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Schwarze Sekunden: Roman (German Edition)

Schwarze Sekunden: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Sekunden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Händen ist. Und dann die Tatsache, daß ich deine Karre gratis wiederhergestellt habe.«
    »Aber jetzt willst du bezahlt werden. Ist das so zu verstehen?« fragte Tomme sauer. So hatte das verdammt noch mal nicht laufen sollen. Er packte sein Glas wieder und trank ausgiebig. Er war wütend. Es war ein gutes Gefühl, alles ist leichter, wenn man wütend ist. Der Zorn bringt die Dinge in Schwung, läßt das Blut schneller strömen.
    »Sei doch nicht so empfindlich«, sagte Willy. »Ich rede hier nicht von Kohle.«
    »Hab ich auch keinen Moment angenommen«, sagte Tomme.
    »Ich möchte nur einen kleinen Gegendienst«, sagte Willy. »Eine Kleinigkeit. Dauert nur zwei Minuten.«
    Tomme wartete, was jetzt kommen würde.
    »Wenn wir an Land gehen«, sagte Willy, »dann tauschen wir Taschen.«
    Tomme fuhr zusammen und riß vor Schreck die Augen weit auf.
    »Nie im Leben«, sagte er und klammerte sich an seinem Bierglas fest.
    Willy lächelte sein aasiges Lächeln und beugte sich über den Tisch vor. »Laß mich ausreden«, sagte er.
    »Ich gehe in die Kabine«, sagte Tomme. »Ich will das überhaupt nicht hören. Und mit meiner komischen Geschichte kannst du auch nicht viel anfangen.«
    »Ach nein?«
    »Überleg doch mal, zum Teufel. Ich kapier das doch selber nicht. Wie soll die Polizei das dann schaffen?«
    »Vielleicht sind die nicht so blöd wie du«, schlug Willy vor.
    »Glaub ich nicht. Du willst mich erpressen«, sagte Tomme vorwurfsvoll.
    Willy blickte ihn mit gespielter Verletztheit an.
    »Sitzen wir denn nicht in einem Boot? Ich weiß etwas über dich. Du weißt etwas über mich. Da kann man doch nicht von Erpressung reden. Sondern von einem Gegendienst. Es dauert zwei Minuten. Du schaffst den Kram für mich durch den Zoll.«
    »Hältst du mich für einen Trottel?« fragte Tomme. »Du bist betrunken«, erklärte er dann. »Komm, wir hauen uns hin. Hier machen sie ja doch dicht. Und bei dieser Sache spiel ich nicht mehr mit.«
    »Hab noch Bier«, nuschelte Willy. »Dachte, ich könnte mich auf dich verlassen. Wo du dich doch auf mich verlassen kannst.«
    »Du verlangst aber ziemlich viel, finde ich«, sagte Tomme bitter.
    »Hast du auch getan«, sagte Willy. »Wenn du mal darüber nachdenkst. Wenn du wirklich darüber nachdenkst«, sagte er und sprach jedes Wort übertrieben deutlich aus.
    Tomme starrte lange aus dem Fenster und versuchte, draußen das Meer zu finden. Das gelang ihm nicht. Man konnte fast nicht glauben, daß das Meer dort war, gleich vor dem Fenster. Drinnen war es so hell und warm. Drinnen gab es Lachen und Musik. In regelmäßigen Abständen waren Lachsalven und Gläserklirren zu hören. Auch das war eine Art Meer, das wogte, warme Körper, Musik und Rhythmen, alles zusammen in seltsamer Beleuchtung, so daß es an flimmernde Wellen erinnerte. Er fühlte sich plötzlich erschöpft und elend; er hatte alles satt.
    »Nimm das Bier mit an Deck, dann gehen wir frische Luft schnappen«, sagte Willy.
    Tomme starrte ihn an. »Mitten in der Nacht?«
    »Ich will den Sturm sehen«, sagte Willy.
    Er nahm zwei oder drei Schlucke, damit das Glas nicht so voll war. Sie verließen die Bar und stiegen die Treppen hoch. Der Wind erfaßte sie, als sie die Tür zum windigen Deck öffneten.
    »O verdammt«, sagte Tomme. »Es regnet.«
    »Klasse«, schrie Willy begeistert. Er breitete die Arme aus und ließ sich den eiskalten Wind ins Gesicht wehen. Es war eine überwältigende Erfrischung.
    »The Perfect Storm!« johlte er.
    Tomme zog den Kopf ein, als der Wind angefegt kam. Er hielt sich an der Reling fest und bewegte sich vorsichtig in Richtung Heck. Willy folgte auf unsicheren Beinen.
    »Frische Luft!« lallte er. »Verdammt, das macht mich richtig nüchtern«, murmelte er in sein Glas.
    Tomme spürte, wie die feuchte, salzige Luft an seinem Gesicht klebte. Er beugte sich über die Reling. Tief unten sah er schwarze, wilde Wellen mit weißen Schaumkronen. Plötzlich konnte er Willy überhaupt nicht mehr leiden. Diese Geschichte würde ihm immer anhängen, solange er Willy kannte. Immer wieder würde sie aufs Tapet gebracht werden. Und jetzt wollte Willy sie ausnutzen. Wollte ihn mit einer mit Drogen gefüllten Tasche durch den Zoll schicken. Ihn schauderte, und er starrte hinunter auf die Wellen. Willy trat an die Reling. Kletterte auf die untere Querverstrebung und starrte in das schwarze Wasser hinunter. Er war größer als Tomme, aber klapperdürr. Seine Haare troffen.
    »Was genau hast du gekauft?« fragte

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