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Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Titel: Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Luttmer
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mit Erdnüssen garnierte Entenblutsuppe war.
    »Nein danke. Ich suche Hai Au«, sagte er. »Sie wissen nicht zufällig, wo ich ihn finden kann?«
    »Versuchen Sie es mal beim Hahnenkampf unten am Fluss, gleich hinter dem Son-Hai-Tempel.«
    *
    Der Son-Hai-Tempel war nicht zu verfehlen. Auf seinem Glockenturm stand, breitbeinig und in wehendem Gewand, eine mannshohe Bronzeskulptur von General Tran Hung Dao, der im dreizehnten Jahrhundert im Delta des Roten Flusses die Mongolen besiegt hatte. Mit ausgestreckter Hand zeigte er über den Fluss, den Ly hinter den Bananenstauden nur erahnen konnte.
    Ly stellte seine Vespa beim Tempelwärter ab und ging die letzten Meter zu Fuß.
    Die provisorische, kreisrunde Arena bestand aus wenigen Quadratmetern hart gestampftem Lehmboden und einem Ring aus Blechen aufgebogener Ölfässer. Darum herum war die Tribüne aufgebaut: durchgescheuerte Sessel, Holzstühle, Baumstümpfe.
    Es herrschte angespannte Stille unter den Zuschauern, die durchweg Männer waren. Gebannt verfolgten sie, wie sich die Hähne umkreisten, die Hälse weit ausgestreckt. Die Vögel hüpften aufeinander zu. Sie hieben und hackten. Die Flügel verheddert, flatterten sie zusammen auf, ein Knäuel aus braunen und schwarzen Federn.
    Hai Au saß in der ersten Reihe, im Mundwinkel eine Zigarette. Seine rechte Hand spielte mit einem dickenBündel Geldscheine, jeder Einzelne das Monatsgehalt eines einfachen Arbeiters.
    Die Hähne taumelten matt. Ein Pfiff kündigte eine Kampfpause an. Die Besitzer griffen ihre Tiere, rubbelten sie mit Tüchern ab, fütterten sie mit vorgekautem Reis, besprühten sie mit Wasser, streichelten ihnen über die Federn. Mit Nadel und Faden wurden Wunden genäht.
    Ly nutzte die Pause, um sich zu Hai Au durchzudrängen.
    »Kommissar Ly, Sie hier? Setzen Sie auf den schwarzen Hahn. Er wird gewinnen.«
    »Ein abgekartetes Spiel?«, fragte Ly.
    Hai Au gab sein hustendes Lachen von sich, stand auf und legte Ly mit einer Vertrautheit die Hand auf die Schultern, die Ly sagte, dass er verdammt vorsichtig sein musste.
    »Trinken wir etwas.« Hai Au zeigte auf den kleinen Kiosk oberhalb der Arena. Sie gingen hinüber und setzten sich. Ein junger Deutscher Schäferhund bellte sie aus seinem zu engen Käfig an. Hai Au bestellte für beide Cola und bun cha , Reisnudeln mit karamellisiertem Schweinebauch und kleinen Frikadellen. Ly hatte keinen Hunger, aber er konnte auch nicht ablehnen.
    »Der russische Jeep. Sie sagten, Sie seien ihn ewig nicht gefahren«, begann Ly. »Wieso war er dann frisch gesäubert?«
    Hai Au zog die Brauen hoch, und seine Augen verengten sich. Sein Tonfall war alles andere als freundlich. »Was heißt, er war frisch gesäubert? Schieben Sie mir da nichts unter.« Hai Au drückte seine Zigarette grob auf einem dreckigen Teller aus. Die Hähne hatten wieder ihren abschätzenden Tanz aufgenommen.
    »Wieso sollte ich Ihnen glauben?«
    »Ich habe dieses Mädchen nicht ermordet.«
    »Es wäre nicht Ihr erster Mord.«
    »Ich bin nie verurteilt worden.«
    Ly verzog den Mund. »Wir wissen doch, dass das nicht Ihre Unschuld beweist.«
    »Versuchen Sie nicht, sich auf meine Kosten zu profilieren. Das ist schon anderen nicht gut bekommen.«
    »Wenn Sie etwas mit diesem Mord zu tun haben, kriege ich Sie dran, das verspreche ich Ihnen!«
    Um sie herum wurde es laut. Der braune Hahn lag im Ring, der schwarze stolzierte im Kreis um den Verlierer herum. Hände gestikulierten. Geldscheine wurden gezählt und weitergegeben, jemand kam zu Hai Au und reichte ihm ein Bündel, das er vor sich auf den Tisch legte.
    Hai Au stützte die Hände auf den Tisch und beugte sich so weit zu Ly vor, dass ihre Köpfe sich fast berührten. »Wissen Sie, ich habe gerne meine Ruhe. Und Sie, Sie gehen mir gehörig auf die Nerven«, sagte Hai Au. Mit kalten Augen fixierte er Ly, der seinem Blick standhielt. Seine Essstäbchen haute Hai Au senkrecht in den Reis. Nicht gerade ein glückbringendes Zeichen. Ly spürte, wie ihm der Schweiß in die Augen lief. Ein Glas kippte um, und die Cola tropfte auf Lys Beine. Aber es war nicht der Augenblick, um aufzustehen.
    *
    Der Bericht des Gerichtsmediziners bestätigte Dangs Theorie. Dr. Quang ging davon aus, dass der Tote ertrunken war. Es sei allerdings schwer, bei einer halbverwesten Leiche Ertrinken zweifelsfrei als Todesursache zu bestimmen.Auf jeden Fall war Wasser in seinen Blutkreislauf eingedrungen und hatte das Blut verdünnt. Das rostbraune Wasser des Roten Flusses war in

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