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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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mehr auf. »Es ist etwas, was niemand sonst erfahren darf. Ich sollte es auch dir nicht sagen, aber ich bin am Ende mit meiner Weisheit«, sagte er.
    Â»Ja, das sehe ich«, meinte Henry. »Warte, bis das Frühstück aufgetragen ist, damit wir ungestört sind.«
    Oliver gehorchte und brachte währenddessen seine Gedanke in eine gewisse Ordnung.
    Als das Frühstück gebracht worden war und sie wieder allein waren, begann er zu reden. Er erzählte die Geschichte sehr einfach und so weit ohne Gefühle, wie er es fertig brachte, was der Geschichte nicht die Tragik nahm, sondern sie umso eindringlicher machte.

    Henry sagte überhaupt nichts, bis Oliver zu Ende gesprochen hatte und auf einen Kommentar wartete.
    Â»Ganz ähnlich wie Hester«, sagte Henry schließlich. »Ich bin mir sicher, Margaret Ballinger ist eine gute Frau, so viel ist klar, und vielleicht hätte Hester dich auch nicht glücklich gemacht, ebenso wenig wie du sie. Aber ich habe noch nie jemanden kennen gelernt, den ich so sehr mag.«
    Â»Was kann ich tun?«, fragte Oliver.
    Â»Verteidige den Dieb mit allem, was dir zur Verfügung steht«, meinte Henry. »Solange du verhinderst, dass irgendjemand wilde Spekulationen anstellt, du könntest irgendeine Krankheit verschweigen, geschweige denn diese. Du könntest eine Panik hervorrufen, die womöglich in einem Inferno endet. Das würden weder Hester noch Margaret überleben, und es würde nicht einmal unbedingt der Pest Einhalt gebieten. Was auch immer du tust, Oliver, du darfst keinen Verdacht erregen. Es wäre wirklich schrecklich, wenn der Dieb für ein Verbrechen hängen müsste, das er nicht begangen hat, aber dieses eine Mal ist Ungerechtigkeit nicht das größte Übel.«
    Â»Ich weiß«, stimmte Oliver ihm leise zu. »Ich weiß!«
    Â»Und der arme Monk tut, was er kann, um die Mitglieder der Mannschaft zu finden, die abgemustert wurden?«
    Â»Ja. Als ich das letzte Mal mit ihm sprach, hatte er noch nicht die geringste Spur.«
    Â»Sie könnten bereits tot sein«, erklärte Henry. »Es ist sogar möglich, dass sie auf See gestorben sind und man keine Spur von ihnen findet, weil es keine gibt.«
    Â»Daran habe ich noch gar nicht gedacht«, räumte Oliver ein.
    Â»Gibt es einen Grund, diesem Mann, diesem Louvain, Glauben zu schenken?«
    Â»Nicht einen einzigen!«
    Â»Dann solltest du eher an seine Interessen appellieren statt an seine Ehre.«
    Â»Jetzt, da Margaret kein Geld mehr für Lebensmittel, Kohle und Medikamente sammeln kann, liegt es an mir.«

    Â»Leichtgläubigkeit?«
    Oliver war verdutzt. »Das ist es nicht, eher die Angst vor Sittenlosigkeit und Krankheit in unserer Mitte. Wir wollen nicht daran erinnert werden, dass es so etwas auch hier bei uns gibt. Wir fühlen uns schuldig, dass es geschieht und dass wir vollkommen gesund und munter sind. Was in Afrika passiert, ist zu weit weg, um unsere Schuld zu sein.«
    Â»Unsere persönliche«, stimmte Henry ihm trocken zu. »Es ist zu weit weg, als dass wir uns dafür verantwortlich fühlen, und es ist auch zu weit weg, als dass sie uns Rechenschaft ablegen müssten.«
    Oliver war zu müde, um zu begreifen, was er meinte. Er fror und war bis auf die Knochen erschöpft. »Was meinst du damit?«
    Â»Dass wir spenden und damit das Gefühl haben, wir hätten unsere Pflicht getan«, antwortete Henry. »Es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir die gute Sache, für die es angeblich aufgewendet wird, je zu Gesicht bekommen, folglich können wir uns rechtschaffen fühlen und den Rest ignorieren.«
    Â»Also, natürlich ist es …« Oliver unterbrach sich.
    Henry griff nach der Teekanne und schenkte seine Tasse wieder voll. »Ich helfe dir. Für mich ist es nicht schwer, Spendengelder aufzutreiben. Du kümmerst dich darum, den Dieb vor dem Galgen zu retten. Ich bringe dir morgen Geld. Im Augenblick habe ich etwa sieben Pfund im Haus. Nimm das fürs Erste. Ich besorge mehr, auf welchem Weg auch immer.«
    Â»Auf welchem Weg?«, fragte Oliver heftig.
    Er warf einen Blick durch den Raum auf die verschiedenen Zinn- und Silbergefäße und ein paar Holzschnitzereien. »Kannst du mir einen besseren Verwendungszweck nennen?«, fragte Henry.
    Â»Nein. Nein, natürlich nicht.« Oliver erhob sich steif. »Ich muss zurück in die Stadt. Danke.«
    Â 
    An

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