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Schwarze Schilde

Schwarze Schilde

Titel: Schwarze Schilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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noch ein kleines Mädchen war, und er nur ein Edelmann von vielen, hatte sie schon den wahren Herrscher in ihm gesehen.
    Gasam schien anders. Er war ein Barbar, eine Naturgewalt, so kraftvoll wie ein Erdbeben. Er hatte sich vorgenommen, die Welt zu erobern – und konnte sich nicht vorstellen, dass sich ein Land oder ein Volk seinem Speer nicht beugen würde. Verglichen mit seiner jugendlichen Kraft kam ihr selbst ihr Vater, den sie verehrte, alt und gebrechlich vor.
    Außerdem war Gasam schön. Jetzt wusste sie, dass sie menschliche Schönheit nicht gekannt hatte, ehe sie die Shasinn erblickte. Sie waren das schönste Volk der Welt. Wer hätte ahnen können, dass sie auch das kriegerischste waren? Als Gasam sie ansah, hatte es sie heiß und kalt überlaufen. Shazad hatte sich mit Männern eingelassen, sobald sie körperlich weit genug entwickelt gewesen war. Sie waren nie mehr als ein Zeitvertreib für sie. Sie benutzte sie und verstieß sie wieder, wenn sie ihr zu langweilig wurden. Niemals hatte sie geglaubt, sich einem Manne unterwerfen zu wollen, bis sie Gasam begegnet war. Er war wunderschön – wie mochte erst seine Gemahlin aussehen?
    Eine der Hofdamen stieß einen unterdrückten Schrei aus, erhob sich und lief an das Geländer, das die Terrasse umgab.
    »Was ist?« fragte Shazad, aus ihren Gedanken gerissen.
    »Seht nur!« rief die Frau und deutete in die Ferne. »Der Leuchtturm!«
    Jetzt sprangen alle auf, Sklavinnen und Edelfrauen, und drängten sich am Geländer. »Das kann nicht sein«, meinte eine Hofdame. »Eine Spiegelung. Wahrscheinlich wird der bronzene Feuerkorb poliert.«
    »Dafür steht die Sonne zu weit im Westen«, erwiderte Shazad. Plötzlich erhob sich eine unmißverständliche Rauchsäule über dem Leuchtturm. »Bei allen Göttern!« rief die Prinzessin. »Die Segelzeit ist angebrochen!«
    »Unmöglich!« meinte eine der Frauen, eine Priesterin des Meergottes. »Die Tempelpriester haben doch noch nicht … es … es ist viel zu früh! Wie kann das geschehen?«
    »Nur mein Vater, der König, darf es anordnen«, sagte Shazad grimmig. Sie war wütend, dass er nicht mit ihr darüber gesprochen hatte.
    Eine der Frauen jammerte: »Jetzt müssen wir heimgehen und uns umziehen, dabei sind meine Frühlingsgewänder noch alle eingemottet!«
    »Und ich habe zugenommen«, erklärte eine andere, »wie immer während der Sturmzeit. Keines meiner Kleider wird mir passen. Nun müssen meine Näherinnen Tag und Nacht arbeiten! Es wird Tage dauern, ehe ich mich in der Öffentlichkeit oder bei Hofe zeigen kann!«
    Shazad fühlte sich, als würden ihr jeden Augenblick die Adern platzen und sie müsse tot umfallen. Etwas ganz Ungewöhnliches und Unvorhersehbares war geschehen, und diese Frauen dachten an nichts anderes als an Kleider. Am liebsten wäre sie in ihre Gemächer gestürmt, hätte eine Peitsche geholt und sie durchgeprügelt. Sie musste sich zusammenreißen. Hier waren Damen von hohem Rang versammelt, die ihr großen Schaden zufügen konnten. Um sich zu sammeln, konzentrierte sie sich auf die Musikanten, die ihr Spiel unterbrochen hatten. Jetzt erklangen die Instrumente erneut, aber die Melodie hatte sich geändert. Es handelte sich um ein Frühlingslied. Als Shazad fühlte, dass sie sich wieder in der Gewalt hatte, wandte sie sich an ihren kleinen Hofstaat.
    »Ja, ich finde, ihr solltet euch zurückziehen und euch um eure Gewänder kümmern. Das ist zweifellos Teil der militärischen Vorbereitungen meines Vaters. Er will die Flotte so früh wie möglich nach Norden führen, um gegen die Barbaren vorzugehen. Das Entzünden des Feuers im Leuchtturm von Perwin ist das uralte Zeichen, um die Flotte zusammenzurufen, sonst nichts. Inzwischen werden die Bootsmänner betrunkene Matrosen aus den Tavernen schleifen, und die Offiziere werden aus ihren Landgütern abberufen. In Kriegszeiten muss der König sich nicht mit den Priestern beraten, um diesen Befehl zu erteilen.«
    Ihre Rede wurde mit erleichtertem Geschnatter begrüßt, als sei die Welt der Frauen durch die Änderung der alten Sitte ins Wanken gekommen, aber Shazads Worte hatten sie beruhigt. Zum ersten Mal schoss Shazad ein verunsichernder Gedanke durch den Kopf: Da wir so matt geworden sind, verdienen wir vielleicht, von den Barbaren erobert zu werden.
    Als die Frauen gegangen waren, entließ die Prinzessin den größten Teil der Diener und schritt, in Begleitung weniger Leibsklaven, zu ihren Gemächern. Sie ließ sich ihre Reitkleidung bringen und

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