Schwarze Schafe in Venedig
habe.«
»Du hast dir gedacht, dass ich in einen missglückten Bombenanschlag verwickelt werde?«
Seufzend begleitete sie mich zurück zum Bett, legte mir die Hände auf die Schultern und schubste mich entschieden auf die Matratze.
»Warte hier«, sagte sie.
»Bleibt mir wohl nichts anderes übrig.«
Sie marschierte zur Tür, dann schaute sie kurz über die Schulter zurück. »Ach, und bitte, deck dich zu. Ich habe schon mehr von dir gesehen, als mir lieb ist.«
Ach verdammt. Gehorsam richtete ich die Laken und gab mir alle Mühe, nicht rot zu werden, während ich geduldig darauf wartete, dass sie zurückkam. Meine Wangen brannten, als sie wieder ins Zimmer spazierte, eine schweinslederne Dokumentenmappe unter dem Arm. Sie schaute mich durchdringend an und klappte die Mappe auf.
»Was zum Geier ist das denn?«, fragte ich.
Victoria grinste bloß. »Hab ich mir doch gedacht, dass dir das gefallen wird.«
Vierzehn
Hab ich mitgebracht«, erklärte Victoria stolz und wies wie die dauergrinsende Moderatorin eines Shoppingsenders auf die einzelnen ordentlich in der Mappe verstauten Gegenstände. »In der Nähe der London Bridge gibt es einen wunderbaren kleinen Laden, der verkauft alles, was das Spionherz begehrt. Sie haben eine hübsche kleine Selbstverteidigungsserie. Der nette Herr im Laden hat mir erklärt, man nenne das ›Selbstbewaffnung‹«.
Und es war ihr offensichtlich todernst damit. Die im Koffer fein säuberlich festgezurrte Ausrüstungspalette war wirklich erstaunlich. Ein Klappmesser, ein Teleskopschlagstock, eine kurzläufige Pistole, auf deren Lauf das Wort Taser zu lesen stand, eine kleine Auswahl an Hand-, Fuß- und Daumenfesseln und vieles andere mehr. Jeder Gegenstand steckte in einer eigens angefertigten Aussparung der Mappe und war ordentlich festgeschnallt – es erinnerte ein wenig an eine exklusive Kosmetiktasche, die zur dunklen Seite der Macht übergelaufen war.
»Herrje, Vic, da hast du dir ja ein veritables eigenes Miniwaffenarsenal zugelegt. Wie um alles in der Welt hast du den ganzen Kram durch die Sicherheitskontrolle am Flughafen geschleust?«
»Nun ja.« Sie hob einen Finger. »Ich musste noch ein bisschen was drauflegen, aber der Ladeninhaber hat einen Kontaktmann vor Ort als Kurier angeheuert. Dieses Schätzchen hat mich bei meiner Ankunft am Marco Polo schon erwartet.«
» Ich habe dich am Marco Polo erwartet.«
Sie tippte sich verschwörerisch an die Nase. »Aber ich bin kurz verschwunden, um mir das Näschen zu pudern, weißt du noch?«
Ich wusste es tatsächlich noch, jetzt, wo sie mich mit der Nase darauf stieß. Und ich war in dem Moment sogar leicht verstimmt gewesen, nicht zuletzt, weil sie darauf bestanden hatte, ihren Rollkoffer mit aufs Damenklo zu nehmen – fast, als traute sie mir so wenig über den Weg, dass sie mich nicht mit ihrem Gepäck allein lassen wollte.
»Wie ich sehe, klingelt es bei dir«, meinte sie und lächelte über mein finsteres Gesicht. »Wie es der Zufall so will, hat mich eine junge Dame in einer der Toilettenkabinen angesprochen. Alles ganz diskret.«
»Heiliger Strohsack. Das muss dich ein Vermögen gekostet haben.«
»Stimmt. Aber es schien mir eine sehr solide Investition. Womit ich vollkommen Recht hatte, meinst du nicht auch?«
Meinte ich tatsächlich. Victorias gut sortiertes Kampfmitteltäschchen hätte sicher sogar bei Batman für einen gewissen Waffenneid gesorgt.
»Was ist das denn?«, fragte ich und zeigte auf ein mattschwarzes rechteckiges Stück Plastik.
»Elektroschocker.«
»Aha«, brummte ich. »Kurze Frage: Was ist der Unterschied zwischen einem Elektroschocker und einem Taser?«
Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem schiefen Lächeln. »Soll ich es dir zeigen?«
Nein, das würde wohl nicht nötig sein. »Erzähl mir lieber, was es mit dem Lippenstift auf sich hat.«
»Ah, das ist eines meiner Lieblingsspielzeuge.« Sie legte die Mappe auf mein Bett und löste das Klettband, das den Lippenstift an Ort und Stelle hielt. Dann zog sie den Deckel ab, und darunter kam etwas zum Vorschein, das wie eine Minisprühdose aussah. »Pfefferspray.«
»Raffiniert.«
»Finde ich auch. Und in dem Deckel ist eine winzig kleine Abhörwanze versteckt.« Sie tippte mit dem Fingernagel darauf, als wolle sie einem MI6-Team, das uns aus einem geheimen Unterschlupf auf der anderen Straßenseite abhörte, das Trommelfell zerfetzen. »Sie sendet drahtlos an diesen kleinen Digitalrecorder«, erklärte sie mir und wies auf ein
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