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Schwarze Sekunden: Roman (German Edition)

Schwarze Sekunden: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Sekunden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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mach ich noch. Wenn das Auto fertig ist.«
    »Was ist mit Helge?« Sie ließ nicht locker. »Siehst du den noch manchmal?«
    »Ja, ja. Das kommt vor.«
    »Und das Auto?« sagte sie. »Wird das so schön wie vorher?«
    Wenn man seine Kinder erreichen will, dann muß man über Dinge reden, die ihnen wichtig sind, dachte Ruth, und dieses Auto war ihm wichtig.
    »Das Lackieren ist das schwierigste. Willy hat so was noch nie gemacht.«
    »Ja. Das kann ich mir vorstellen.«
    »Ein Glück, daß der Wagen schwarz ist«, sagte Tomme. »Da können wir nicht viel falsch machen. Schwarz ist Schwarz.«
    »Da hast du recht.« Sie lächelte, aber weil er den Kopf nicht hob, konnte er dieses freundliche Lächeln nicht sehen.
    »Eins kann dich doch trösten«, sagte sie. »Wir lernen aus allem etwas. Jetzt wirst du jahrelang fahren, ohne irgendeinen Unfall zu bauen. So was macht vorsichtig. Papa und mir ist das auch passiert. Mir dreimal. Zweimal war ich schuld«, gab sie zu.
    Er nickte und stand auf. Das Brot lag unberührt auf seinem Teller.
    »Ich verstehe ja, wie schön es für dich ist, daß Willy dein Auto in Ordnung bringt«, sagte Ruth. »Aber es ist mir gar nicht recht, daß du soviel mit ihm zusammen bist.«
    »Das weiß ich«, sagte Tomme mürrisch.
    »Natürlich verlasse ich mich auf dich. Und er hat wohl auch lange nichts mehr angestellt. Aber wir können uns unsere Freunde doch aussuchen«, sagte sie. »Und mir wäre es lieber, du suchtest dir Bjørn aus. Oder Helge.«
    »Ja, ja«, sagte Tomme genervt und schob seinen Stuhl zurück.
    »Und wenn der Wagen fertig ist, kannst du ihn ja einfach fallen lassen? Oder nicht?«
    »Ja«, murmelte er. »Das kann ich wohl.«
    Er griff nach seiner Schultasche und stürzte auf den Flur, ein wenig zu schnell, fand Ruth. Sie ging hinterher. Da war noch das, was Marion gesagt hatte, sie wollte danach fragen, aber er schloß sie aus. Es gab nicht einen Spalt, in den sie ihren Fuß hätte schieben können. Er riß die Jacke vom Haken und warf sie sich über die Schulter. Schaute rasch auf die Uhr, als habe er es schrecklich eilig. Das hatte er aber nicht.
    Warum frage ich ihn nicht, überlegte Ruth, warum halte ich ihn nicht zurück, um ihn zu fragen? Sie erkannte ihre Feigheit und schämte sich. Ging allein in die Küche und starrte aus dem Fenster. Sie sah Tommes schmalen Rücken durch das Tor verschwinden. Es war alles so schwer. Ida, dachte sie. Arme, arme Ida. Und dann brach sie in Tränen aus.
    *

S KARRE ZOG EIN Blatt aus dem Drucker. Er wollte einen Papierflieger falten. Gleichzeitig horchte er auf den Gang hinaus. Der Abteilungsleiter unterhielt sich mit einer Reporterin von TV 2. Niemand konnte Holthemann unterstellen, sich seinen Posten mit seinem Charme erschlichen zu haben. Vor der Kamera fühlte er sich absolut unwohl, und er hatte kaum etwas zu sagen außer den Phrasen, die er immer verwendete.
    »Ja«, sagte er. »Wir betrachten das als Kriminalfall.«
    »Heißt das, Sie haben die Hoffnung aufgegeben, Ida lebendig aufzufinden?« fragte die Reporterin; sie war jung und blond und trug eine schwarze Öljacke. Es war nicht gerade eine Frage, auf die Holthemann mit Ja antworten konnte. Deshalb sagte er, was er sagen mußte.
    »Wir haben natürlich noch Hoffnung.«
    Aber er schaute ihr nicht in die Augen, als er es sagte, er interessierte sich eher für die Knöpfe an ihrer Jacke, es waren drei an der Zahl, und sie wiesen ein originelles Muster auf.
    »Das Problem bei diesem Fall«, sagte er dann, denn er wollte die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen, um sich in sein Büro zurückziehen zu können, »ist, daß viel weniger Hinweise einlaufen als in vergleichbaren Fällen.«
    Sofort stellte die Reporterin die nächste Frage. »Und haben Sie dafür eine Erklärung?« fragte sie. Holthemann dachte kurz nach, dann konnte Skarre wieder seine trockene Stimme hören. »Es bedeutet jedenfalls nicht, daß der Fall die Menschen nicht interessiert. Denn das Gegenteil ist der Fall. Nur haben sie einfach keine Beobachtungen gemacht, die uns helfen könnten.«
    Er fühlte sich vor der Kamera immer weniger wohl in seiner Haut, und die Reporterin steigerte ihr Tempo, um alle Fragen auf ihrem Block loszuwerden.
    »Gibt es überhaupt eine konkrete Spur oder eine Theorie darüber, was Ida Joner passiert sein kann?« fragte sie.
    »Wir haben natürlich unsere Theorien«, sagte Holthemann und wandte sich dabei wieder an ihre Jackenknöpfe. »Aber leider müssen wir zugeben, daß wir

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