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Schwarze Sonne

Schwarze Sonne

Titel: Schwarze Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Sonnleitner
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gegenüber der vorsintflutlichen Theke sahen so aus, als wären sie eben erst den rauen Fluten entstiegen. Weiße Bärte umrankten verwitterte Holzgesichter, aus denen knorrige Pfeifen ragten.
    »Guten Tag.« Peter grinste fröhlich in die Runde.
    In den Gesichtern regte sich nichts.
    »Sehr schön haben Sie es hier.« Bob lächelte bemüht und deutete in den Raum. »Sehr gemütlich.«
    Einer der Männer folgte seiner Geste mit den Augen. Was meint der Junge?, schienen sie zu sagen.
    Von wegen Frikadelle, dachte Justus.
    »Was kann ich für euch tun?« Hinter der Schankanlage tauchte der Wirt auf, den die Jungen bisher nicht bemerkt hatten. Er war auffallend klein, dafür mindestens so breit wie hoch. Doch er schien gesprächiger und freundlicher als seine Gäste zu sein. »Wollt ihr was trinken?« Seine große, rote Nase leuchtete ihnen erwartungsvoll entgegen.
    Justus nickte. »Ja … das wäre prima. Dreimal Limonade bitte.«
    »Kommt sofort.« Der Wirt holte drei Gläser aus einem Regal und machte sich an einem der Zapfhähne zu schaffen. Langsam gingen die drei Jungen zur Theke und ließen sich auf den hohen Hockern nieder.
    »Seid ihr auf der Durchreise?« Der Wirt sah sie neugierig an. »Rauf nach San Francisco?«
    Justus zögerte eine Sekunde. »Eigentlich nicht.« Er nahm das Glas, das ihm der Wirt hingestellt hatte, und trank einen Schluck.
    »Nicht?« Der Mann wirkte erstaunt. »Dann … wollt ihr hier Urlaub machen?«
    Bob schüttelte den Kopf. »Auch nicht. Wir sind ehrlich gesagt aus einem bestimmten Grund hier, und wir hatten gehofft, dass uns vielleicht jemand von Ihnen weiterhelfen könnte.« Der dritte Detektiv drehte sich ein wenig zu den Männern hinter ihnen um. Aber noch immer zeigte sich keine Reaktion in den Holzgesichtern.
    »Ah ja?« Der Wirt trocknete sich die Hände an seiner Schürze ab und lehnte sich gegen die Theke. »Aus einem bestimmten Grund? Interessant! Und … wie könnten wir euch helfen?«
    »Wir schreiben eine Arbeit über berühmte Künstler aus Kalifornien, Maler insbesondere«, sagte Peter. Auf diese Version hatten sich die drei geeinigt, als sie ins Dorf gefahren waren. »Und bei unseren Nachforschungen sind wir darauf gestoßen, dass einer dieser Künstler lange Zeit hier in Santa Ysabel gelebt und gearbeitet hat.«
    Justus konnte sich irren. Aber für den Bruchteil einer Sekunde hatte er den Eindruck gehabt, als würde ein misstrauischer Schatten über das Gesicht des Wirtes huschen.
    »Ein berühmter Künstler? Hier in Santa Ysabel?« Tatsächlich schwang ein eigenartiger Unterton in der Stimme des Wirtes mit. Die Frage wirkte aufgesetzt.
    »Ja.« Justus stellte das Glas ab und sah dem Wirt in die Augen. »Seamur Mendelstein. Sagt Ihnen der Name etwas?«
    Ein kurzer Blick flog hinüber zum Tisch. Dann erwiderte der Wirt: »Ah, der alte Mendelstein.« Er gab sich betont gleichgültig und fing an, seine Theke zu wienern. »Ist schon lange tot.«
    »Ja, das wissen wir«, sagte Peter. »Aber wir hatten gehofft, dass es vielleicht noch jemanden gibt, der uns etwas über ihn erzählen kann. Alte Freunde, Bekannte, vielleicht ein Kindermädchen oder eine Haushälterin, die in jungen Jahren mal bei ihm gearbeitet hat.«
    Hinter ihnen ertönte ein merkwürdiges Geräusch und die drei wandten sich um. Einer der Männer schnaubte in seine Pfeife und schüttelte den Kopf. »Ja, Seamur hatte noch Freunde.« Der Weißbart lachte missfällig. »Seamur schon.«
    Die anderen Fischer nickten wortlos. Offenbar wussten sie genau, wovon ihr Kollege gesprochen hatte.
    Aber Justus wusste es nicht. »Entschuldigen Sie, aber was meinen Sie damit?«, fragte er und sah die Männer gespannt an.
    Der Alte, der gesprochen hatte, antwortete nicht sofort, sondern klopfte erst einmal umständlich seine Pfeife aus. Dann sagte er: »Damit meine ich, dass ihr euch keinen Gefallen tut, wenn ihr hierbleibt.«
    Bob runzelte die Stirn. »Was … ich verstehe nicht.«
    Es hatte keinesfalls feindselig geklungen, was der Mann gesagt hatte, eher besorgt. Aber gerade deshalb wusste der dritte Detektiv nicht, wie er den Satz zu deuten hatte.
    »Hört zu.« Der Alte nahm die Pfeife aus dem Mund und blickte die Jungen der Reihe nach an. »Der Einzige, der in Santa Ysabel heute noch am Leben ist und Seamur kannte, ist Elroy. Elroy Follister. Und es gibt wirklich niemanden, den ich guten Gewissens zu Elroy schicken würde. Niemanden.«
    »Wohl wahr«, murmelte einer der anderen Fischer, »genau«, sein Nachbar, »hm«,

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