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Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Titel: Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Luttmer
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dich noch mal geschlagen?«
    »Er ist die letzten Nächte gar nicht nach Hause gekommen.« Jetzt sah Tam ihn direkt an, Zorn, der Ly zu gelten schien, lag in ihrem Blick.
    Ly schluckte. »Er hat kein Recht, dich so zu behandeln. Geh, bevor es zu spät ist, bevor ihr ein Kind bekommt. Dann wird alles nur noch komplizierter.«
    »Es wäre viel hilfreicher für mich, wenn ihr ihn endlich akzeptieren würdet. Ihr mochtet ihn von Anfang an nicht, besonders du.«
    *
    Das Klingeln des Telefons riss Ly aus dem Schlaf. Es war Ngoc. Ly sollte sofort ins Präsidium kommen.
    »Kannst du nicht hierherkommen?«, fragte Ly mürrisch.
    »Nein, ich hab was gefunden, also beweg du dich verdammt noch mal ins Präsidium.«
    »Du hast was für mich?«, fragte Ly mit der Betonung auf dem Du. »Weißt du, ob du es glaubst oder nicht, auchich kann mich mit Kinderprostitution nicht anfreunden«, sagte Ngoc in scharfem Tonfall.
    *
    Ngoc hatte zwei Männer in das Archiv der Sitte geschickt, einen bis unter die Decke mit Akten vollgestopften Raum, in dem vor lauter Staub und stockigen Papieren das Atmen schwerfiel. In einem Protokoll waren sie auf Sinhs Namen gestoßen. Dann hatte die Androhung, die Sache mit Tam an die große Glocke zu hängen, doch etwas genutzt, dachte Ly.
    Das Protokoll besagte, dass im November vor vier Jahren unter der Leitung von Ngocs Vorgänger eine Razzia im Golden Riverside, einem Restaurant in Phuc Tan, durchgeführt worden war. Die Polizei hatte damals einen Tipp bekommen, dass in den Séparées nicht nur Speis und Trank, sondern auch Mädchen angeboten wurden. Sehr junge Mädchen. Dennoch war die Razzia ohne Ergebnis geblieben. Ly konnte nur spekulieren warum.
    Ngocs Vorgänger, der mittlerweile verstorben war, hatte den Ruf eines bissigen Schäferhunds gehabt. Es hieß, er zerfleische jeden, der ihn nicht füttere. Darin war er perfektionistischer gewesen als irgendeiner seiner Kollegen. Wer dagegen zahlte, kam mit den miesesten Machenschaften durch. Nguyen Thi Bich Sinh war in dem Bericht als eine der Bedienungen aufgelistet, eine von auffallend vielen Bedienungen.
    Ly war einmal auf einer Hochzeit im Golden Riverside gewesen. Er erinnerte sich an einen hallenartigen Innenraum,von dem seitlich die Séparées abgingen. Für die Feier waren große, runde Tische eingedeckt gewesen, an denen jeweils gut ein Dutzend Leute Platz fanden. Den Eingang zum Golden Riverside flankierten zwei in Beton gegossene pinkfarbene Garnelen, die auf ihren Schwanzflossen standen und an die vier Meter hoch waren. Das Gebäude hatte eine fast fensterlose Fassade und seitlich Türme mit Zinnen. Ly fand, dass es aussah wie ein chinesisches Traumschloss, überdimensional und protzig. Hinter der Einfahrt gab es einen großen Parkplatz. Die Gäste fuhren in der Regel mit dem Wagen vor. Wer im Golden Riverside verkehrte, konnte sich das leisten.
    Es war einer dieser Läden, von denen man sich in der Stadtverwaltung erhoffte, dass er den Ruf des Stadtteils aufbessern würde.
    Ngoc leitete die Razzia sofort ein. Etwas überstürzt, aber sie wollten verhindern, dass der Parteikommissar ihnen in die Quere kam.
    »Das verstößt gegen die Vorschriften, ihr müsst ihm zumindest Bescheid geben«, merkte Lan an. Doch Ngoc entgegnete, die Aktion sei eine ganz routinemäßige Razzia der Sitte, für die er keine Genehmigung brauchen würde. Die Aktion habe nichts mit irgendeiner aktuellen Ermittlung zu tun. Überrascht horchte Ly auf, als Ngoc dann auch noch versicherte, dass er die Verantwortung auf seine Kappe nehme.
    *
    Kurz nach eins rückten sie an und riegelten die Gassen rund um das Golden Riverside ab. Wie verabredet, leitete Ngoc den Einsatz, und Ly hielt sich im Hintergrund. Allepaar Meter wurde ein bewaffneter Beamter in schwarzer Kampfmontur positioniert. Anwohner und Passanten drängten sich um die Absperrbänder und beobachteten neugierig das Geschehen.
    Ngoc gab seinem Einsatztrupp das Signal, den Laden zu stürmen.
    Ly folgte einem schmalen Pfad um das Gebäude herum, er wollte nicht unnötig lange in der prallen Sonne herumstehen. Plötzlich meinte er, Schritte hinter sich zu hören. Aber als er sich umdrehte, war da niemand.
    Die fensterlose Rückseite des Golden Riverside war direkt an die Chuong-Duong-Brücke, die Autobrücke über den Roten Fluss, herangebaut, genau an der Stelle, wo sich die Auffahrt bis auf wenige Meter dem Straßenniveau angenähert hatte. Den Raum, der sich dort unter der Brücke bildete, hatte man zu einem

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