Schwarze Schmetterlinge
Tarotkarten, die die Gerechtigkeit und den Tod symbolisieren.« Lena breitete die Zeitung auf dem Tisch aus. »Das Detail mit den Tarotkarten ist noch nicht bis zur Presse durchgesickert, obwohl es sicher nur noch eine Frage der Zeit ist, bis irgendeine Zeitschrift ein Interview mit dem Ermittlungsleiter machen will, der Verbrechen mithilfe der Geisterwelt aufklärt. Ich glaube, Stensson geht zu weit, wenn er ein Medium in diesen Fall einschaltet.«
»Da steht, Leander sei mit einem Messer niedergestochen worden. Haben die diese Informationen von uns?« Arvidsson zeigte auf die aufgeschlagene Zeitung.
»Weiß nicht. Ein Messerstich in die Brust. Dreizehn in den Rücken. In wilder Raserei zugestochen – so lautet die erste Einschätzung der Gerichtsmedizin. Die Techniker sind dabei, die Gespräche von Leanders Handy durchzugehen. Der letzte Anruf kam vom Sprecher des Ärzteverbandes. Ein Glückwunsch.«
»Leander wollte einen mit hunderttausend Kronen dotierten Preis entgegennehmen, der ihm für seine Forschungen über das fetale Alkoholsyndrom verliehen werden sollte. Dabei geht es um Schäden, die das Neugeborene erleidet, wenn die Mutter während der Schwangerschaft zu viel Alkohol getrunken hat, steht hier.« Per las im Stillen weiter und fasste dann laut zusammen: »Leander hat dieses Phänomen als einer der ersten Ärzte beschrieben. 1968 veröffentlichte er das Ergebnis seiner ersten Studie. Seither werden seine Artikel in medizinischen Zeitschriften vom Fachpublikum in aller Welt gelesen. Der jüngste Artikel handelt vom Zusammenhang zwischen der schädlichen Wirkung von Äthanol und einer verminderten Menge Zink im Blut des Fötus. Zink ist für die Produktion von Insulin und die Bildung der DNA von Bedeutung. Zu wenig Zink kann eine Wachstumshemmung bei solchen Kindern erklären. In seiner Fernsehsendung ›Leben und Gesundheit‹ hat er auf Zuschauerfragen geantwortet. In der letzten Sendung hat er über die einseitige Berichterstattung zu den positiven Effekten des Weins auf die Gesundheit geschimpft. Eine eigene Fernsehsendung sogar! So was könnte manche Fachkollegen sicher ganz schön neidisch machen. Hier sind übrigens die anderen Forscher aufgelistet, die für den Preis nominiert waren.«
»Du glaubst also, Neid könnte ein Motiv sein?«
»Einige Vermutungen gehen in diese Richtung«, sagte er. »Aber es muss nicht so sein. Hier steht auch, dass er Gutachter in Sorgerechtsverhandlungen war. Das könnte ein Motiv sein. Oder es war ganz einfach ein Verrückter. Dreizehn Messerstiche in den Rücken, einen tödlichen in die Brust – das würde durchaus dafür sprechen.«
»Es hat eine Reihe von Reaktionen auf die Glorifizierung des Professors durch die Medien gegeben«, fuhr Lena fort. »Die Ehefrau wird sicherlich noch weitere postume Ehrenbezeugungen für seinen Einsatz in der Alkoholforschung entgegennehmen dürfen. Es sind aber auch anonyme Beschwerden beim Preiskommittee eingegangen.«
»Das würde den Neid als Motiv bestätigen. Ein übergangener Kollege, dem nach Jahren verdienstvoller Arbeit die Anerkennung nicht zuteil wurde, die er verdient. Wer weiß? Die Frau von Frank Leander und seiner Tochter sind unten. Stensson wird sie verhören. Ich werde als Zeuge dabei sein.« Per warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Und zwar jetzt.«
Das Gesicht von Lovisa Leander war farblos. Mit dem grauen, welligen Haar und dem dunkelgrauen Wollkleid sah sie aus, als käme sie direkt aus der Unterwelt. Sie sprach extrem leise, und Stensson musste sie wieder und wieder bitten, das Gesagte zu wiederholen, während er die notwendigen Formalien aufnahm und das Aufnahmegerät startete.
»Wissen Sie, ob Ihr Mann irgendwelche Feinde hatte? Ob er irgendeiner Bedrohung ausgesetzt war?«
»Wer hätte Frank etwas Böses gewollt? Er war der Befürworter einer gesunden Lebensweise und ein wahrer Pionier der Wissenschaft. Die Gerichte hatten den größten Respekt vor seiner Erfahrung. Er hat sein Leben dem Bestreben gewidmet, Menschen in Schwierigkeiten und Krankheiten zu helfen. Er hat beispielsweise ein Kinderheim in Rumänien gegründet. Ich weiß nicht, wie ich diese Aufgabe jetzt weiterführen soll. Das war sein Lebenswerk. Er hat jede Gelegenheit genutzt, Geld dafür zu sammeln.« Die schmalen Hände von Lovisa machten sich ununterbrochen an der Armlehne zu schaffen. Ihre langen, silbern lackierten Fingernägel kratzten auf dem Holz. »Es muss ein Verrückter
Weitere Kostenlose Bücher