Schwarze Schmetterlinge
vage Möglichkeit, dass sie es von der humorvollen Seite nehmen könnte. Das konnte sie nämlich durchaus.
Wie viele Konflikte hatten sie nicht gemeinsam durchgestanden, weil sie zusammen darüber lachen konnten? So lange man gemeinsam lachen kann, gibt es Hoffnung. Wann hatten sie zuletzt gelacht? Er konnte sich nicht erinnern. Und gerade als er zu dieser Einsicht gelangt war, hörte er die Reifen des Autos auf dem Kiesweg. Wenig später trat Maria in den Flur. Sie hatte geweint. Er versuchte, sie zu umarmen und ihr wenigstens aus dem Mantel zu helfen, aber sie weigerte sich. Das machte ihm Angst.
»Jetzt sag mir mal, was du dir dabei gedacht hast, als du mich an die Presse verkauft hast! Hast du Geld dafür bekommen? Hat es dir einen Kick gebracht? Wolltest du mir bewusst schaden?«
Die Wahrheit war schwerer auszusprechen, als er gedacht hatte. Als sie ihn mit ihren dunklen Augen ansah, mit einem Gesichtsausdruck, den er noch nie zuvor bei ihr gesehen hatte, blieben die Worte stecken und reduzierten sich zu Halbwahrheiten. Ihre Verhörtechnik hatte bei Weitem nicht die Professionalität, die sie im Beruf an den Tag legte.
Als sie endlich den Boden des Sumpfes erreicht hatten und alles Wichtige auf dem Küchentisch lag, überkam sie eine Ruhe. In ihren Worten lagen große Kraft und Entschlossenheit.
»Ich kann nicht mehr mit dir zusammenleben. Entweder ziehst du aus oder ich. Wie machen wir es mit den Kindern?«
Er wusste nicht, was sie wollte. Sollte er sich etwa um die Kinder kümmern, jetzt wo er den Job in Malmö angenommen hatte? Was für ein Leben würde er ihnen bieten können, wenn er den Job nicht annahm?
»Ich liebe dich doch, Maria. Können wir nicht alles erst mal so stehen lassen und sehen, wie es sich entwickelt?«
»Weißt du was? Ich glaube nicht, dass du mich liebst. Das sagst du doch nur, um weitere Unannehmlichkeiten zu vermeiden. Es ist lange her, dass du bereit gewesen bist, etwas für mich aufzugeben. Wenn man jemanden liebt, dann zeigt man das in Taten. Wir haben wieder und wieder versucht, neu anzufangen, aber immer hast du die Regeln vorgegeben. Das kann so nicht weitergehen. Wir tun einander nur weh. Um der Kinder willen möchte ich, dass wir weiterhin Kontakt halten und die Kinder so gut es geht gemeinsam erziehen. Aber das war’s. Ich will, dass wir uns trennen. Ich habe lange darüber nachgedacht und lange gezweifelt. Aber jetzt bin ich davon überzeugt.«
»Ja, vielleicht ist es am besten so«, hörte er sich selbst sagen.
Mit einer Höflichkeit und Fürsorge, die es schon lange nicht mehr zwischen ihnen gegeben hatte, teilten sie ihre materiellen Besitztümer auf, entschieden sich für geteiltes Sorgerecht und stellten einen Plan für den Umgang mit den Kindern auf. Maria war gut vorbereitet. Die Vorschläge, die sie machte, waren gerecht und wohldurchdacht.
»Es wird finanziell etwas knapp für dich, wenn du hier im Haus wohnen bleibst und mich auszahlst. Findest du nicht, dass wir das Haus verkaufen sollten?«, fragte er.
»Die Kinder lieben es aber. Ich möchte so wenig wie möglich in ihrer Welt verändern. Es ist wichtig, dass sie nach wie vor in dieselbe Schule und dieselbe Tagesstätte gehen können. Ich werde alles in Bewegung setzen, um es zu schaffen.«
Es war, als würde er sie von außen sehen, wie in einem Film, die perfekte Trennung, wie man sie in einer Sendung zum Thema Zusammenleben zeigen könnte. Stimmte das, was sie sagte, dass er sie nicht mehr liebte? Vielleicht waren sie ja nur aus mangelnder Entscheidungsfreude zusammengeblieben? Die Macht der Gewohnheit ist groß.
30
Fünf Tage Rom mit Felicia waren genau das, was Per Arvidsson nach den Tagen am Krankenbett und einer Beerdigung in aller Stille brauchte. Durch solche tragischen Ereignisse verschieben sich auf einmal die Prioritäten im Leben, und das, was vorher unbedingt erreicht werden musste, erhält einen untergeordneten Platz.
Felicia hatte übertrieben gute Laune, sogar noch, als sie an der Kontrolle am Gate festgehalten wurde. Der Metalldetektor tönte wie ein Nebelhorn, und sie musste zunächst Uhr und Gürtel abnehmen und dann die Taschen ihres weißen Mantels ausleeren. Der Sicherheitsbeauftragte mit dem Metalldetektor kriegte einen angespannten Zug um den Mund. Felicia lächelte ihm vorsichtig zu und grub weiter in den Manteltaschen, bis sie acht kleine Tuben Kaviar vom Frühstück im Radisson zutage befördert hatte.
Per nahm sich am Gate noch eine schwedische Zeitung. Das Wort
Weitere Kostenlose Bücher