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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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Gang zum Badezimmer, dass ich auf allen vieren dorthin kriechen musste, und am Herd würde ich wohl höchstens einen dramatischen Ohnmachtsanfall hinbekommen, aber keine nahrhafte Mahlzeit. Schlimmer noch, ich war völlig hilf- und schutzlos.
    Wie es aussah, hatte Graziella tatsächlich die Wahrheit gesagt – sie würde wirklich mitbekommen, dass ich den Koffer geöffnet hatte. Verflixt, halb Venedig würde es mitbekommen. Sollte sie mit dem Grafen Borelli zu dessen Palazzo zurückgehen, würde das klaffende, schmauchende Loch in der Fassade mich höchstwahrscheinlich verraten. Doch selbst wenn sie die Verwüstung nicht mit eigenen Augen sah, wäre die Explosion sicher bald das Gesprächsthema in Venedig. Möglich, dass sie dachte, ich hätte die Explosion nicht überlebt – ich konnte ja selbst kaum fassen, dass ich noch mal davongekommen war –, aber es würde sicher nicht lange dauern, bis die Zeugen, die gesehen hatten, wie ich in den Canal Grande plumpste, mit der Presse redeten. Und obwohl ich es geschafft hatte, bis zu einer unbeleuchteten Stelle zu schwimmen und mich aus eigener Kraft ungesehen (hoffte ich zumindest) aus dem eiskalten Wasser zu hieven, konnte ich mir doch nicht vorstellen, Graziella würde das Risiko eingehen, darauf zu hoffen, dass ich ertrunken war.
    Es bestand zwar die Möglichkeit, dass die Polizei die Bombe als so eine Art Warnung interpretieren würde oder womöglich sogar als willkürlichen Terrorakt. Aber so dumm war ich nicht. Vermutlich sollte der Graf den Koffer finden und öffnen. Ich hatte großes Glück gehabt, bezweifelte aber, dass er ähnlich glimpflich davongekommen wäre. Weshalb ich davon ausging, dass die ganze Geschichte ein ziemlich verqueres Mordkomplott gewesen war, um den Mann ins Jenseits zu befördern – und ich konnte wenigstens eine ziemlich detaillierte Beschreibung der Dame liefern, die hinter diesem teuflischen Plan steckte.
    Drei Punkte beschäftigten mich ganz besonders:
    1. Graziella wusste, wo ich wohnte.
    2. Sie war in der Lage, ungehört in meine Wohnung einzusteigen.
    3. Ich war nicht in der Lage, mich zu verteidigen.
    Keine sehr beruhigende Ausgangslage.
    Hinzu kam, dass ich Victoria angelogen hatte. Ich mochte gar nicht daran denken, wie schrecklich ich sie enttäuscht haben musste. Was sie mir bedeutete, konnte ich nicht mal ansatzweise in Worte fassen, obwohl dies ein geeigneter Moment schien, es zumindest zu versuchen.
    Weshalb ich also mit einem unwilligen Ächzen die Beine aus dem Bett schwang, mir ein Laken um die Hüfte wickelte und auf die Knie fiel, um dann vollkommen würdelos auf allen vieren auf die Tür meines Zimmer zuzurobben.
    Die Tür schien sich zur Seite zu neigen und nach rechts wegzusacken. Ich legte den Kopf zur anderen Seite, was aber auch nicht half, sondern mich erst recht aus dem Gleichgewicht brachte. Mit einem dumpfen Schlag kippte ich um, fiel auf meine zerschundenen Unterarme, und mein Aufjaulen rief Victoria auf den Plan, die in mein Zimmer stürzte, um nach mir zu sehen.
    »Was in Gottes Namen tust du da?«, wollte sie wissen.
    »Ich wollte zu dir«, stammelte ich und hielt mir die schmerzenden Arme. »Und mich entschuldigen. Es tut mir leid, Vic. Alles. Ich war ein Idiot, und ich will es wiedergutmachen. Bitte, geh nicht weg.«
    Ich zog eine Schnute und versuchte mich an einem herzerweichenden Hundeblick. Wobei meine Bemühungen bei Victoria das genaue Gegenteil zu bewirken schienen.
    »Weggehen? Ich gehe nicht weg.« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Wie kommst du denn auf dieses schmale Brett?«
    Sie schien wirklich sauer auf mich zu sein. Und ich war wirklich verwirrt.
    »Aber ich habe dich doch packen gehört.«
    Worauf sie abfällig mit der Zunge schnalzte und mich unter der Achsel am Arm packte, um mich energisch hochzuhieven wie eine Lazarettschwester – einer feindlichen Armee. »Nein, Charlie, du hast mich aus packen gehört.«
    »Wie?«
    »Mal ehrlich«, sagte sie, »du hast doch nicht geglaubt, dass ich vollkommen unvorbereitet hierhergekommen bin, oder?«
    »Was?«
    »Charlie, ich war jetzt schon in zwei verschiedenen Städten mit dir, und jedes Mal hast du es geschafft, binnen kürzester Zeit in Chaos, Mord und Totschlag verwickelt zu werden. Sagen wir einfach so: Ich will zwar nicht behaupten, du hättest mich mit diesem Ausrutscher nicht tief enttäuscht, aber es überrascht mich auch nicht sonderlich. Um ehrlich zu sein, ich bin richtig stolz auf mich, dass ich mir das alles gedacht

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