Schwarze Schmetterlinge
haben.«
»Privatleben? Du bist witzig. Worum geht es bei dem Fall eigentlich? Mord oder Drogen? Wenn Maria Nachtschichten schiebt, dann ja wohl kaum, weil jemand an Altersschwäche gestorben ist. Jetzt komm schon, Krister, spuck’s aus!«
Krister zögert. Das Verhör, das er zufällig auf Marias Aufnahmegerät gehört hatte, war zwar nicht gerade Allgemeingut, aber das hier war ja nur sein Bruder, der ihm eine freundliche Frage stellte.
»Das bleibt aber unter uns, okay?«
»Klar bleibt das unter uns«, bekräftigte Jens.
»Es ist eine Frau. Eine Blondine. Sie lag in einem Müllsack. Übel verbrannt. Sie hatte eine blaue Häkelmütze aus irgendeinem synthetischen Material an, das in der Hitze geschmolzen und ihr dann sozusagen übers Gesicht geflossen ist.«
»Verdammt, wie eklig! Wie kann man sich so was bloß angucken? Was erzählt Maria denn so, wenn sie nach Hause kommt?«
»Nicht viel.«
Als die Stimmen sich entfernt hatten und die Tür zur Herrentoilette zugeschlagen war, zog Erik Bergvall seinen Notizblock heraus und notierte sich alle Details des Gesprächs, an die er sich erinnern konnte. Von der Toilettenkabine aus hatte er sie durch den schmalen Türspalt beobachten können: Krister Wern und sein älterer Bruder Jens Wern, Vorsitzender des Gemeinderats – was für eine zuverlässige Quelle! Ohne größere Gewissensbisse ging Bergvall in den Garten hinaus und nahm über sein Handy Kontakt mit der Zeitungsredaktion auf.
Am nächsten Morgen war die Nachricht im ganzen Land verbreitet. Um halb fünf morgens wurde Kriminalinspektor Hartman vom diensthabenden Beamten geweckt. Das Fernsehen wolle für die Morgennachrichten einen Kommentar von ihm. Eine halbe Stunde später ging Maria zum Briefkasten, um die Tageszeitung zu holen. Der Nebel hing dicht zwischen den Apfelbäumen, und sie zitterte in ihrem dünnen Morgenmantel. Der Hund Molly folgte ihr zum Briefkasten und verschwand dann im Garten. In Gedanken mit den praktischen Problemen des Tages beschäftigt, schob Maria sich die Zeitung unter den Arm und beeilte sich, wieder in die Wärme zu kommen.
»Bist du schon auf?« Krister setzte sich an den Küchentisch. Maria setzte Kaffee auf, während er die Zeitung in die Hand nahm und die Schlagzeile zu sehen bekam: Frau brutal verbrannt. Geheime Quelle offenbart den Fund der Polizei. Er nahm die Zeitung mit und schloss sich auf der Toilette ein. Die Erkenntnis, was das bedeuten würde, verursachte ihm Übelkeit, und er musste sich übergeben.
»Was ist denn los, bist du krank?« Krister ließ die Minuten verstreichen. Musste einen Beschluss fassen. Die ganze Wahrheit auf einmal oder lieber nach und nach? Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann ihr Dasein zerbrechen würde. »Hast du die Zeitung von heute gesehen?«
»Ja, ich hab sie hier drin.«
»Ich fahre jetzt. Kannst du die Kinder wegbringen, oder soll ich das machen?« Sie klang gestresst. Angesichts seiner momentanen Kopfschmerzen war der Gedanke, sie alle aus dem Haus zu haben, sehr verlockend.
»Ich wäre froh, wenn du das übernehmen könntest«, sagte er, und seine Stimme klang erstaunlich normal.
»Ich brauche das Auto.«
»Ist okay.« Er wartete und hörte sie wenig später die Haustür zuschlagen. Sie würde eine Weile brauchen, um die Scheiben freizukratzen. Dann würde sie sich mit den Kindern ins Auto setzen und vielleicht das Radio anschalten, um die Nachrichten zu hören. Wenig später wäre die Hölle los. Wenn er Glück hatte, wollten die Kinder stattdessen eine CD hören. Darauf hoffte er.
Der Anruf von Maria, auf den er den ganzen Vormittag gewartet hatte, kam um Viertel nach elf.
»Wo bist du?«, fragte sie.
»Zu Hause. Mir geht’s nicht gut.«
»Das ist mir klar.« Er hörte an ihrer Stimme, dass es keine Hoffnung mehr gab. Sie wusste es. »Wir müssen reden.«
»Ja, das müssen wir wohl. Fahr vorsichtig, es ist glatt.« Er hätte noch viel mehr sagen wollen, aber sie wollte die Sache sicher von Angesicht zu Angesicht klären. Im Nahkampf war sie schwer zu schlagen.
Er fing an zu kochen. Egal wie schlimm es stand, würden sie doch etwas essen müssen. Eine letzte Liebesmahlzeit aus allem, was das Haus zu bieten hatte. Im Ofen überbackene Fischfrikadellen mit Kartoffelbrei und eine Flasche Weißwein. Da waren im Hause Wern doch schon schlechtere Mahlzeiten auf den Tisch gekommen. Als er das beste Porzellan aufdeckte, hatte er das unbestimmte Gefühl, dass sich schon alles richten würde. Die
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