Schwarze Schafe in Venedig
ein kleiner, batteriebetriebener Alarmsensor, ein ganz einfaches Modell, das einen Infrarotstrahl ins Zimmer projizierte und Alarm schlug, wenn dieser irgendwie unterbrochen wurde. Ich wollte Victorias Begeisterung nicht dämpfen, aber mir wollte einfach nicht einleuchten, wie dieses Ding uns weiterhelfen sollte.
»Hör zu, Vic, ich glaube, ich weiß, was du damit vorhast, aber sollte Graziella auch nur halb so gut sein, wie ich vermute, dann hat sie dieses Ding im Handumdrehen lahmgelegt.«
»Aber du vergisst das Überraschungsmoment. Letztes Mal, als sie hier eingebrochen ist, gab es noch keine Alarmanlage. Wieso sollte sie da plötzlich mit einem Sensor rechnen?«
Hmm, womöglich war an ihrer Theorie etwas dran, und womöglich konnte es ja auch nicht schaden, das Gerät anzuschließen. Wobei ich nicht unbedingt der Richtige für diese Aufgabe war – ich konnte kaum meinen Kopf auf den Schultern halten. Ich gähnte, dann wackelte ich mit den Schultern und zuckte zusammen, als mir ein stechender Schmerz durchs Innenohr fuhr.
»Willst du nicht aufstehen?«, erkundigte Victoria sich.
»Kann nicht«, stöhnte ich. »Es grenzt an ein Wunder, dass ich überhaupt noch bei Bewusstsein bin.«
Worauf Victoria die Minialarmanlage wieder in die Tasche steckte und dann den Reißverschluss ihrer modifizierten Aktenmappe zuzog. Liebevoll strich sie mit der Hand über den schweinsledernen Deckel, und ich hatte den Eindruck, dass die neue Mappe ihr mindestens genauso gut gefiel wie deren Inhalt. Wie sie so in Pyjama und Morgenmantel dastand, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen, sah sie aus wie ein Kind, das gerade das perfekte Geburtstagsgeschenk bekommen hatte.
»Übrigens, ich habe noch ein bisschen in deinem Manuskript gelesen«, meinte sie, während sie die Mappe fest an die Brust drückte. »Langsam wächst es mir ans Herz.«
»Wie ein Geschwür?«
»Nein, auf angenehme Weise.« Sie zog die Schultern hoch. »Allmählich erkenne ich das darin schlummernde Potential, aber ich glaube, man müsste es ein bisschen abspecken. Viel zu viel Action, zu viele Explosionen und Schießereien und Verfolgungsjagden.«
»Echt?«
Auf ihrer Stirn erschien eine steile Falte. »Was denkst du denn? Und bei den ganzen Fallstricken, die du am Ende jedes Kapitels für den armen Faulks auslegst, hast du es eindeutig übertrieben. Ein-, zweimal vielleicht, das wäre okay, aber doch nicht jedes Mal. Das ist einfach zu viel.«
Ich druckste ein wenig herum, dann stotterte ich: »Aber will man dann nicht unbedingt wissen, wie es weitergeht?«
»Ja, aber es muss doch nicht jedes Mal so ein Knalleffekt sein. Es reicht doch schon, wenn einer eine Frage aufwirft, die bisher noch nicht gestellt wurde. Oder besser noch, es klopft bloß einfach an der Tür.«
Nun werden Sie mir das jetzt sicher nicht glauben, aber just in dem Moment, als Victoria diese Worte ausgesprochen hatte, ertönte ein vernehmliches Klopf-klopf-klopf an der Wohnungstür. Sie wurde stocksteif und schaute mich an. Nicht gerade die wohlwollendeste Miene, die ich je gesehen hatte. Eher im Gegenteil, sie wirkte wie eine einzige Anklage.
»Warst du das?«, wisperte sie.
»Nein.«
Wieder war ein leichtes Hämmern zu hören, ein fröhliches Pochen, wie ein Freund wohl anklopfen würde – oder ein Einbrecher-Killer mit trügerisch guter Laune. Ich hob die Hände, um Victoria zu bedeuten, dass ich nichts damit zu tun hatte.
Sie schaute von mir in den Flur und wieder zurück. »Was machen wir denn jetzt?«, zischte sie.
»Na ja, ich weiß jedenfalls, was Faulks sagen würde. Wenn du wissen willst, was als Nächstes passiert, dann würde er dir raten, die Tür aufzumachen.«
Fünfzehn
Victoria nahm das Pfefferspray mit und versteckte es im Ärmel ihres Morgenmantels, während ich ihr mit dem Taser im Anschlag vom Bett aus hinterherschaute. Um besser zielen zu können, hatte der Taser einen eingebauten Laserbeamer. Ich kniff ein Auge zu und ließ den roten Punkt drohend über der Wand am Fußende meines Bettes kreisen, während ich mit gespitzten Ohren darauf lauschte, was an der Tür vor sich ging.
Was natürlich wesentlich einfacher gewesen wäre, hätte es nicht in meinen Ohren gesurrt, als brummten zwei Pferdebremsen darin herum. Die Störgeräusche waren zwar nicht mehr ganz so schlimm wie vorher, aber es reichte, um Victorias Stimme zu übertönen. Zum Glück konnte ich wenigstens ihren Tonfall ausmachen, und sie klang weder in Not noch bedroht. Und womöglich noch
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