Schwarze Rosen
erfolgreiche Vernehmung durchzuführen.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum kaum noch jemand einen Mord gesteht?
D ie Antwort ist für mich ganz einfach: weil es den klassischen Ermittler nicht mehr gibt, der mit einer wirkungsvollen Verhörtechnik ein Geständnis herbeiführen kann. Denn die Verhörtechnik ist eine Kunst für sich.
Der Commissario überflog den Kommentar kritisch und musste einräumen, dass er ihm im Großen und Ganzen zustimmte. Schade nur, dass zwischen den Zeilen ein weiterer Angriff auf seine, Ferraras, Fähigkeiten und Methoden zu lesen war.
Im Corriere della Sera dagegen folgte auf einen knappen Bericht über die Ereignisse in Florenz ein Hintergrundartikel, dessen fett gedruckter Titel verhieß:
Das geheime Leben der VIPs von Florenz
Der Text bezog sich angeblich auf Aussagen einer vertraulichen Quelle des Journalisten, die aus Diskretionsgründen, wie es hieß, nicht einmal mit Initialen genannt wurde. Fraglich, ob sie überhaupt existierte.
Der Informant sei ein Aussteiger aus gewissen hochrangigen Florentiner Kreisen. Ihm zufolge sei es in diesen Gesellschaftskreisen Mode, sich die Langeweile mit schwarzen Messen zu vertreiben.
In einschlägigen öffentlichen Lokalen, auch in Diskotheken und privaten Zirkeln, gibt es immer jemanden, der zu nächtlicher Stunde vorschlägt, eine schwarze Messe abzuhalten. Man muss sich dazu nur an die richtige Person wenden, einen Okkultismus-Fan, und schon schafft dieser Umhänge, Kapuzen, Kerzen und junge Frauen herbei, die zu allem bereit sind. Am Ende der kleinen Feier ist eine Orgie garantiert …
Anschließend wurde die Auskunftsperson mit einer persönlichen Erfahrung zitiert:
»Ein alter Freund überredete mich vor ein paar Jahren, seiner Sekte beizutreten, die aus rund zwanzig Mitgliedern des Florentiner Großbürgertums bestand. Die Anhänger waren alle im Alter zwischen dreißig und fünfzig Jahren. Die Sekte war hierarchisch strukturiert, es gab einen Initiationsritus, und man traf sich monatlich im Viertel Poggio Imperiale, um eine schwarze Messe zu feiern, bei der ein Tier geopfert wurde …«
Der Commissario war, gelinde gesagt, verärgert.
Fehlte nur noch, dass sie auch Details wie die Unterwäsche und die Halskette der Innocenti, die am letzten Tatort gefunden worden waren, veröffentlichten. Auch davon würde bald zu lesen sein, darauf konnte man wetten.
Er wusste nur zu gut, dass in den Medien eine Generation von Berichterstattern herangewachsen war, die wenig auf die ethischen Prinzipien ihrer Lehrmeister gaben. Für den großen Knüller waren sie zu allem bereit, und sei es, den Erfolg einer Morduntersuchung zu gefährden. Obwohl sie sich das wahrscheinlich nicht einmal klarmachten, blind vor Ehrgeiz, wie sie waren.
108
Der Polizeipräsident war buchstäblich außer sich. Er war hochrot im Gesicht wie nie zuvor und kaum noch Herr seiner Sinne. Der Presseraum im ersten Stock wurde von Journalisten belagert. Sie bestürmten den Beamten von der Stelle fürÖffentlichkeitsarbeit und Pressekontakte mit Fragen, auf die er keine Antwort wusste, und der Ärmste hatte Mühe, die Menge im Zaum zu halten.
Während das Präsidium von diesen Aufregungen erschüttert wurde, rief der Commissario seine Mitarbeiter zusammen. Er versammelte sie im Zimmer von Teresa Micalizi, die als Neuankömmling am wenigsten nach außen hin bekannt war. Zumindest vorläufig noch.
Das Tempo einer Untersuchung, wusste er, kann sich ganz plötzlich verändern und eine Beschleunigung erfahren, manchmal lediglich aufgrund eines anonymen Tipps, eines Briefes oder Anrufs oder der Entdeckung eines scheinbar nebensächlichen Fakts, der sich unversehens als wichtig, wenn nicht gar entscheidend erweist.
Es war klar, dass nach dem letzten Delikt und den in den Medien verbreiteten Informationen auf die Tube gedrückt und die Ermittlungsmaschinerie angetrieben werden musste. Als sollten die Ermittler aus ihren Dienstwagen, klapprigen Fahrzeugen der Marken Fiat, Alfa Romeo und Hyundai, aussteigen und sich ans Steuer eines röhrenden Ferrari oder Lamborghini setzen. Das war genau die Einstellung, die der Commissario seinen Mitarbeitern nun vermitteln wollte.
Als alle eingetroffen waren, schloss Ferrara die Tür, nicht ohne seinem Sekretär vorher eingeschärft zu haben, dass er von niemandem gestört werden wolle.
Fanti nahm das sehr ernst und hielt auf dem Flur Wache.
»Wir brauchen dringend Ergebnisse, und zwar schnell. Wie ihr alle lesen konntet,
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