Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
Vom Netzwerk:
und warf den Kopf in den Nacken, um sich den Pony aus den Augen zu schütteln. »Sonst noch was?«
    »Meine Ohren«, sagte ich zu ihm. »Es gab einen lauten Knall, als sie mich angegriffen haben. Ich nehme an, die wollten mir mit einem Böller die Orientierung nehmen.«
    » Mamma Mia!«, rief Antea entsetzt und schlug die Hände vor den Mund.
    Martin überhörte ihren Ausbruch und kramte in seinem Arztkoffer nach einem Ohrenspiegel. Er knipste das kleine Lämpchen an, steckte mir das spitze Ding in den Gehörgang und bückte sich, um geradewegs in meine dunkelsten, tiefsten Gedanken hineinzuspähen. »Hmm. Wie es aussieht, ist tatsächlich erheblicher Schaden entstanden. Ich sehe etwas Blut, und der ganze Bereich scheint gerötet. Mal schauen, wie es auf der anderen Seite aussieht.« Ich neigte den Kopf, soweit ich es wagen konnte. »Genau dasselbe«, konstatierte Martin. »Die müssen diesen Knallkörper aber in nächster Nähe gezündet haben.«
    Womit er einen Schritt zurücktrat und mich mit strenger Miene musterte, die mir zu verstehen gab, dass er mir die Geschichte nicht abkaufte.
    »Um ganz ehrlich zu sein, kann ich mich an kaum etwas erinnern.«
    »Mmm.« Damit erntete ich bloß einen finsteren Blick. »Schwindelgefühle?«
    »Ein bisschen.«
    »Na ja, Sie tun gut daran, erst mal im Bett zu bleiben und sich zu schonen. Ihr Gehör sollte sich genauso wie der Rest Ihres Körpers wieder erholen, aber ich schaue morgen noch mal nach Ihnen. Gut geschlafen?«
    »Kaum.«
    »Er war eine Weile bewusstlos«, warf Victoria ein. »Ich weiß nicht, ob man das als Schlaf bezeichnen kann.«
    »Soll er nicht lieber in l’ospedale gehen, Martin?«, fragte Antea und wrang dabei derart die Hände, dass es mich wunderte, dass sie sich dabei nicht die Finger brach.
    »Ins Krankenhaus und zur Polizei.« Er strich sich die Haare aus dem Gesicht und schaute mich dann durchdringend an. »Machen Sie das?«
    Ich schüttelte den Kopf. Vorsichtig.
    »Hab ich mir gedacht. Kann ich Ihnen nicht verdenken – bedeutet hier immer eine Menge Papierkram und Behördenärger. Ich gebe Ihnen etwas gegen die Schmerzen, damit Sie schlafen können.« Er ließ den Ohrenspiegel in die Tasche fallen und wühlte darin herum, bis er schließlich eine Einmalspritze und eine winzige Ampulle mit einer klaren viskosen Flüssigkeit herausholte. Die Ampulle reichte er Antea. »Schau mal nach dem Haltbarkeitsdatum, ja? Ich hab meine Lesebrille nicht dabei.«
    Antea hielt das winzige Glasfläschchen ins Licht der Stehlampe und linste auf das Etikett. »Das ist letztes Jahr abgelaufen, Martin.«
    »Halb so schlimm.«
    »Ähm, sicher?«, fragte ich.
    »Ganz sicher, mein Freund. Heutzutage bekomme ich keine neuen Medikamente mehr, verstehen Sie? Aber das Datum ist ohnehin bloß Mumpitz. Danach könnten die Mittel etwas von ihrer Wirkung verlieren. Wir steigern einfach die Dosis, dann gleicht sich das wieder aus.«
    Worauf er Antea die Ampulle wieder aus der Hand nahm, sie auf den Kopf stellte und das Siegel mit der Nadel durchstach. Dann zog er den Kolben heraus und spinkste kurzsichtig auf die seitliche Messskala. Als er schließlich zufrieden war, spritzte er etwas von der Flüssigkeit in die Luft, schnippte mit dem Fingernagel gegen die Spritze, tupfte eine Stelle an meinem Bizeps ab und piekste mich.
    »Halb so wild«, sagte er. Womit er vollkommen Recht hatte – wenn man es mit dem Gefühl verglich, unversehens mitten in ein Bombeninferno geraten zu sein. »Gleich werden Sie ein bisschen schläfrig. Gut möglich, dass es Ihren Ohren auch besser geht, wenn Sie ein bisschen geschlafen haben.«
    »Das wäre mir sehr recht.«
    »Armer bambino« , meinte Antea. »Es tut uns so leid, aber das ist nicht normal. Das ist nicht Venezia. «
    »Richtiggehende Verbrechenswelle«, erklärte Martin, während er die Handschuhe abstreifte und in seine Arzttasche warf. Die ließ er dann zuschnappen und strich sich den Pony aus der Stirn. »Sicher haben Sie schon von der Explosion gestern Abend im Palazzo Borelli gehört?«
    Worauf er mich mit Adleraugen musterte, und ich sah, wie seine Pupillen von links nach rechts und zurück wanderten, während er misstrauisch meine Reaktion beäugte.
    »Leider nein«, entgegnete ich und gab mir allergrößte Mühe, vollkommen unbeteiligt aus der Wäsche zu gucken. »Was ist denn passiert?«
    »Das weiß man noch nicht so genau. Aber es gibt Gerüchte über eine Bombe.«
    Antea schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Nein, Martin. Sicher

Weitere Kostenlose Bücher