Schwarze Schmetterlinge
vorzugreifen. Sie mischte das Spiel und hob mit der linken Hand ab, reihte die Karten zu einem Fächer auf und zog eine. Als sie diese herumdrehte, fielen ihr die übrigen Karten aus der Hand. Eine einzige Karte blieb übrig. Es war das grinsende Gesicht des Todes. Als sie sich beruhigt hatte, wählte sie die Handynummer der Person, die in der Firma Fernström für die Immobilien verantwortlich war.
»Streichen Sie die Adresse in Varberga, und lassen Sie das Telefon abstellen. Sorgen Sie dafür, dass niemand mich erreichen oder meine Identität herausfinden kann.«
»Eine kluge Entscheidung. Das hat Ihr Mann schon die ganze Zeit empfohlen.«
»Ja, aber aus dem falschen Grund.«
Als Pyret am selben Abend im Bus von Varberga zurück in die Stadt saß, war es, als habe sie den Boden unter den Füßen verloren. Die Wohnung, in der sie sich mit Madame Elaine ver abredet hatte, war leer gewesen, und es sah aus, als würde schon lange niemand mehr dort wohnen. Sie hatte sich auf Zehenspitzen auf den Rasen gestellt und hineingeschaut, doch kein Möbelstück war zu sehen. Unter der Telefonnummer, die sie im Laufe des Vormittags angerufen hatte, antwortete eine Frauenstimme, dass die Nummer nicht vergeben sei. Sie hatte es mehrere Male versucht, für den Fall, dass sie sich beim ersten Mal verwählt hätte.
Was war jetzt Einbildung und was war Wirklichkeit? Hatte es Madame Elaine vielleicht nie gegeben, und sie war nur eine Projektion ihres ÜberIchs? Frank Leander würde sich nie mehr auf Kosten anderer lustig machen. Doch für seinen Tod trug Bella Svanberg die ganze Verantwortung. Stecken Sie ihm das Messer dorthin, wo es am meisten wehtut. Aber wenn Bella schuld war, warum verspürte dann Pyret so eine erstaunliche Unruhe im Körper? Lag es daran, dass Bella jetzt im Jenseits war, in der Geisterwelt? Vielleicht war ihre Kraft dort stärker als in der Wirklichkeit?
Pyret beeilte sich, nach Hause zu kommen, um in der Dunkelheit Schutz zu suchen, dort, wo kein Blick sie fand und keine Stimmen ihre eigenen Gedanken verdrängen konnten.
22
Als Per an seinen Arbeitsplatz kam, lag das Blatt Papier, das er unter die Schreibtischschublade geschoben hatte, auf dem Fußboden. Er hatte Stensson aufgesucht, um über die Sache reden zu können, doch der war mit wichtigeren Dingen beschäftigt gewesen. Man sollte das Ganze vielleicht nicht überbewerten, doch Arvidsson störte der Gedanke, dass seine Sachen nicht in Ruhe gelassen wurden. Andererseits war es nichts, worüber er lange streiten wollte. Er hatte noch eine Schicht im Außendienst abzuleisten, dann würde er seinen Platz bei den Ermittlern einnehmen. Nach dem Brand im Conventum war seine Erfahrung im Erstellen einer Zeitachse gefragt. Die wenigen Kollegen, die darin Routine hatten, waren mit dem Krankenhausbrand beschäftigt. Es wurde auch schon davon gesprochen, Verstärkung vom Landeskriminalamt einzufordern. Lena würde eine weibliche Auszubildende an die Seite gestellt bekommen, und sie schien auch nicht unzufrieden mit dieser Aufgabe.
Während er darauf wartete, dass Stensson Zeit hätte, ließ Per sich im Aufenthaltsraum nieder, wo Lena bereits mit ihrem täglichen Stapel von Abendzeitungen saß. Per schnappte sich eine. Die Hälfte der ersten Seite war mit einem Portrait von Frank Leander ausgefüllt. Das Foto zeigte einen ernsten Mann mit schwarzem Brillengestell, dünner Nase, zweigeteiltem Kinn und einem Kranz grauer Haare. »67-jähriger Professor Opfer eines Mordbrandes«, lautete die Schlagzeile. Ganz unten auf der Seite war eine Fotoserie vom Brand im Conventum zu sehen. Man konnte den mit Rauch gefüllten Korridor erkennen, den ausgebrannten Gruppenraum, wo der Tote gefunden worden war, und den Volksauflauf vor dem Haus mit den Feuerwehrautos im Vordergrund. Dann folgte eine lange Liste der Verdienste von Frank Leander, mit Ehrbezeugungen von Kollegen und Freunden gespickt. Die nächsten Angehörigen waren eine Frau und eine Tochter. Das Bild von der Frau wirkte, nach Frisur und Kleidung zu urteilen, als stamme es aus einer längst vergangenen Zeit.
»Stensson wird die Ermittlungen leiten.« Lena verzog das Gesicht und angelte nach der Zeitung, die Arvidsson auf den Tisch gelegt hatte, um sich noch einen Kaffee zu holen.
»Hast du noch was gehört?«, fragte er.
»Noch nicht. Oder doch, heute Morgen hat mir der Techniker etwas Seltsames erzählt. Leander hatte in seiner Brieftasche zwei
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