Schwarze Sonne Afrika
anderen aus seiner Kette. Einer der großen Hunde nach dem andern sprang gegen das Nilpferd. Das Nilpferd zerriß einen nach dem andern und verschlang ihn. Es vernichtete alle hundertundzwanzig Hunde und fraß sie auf. Dann schritt das Nilpferd weiter und graste das Reisfeld ab. Es ging nicht in den Fluß. Da sah Fara Maka, daß er dem Nilpferd nichts anhaben konnte.
Fara Maka ging nach Hause und legte sich im Schatten nieder. Nana Miriam lag neben ihm und sagte: »Sag, Vater, du kannst dem Nilpferd nichts anhaben?« Fara Maka sagte: »Ja, ich kann dem Nilpferd nichts anhaben.« Nana Miriam sagte: »Ich will ein wenig fortgehen, ich will mir Gavo ansehen.« Fara Maka sagte: »Es ist gut!« Nana Miriam machte sich auf den Weg und ging dahin, wo das Flußpferd war.
Das Nilpferd sagte: »Guten Tag, Nana Miriam.« Nana Miriam sagte: »Guten Tag.« Nana Miriam gürtete sich die Kleider fest um die Lenden. Das Nilpferd sagte: »Ich weiß, du bist gekommen,um mich zu töten. Aber kein Mensch kann mich mit Waffen töten. Ich habe Fara Makas Lanzen gefressen, ich habe die hundertundzwanzig Hunde Kara-digis gefressen. Niemand kann mich töten.« Nana Miriam sagte: »Ich bin nur eine Frau, aber wir wollen sehen, was heute geschieht. Wir wollen abwarten.« Das Nilpferd sagte: »Wir werden sehen.« Nana Miriam sagte: »Bereite dich vor, entweder tötest du heute mich, oder ich töte dich heute.«
Da zündete das Nilpferd rund um sich mächtige Feuer an, so daß kein Mensch imstande gewesen wäre hindurchzukommen. Nana Miriam aber ergriff ihre Medikamente, murmelte Zaubersprüche und streute die Pulver auf der Erde aus. Darauf verwandelte sich alles Feuer in Wasser. Nun aber schuf das Nilpferd um sich eine hohe Eisenmauer, so daß es wieder gegen alle Angriffe der Menschen geschützt war. Nana Miriam verwandelte sich aber in einen Schmied, ergriff Blasebalg, Hammer und Amboß und zerhämmerte sehr bald den ganzen Eisenkreis. Nun überkam das Nilpferd große Angst. Es wollte zum Wasser laufen; es verwandelte sich in einen Wasserarm, der zur Hauptstraße hin entrann; Nana Miriam warf aber wiederum Pulver in das Wasser, so daß der Wasserlauf austrocknete. Nun mußte das Nilpferd zu Fuß laufen. Nana Miriam lief hinter ihm her. Als es nahe dem Niger war, ließ Nana Miriam eine mächtige Mauer entstehen, die lief am Nigerufer entlang und war so angelegt, daß das Nilpferd nicht zum Strom durchbrechen konnte. Nun rannte das geängstigte Tier an der Mauer hin und in der Richtung auf Fara Maka zu. Nana Miriam sah es kommen, daß ihr Vater es nun abfinge. So sprang sie schnell hinzu und ergriff das mächtige Tier am Hinterfuß. Sie schwang es in die Luft und schleuderte es fort. Das Tier flog so weit, daß man zehn Jahre lang täglich seinen Tagesmarsch machen müßte, um die Entfernung zurückzulegen, die das von Nana Miriam geschleuderte Tier bei diesem Schwung im Nu durchflog.
Fara Maka sah das. Er sagte: »Was habe ich für eine herrliche Tochter! Nana Miriam, ich danke dir.« Dann rief Fara Maka alle Kie (Sänger). Er ersann ein schönes Lied und lehrte das die Kie singen und spielen. Alle Leute im Lande, alle Sänger, alle Fischer und Bauern, alle Soroko sangen das Lied von Nana Miriam.
Darauf sandte Nana Miriam in alle Dörfer der Soroko und ließ allen, allen Soroko sagen: »Laßt alle Waffen und alles Jagdgerät daheim liegen. Achtet aber wohl auf alles, was im großen Strom vorgeht, und bringt alle gute Beute schnell beiseite, damit sie nicht verlorengehe! Denn ihr sollt Fleisch in Fülle und solchen Mengen erhalten, daß ihr nicht wissen sollt, wie ihr das aufessen könnt.« Darauf ließ Nana Miriam sich von ihrem Vater Fara Maka ein Ei geben. Sie zerbrach es und schleuderte es gleichzeitig unter Zaubersprüchen in den Niger. Auf einmal war der ganze Niger von Gavo bis Sandanding derart mit getöteten Nilpferden angefüllt, daß die Soroko nicht wußten, wie sie das Fleisch in aller Eile beiseite bringen und aufbewahren könnten. Überall, wo ein Dorf der Soroko stand, gab es tote Nilpferde in Menge.
Es waren nun alle Nilpferde getötet bis auf eins; das befand sich weit im Inland und war ein trächtiges Weibchen. Nana Miriam wußte das recht gut. Nana Miriam ging zu ihrem Vater und sagte: »Gib mir noch ein Ei.« Fara Maka fragte: »Was willst du mit dem Ei?« Nana Miriam sagte: »Es ist noch ein Nilpferd übriggeblieben. Das will ich auch töten, dann sind alle vernichtet.« Fara Maka sagte: »Verzeih mir, Nana Miriam,
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