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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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war es Gas. Oder Strom. Oder so was.«
    »Im Radio haben sie gesagt, kurz nach der Detonation sei ein maskierter Mann gesichtet worden, der von einem Balkon des Palazzo gefallen ist«, erklärte Martin ihr.
    »Aber das ist doch übertrieben«, sagte Antea. »Das klingt wie aus einem Ihrer Bücher, Charlie, nicht?«
    Ich wusste nicht recht, was ich darauf erwidern sollte, aber zum Glück hatte Victoria etwas dazu zu sagen. »Meine Rede«, warf sie ein. »Manchmal muss man sich schon wundern, finden Sie nicht?«
    »Mmm«, erwiderte Martin, der mir und meinem angeblichen Überfall noch immer skeptisch gegenüberzustehen schien.
    »Ich mache Ihnen eine Suppe!«, verkündete Antea und tätschelte durch die Bettdecke meine Zehen. »Ein altes Familienrezept. Dann geht es Ihnen gleich wieder besser, Sie werden sehen.«
    Martin schüttelte mit einer Miene gequälter Nachsichtigkeit den Kopf, als lausche er dem übergeschnappten Gebrabbel eines Stammesschamanen. »So, nun komm aber, Antea.« Er nahm seine Arzttasche vom Bett. »Zeit zu gehen.«
    Ja, dachte ich. Allerhöchste Zeit.
     
    Sechs Stunden später kam ich wieder zu mir. Ob es an der Dosis lag, die Martin mir verpasst hatte, dass ich so tief und fest geschlafen hatte, wusste ich nicht; ich wusste nur, ich hätte Stein und Bein geschworen, höchstens eine halbe Stunde lang die Augen zugemacht zu haben, aber Victoria klärte mich auf, dass es schon beinahe drei Uhr nachmittags war. Wobei, während ich mich so ausgiebig reckte und streckte und gähnte wie ein Nilpferd, fiel mir zumindest wieder ein, dass ich die Zeit nicht in einem Zustand vollkommener Leere verbracht hatte. Nein, wie gewöhnlich hatte mein verflixtes Unterbewusstsein mich wieder mit bemerkenswerten und ziemlich versauten Bildern von Graziella bombardiert. Vergessen Sie Austern – wenn Sie ein wirklich wirksames Aphrodisiakum suchen, sollten Sie bei sich zuhause einbrechen und sich dann in ein Mordkomplott verwickeln lassen.
    »Deine Suppe ist gekommen«, informierte Victoria mich. Sie trug eine Jeans und eine etwas längere Strickjacke. »Zusammen mit frischem Obst vom Markt. Etwas Fisch. Und Brot. Und zwei Gläsern frisch gemachter Pastasauce sowie selbst gemachten Ravioli. Antea verwöhnt dich nach Strich und Faden, weißt du das?«
    »Hab ich dir doch gesagt. Die Frau ist eine Heilige.«
    »Entweder eine Heilige oder eine süße alte Dame, deren Gutmütigkeit du schamlos ausnutzt.«
    »Ich bedanke mich bei ihr«, versicherte ich Victoria. »Ausführlich. Aber jetzt stehe ich erst mal auf. Könntest du einen Blick in meinen Kleiderschrank werfen und mir meine Jogginghose und ein T-Shirt reichen?«
    Worauf sie skeptisch erst in meinen Schrank spähte und dann mich ansah. »Brauchst du Hilfe?«
    »Wie wäre es, wenn du einfach draußen vor der Tür wartest? Wenn du mich umkippen hörst, hast du meine ausdrückliche Erlaubnis, hereinzukommen und mich aufzusammeln.«
    »Mensch, das nenne ich aber mal ein verlockendes Angebot.«
    Victoria holte, worum ich sie gebeten hatte, und ging dann nach draußen auf den Flur. Behutsam fädelte ich die Arme durch die T-Shirt-Ärmel, wobei ich mir Mühe gab, mit den Schnittwunden nicht am Stoff hängen zu bleiben, dann schlängelte ich mich in die Gummibundhose, und schließlich versuchte ich aufzustehen. Zu meiner großen Erleichterung machte der Raum keinen Satz zur Seite. Weder nach links noch nach rechts.
    »Hey«, rief ich. »Mir ist gerade was aufgefallen. Ich höre schon viel besser.«
    Es stimmte tatsächlich. Meine Ohren dröhnten zwar noch ein kleines bisschen – wie wenn das Herz sehr schnell schlägt –, aber verglichen mit vorhin war es, als hätte man mich mit zwei funkelnagelneuen Hörorganen bedacht.
    »Sag mal was«, sagte ich.
    »Was denn?«
    »Das ist perfekt«, erklärte ich. »Absolut verdammt noch mal perfekt.«
    Und dann riss ich die Tür auf und haute ihr freundschaftlich auf die Schulter. Und wenn mein Leben ein Musical wäre, dann hätte ich jetzt einen Freudenluftsprung gemacht, die Hacken zusammengeschlagen und ein mitreißendes Lied angestimmt.
    »Martin muss ein medizinisches Genie sein«, verkündete ich. »Komm, wir gehen raus. Ich meine, natürlich erst, nachdem ich gepinkelt und mich gewaschen habe – aber danach machen wir einen Spaziergang.«
    »Einen Spaziergang? Wohin um Gottes willen willst du bitte spazieren?«
    »Ach komm schon«, meinte ich zwinkernd und stieß sie mit dem Ellbogen in die Seite, »sag nicht, dass du nicht

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