Schwarze Rosen
vergnügungssüchtige Art. Vor allem hatten sie ein unstillbares Verlangen nach Geld; dieses Verlangen sprang ihnen geradezu aus den Augen. Die wenigsten waren Italienerinnen. Zwischen den Tischen schlängelten sich weitere Mädchen hindurch, die oben ohne gingen und kostspielige Champagnerflaschen trugen.
Wie es seine Gewohnheit war, sah er sich kurz um. Er kannte ein paar der Gäste, ignorierte sie aber. Als der Mann an einem samtbezogenen Diwan vorbeikam, zwinkerte er einer Frau zu, die sich gerade mit zwei Herren fortgeschrittenen Alters unterhielt. Sie war groß und apart, mit dunklem Teint und schwarzen Haaren, und reagierte mit einem höflichen Lächeln. Zumindest kam es dem Mann so vor. Dann stieg er die Treppe zum ersten Stock hinauf und ging durch einen nach Pfingstrosen duftenden Flur, an den mehrere Zimmer angrenzten. Die Türen, die jeweils eine rot aufgemalte Nummer hatten, waren geschlossen. Im Vorübergehenhörte er verschiedentlich Stöhnen. Dort drin spielten sich heimliche Liebschaften zwischen feinsten Leinenlaken ab. Er lächelte. Schließlich kam er zum privaten Bereich, trat durch einen roten Vorhang und stand vor der vertrauten Mahagonitür. Er starrte einen Moment auf den Spion, stellte sich das Auge vor, das ihn mustern würde, und klingelte selbstbewusst dreimal hintereinander. Die Vorlegekette klirrte, ein Schlüssel, der zweimal herumgedreht wurde, knirschte im Schloss – dann schwang die Tür auf.
»Komm herein!«, hauchte eine Frau mit einem warmen Lächeln. Es war die Geschäftsführerin. Sie war knapp vierzig, sah aber aus wie dreißig und managte einen der stilvollsten Edelpuffs in der ganzen Toskana. Manchmal beschäftigte ihr Etablissement auch nicht professionelle Callgirls, aufstrebende Models oder Schauspielerinnen, die auf diese Weise ihr Glück und die richtigen Bekanntschaften machen wollten.
Der Mann trat ein, worauf die Tür sofort wieder hinter ihm geschlossen wurde.
»Hast du es mitgebracht?«, fragte die Frau mit sanfter, melodischer Stimme.
Er nickte. »Natürlich.«
Sie befanden sich in einem kleinen Wohnzimmer, das trotz der überall auf den Sitzmöbeln verstreuten Intimwäsche und Zeitschriften gemütlich war. Auf einem Tischchen in der Ecke lag ein Satz Tarotkarten. Das war für die Frau nicht nur ein Zeitvertreib, sie glaubte an die Karten. Von jeher. Es duftete nach frischen Blumen, und in einer Kristallvase standen wunderschöne langstielige rote Rosen.
Der Mann zog ein kleines Plastiktütchen aus der Jackentasche. Es enthielt Heroin. Er hob es in die Höhe und schüttelte es leicht, spürte ein angenehmes Prickeln und ein plötzliches Ansteigen seines Blutdrucks. Wie schön sie war in ihremMorgenrock aus feiner rosa Seide, der ihre sinnlichen Kurven erahnen ließ und die wohlgeformten Brüste mit den aufgerichteten Brustwarzen! Ihre langen schwarzen Haare waren zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden und ließen ihr Gesicht frei, sodass die großen dunklen Augen gut zur Geltung kamen. Ihre Füße waren nackt, die Nägel leuchtend rot lackiert. Schon vom ersten Moment ihrer Bekanntschaft an hatte er sie mit der Madonna verglichen.
Sie legte eine Rolle Hundert-Euro-Scheine auf den Tisch und nahm das Tütchen.
Der Mann steckte das Geld ein, lächelte sie charmant an und sagte: »An diesem Wochenende musst du mich wieder begleiten. Wir werden einen schönen Abend miteinander verbringen, es wird dir gefallen, bestimmt.«
»So wie letzten Samstag?«
»Mach dir deswegen keine Sorgen. Niemand hat weiter darauf geachtet, noch nicht einmal er selbst.«
»Mal sehen«, sagte sie nur und bedeutete ihm mit einer Geste zu gehen. Sie war launisch, gab sich nicht schnell hin, und außerdem war am vergangenen Samstag etwas passiert, das ihr nicht behagt, sie geradezu geängstigt hatte. Sie brachte ihn zur Tür und schloss hinter ihm gleich wieder ab. Dann ging sie in ihr Schlafzimmer. Sie öffnete das Tütchen, entnahm eine kleine Menge des Pulvers, ließ den Morgenmantel zu Boden fallen und sank aufs Bett. Nachdem sie den CD-Spieler eingeschaltet hatte, ertönte die Stimme von Ornella Vanoni, und die Klänge von La voglia, la pazzia schienen sie zu entspannen.
A questo punto
stiamo tanto bene io e te
che non ha senso
tirar fuori i come ed i perché.
Cerchiamo insieme
tutto il bello della vita
in un momento
che non scappi tra le dita.
Uns beiden geht es
gerade so gut, dir und mir,
warum sollten wir
nach dem Wieso und Warum fragen?
Lass uns gemeinsam
das
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