ja, allerdings die umgelenkte Sorte, du verstehst?«
Francesco Rizzo nickte. »Es wäre möglich«, sagte er. »Würde mich nicht mal wundern. Wo die pervertierte Freimaurerei ihre Finger im Spiel hat, wie es aus dem anonymen Brief, den Sie mir gezeigt haben, hervorzugehen scheint, ist alles möglich. Die haben Logenbrüder an allen Stellen, auch bei den Telefongesellschaften, den Geheimdiensten und in unserer Behörde. Der Skandal um die P2 damals hat uns das deutlich vor Augen geführt.«
»Wir dürfen in meinem Zimmer nicht mehr über die Ermittlungen sprechen«, sagte Ferrara, »oder jedenfalls nicht über wichtige Dinge. Und wir müssen uns gut überlegen, wie wir uns verhalten.«
Rizzo nickte erneut. »Ja, wir müssen aufpassen. Womöglich haben sie eine Wanze installiert oder etwas Ähnliches …«
»Womöglich auch mehr als eine. Es gibt keine Alternative, Francesco, wir müssen auf der Hut sein und dürfen uns nicht anmerken lassen, dass wir ihnen auf die Schliche gekommen sind. Zum richtigen Zeitpunkt werden wir das Zimmer dann säubern lassen, und nicht nur das eine.«
»Vollkommen einverstanden.«
Sie hatten die Bar erreicht. Ein guter Kaffee war jetzt genau das, was sie brauchten.
106
Bei seiner Rückkehr ins Büro, traf der Commissario auf dem Flur
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