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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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erquickend, und der Geruch nach feuchter Erde und Blumen erfüllte die Luft.
    Margaret blieb stehen, sobald sie einige Meter von der nächsten Person weg waren, die ihr Gespräch mit anhören könnte. Ihr Gesicht war äußerst ernst und sah in dem fleckigen Licht beinahe farblos aus.
    Er erschrak. Das hier lief nicht im Entferntesten so, wie er es sich vorgestellt hatte. »Was ist los?« Seine Stimme klang nervös und rau.
    Â»Ich mache mir wirklich große Sorgen um Hester«, antwortete sie. »Ich weiß nicht einmal, ob es ihr gut geht oder nicht«, bekannte sie. »Ich gehe davon aus, dass der Rattenfänger mir Bescheid gesagt hätte, wenn sie nicht mehr am Leben wäre, aber nicht einmal das weiß ich mit Sicherheit. Aber ich weiß, dass es noch nicht vorbei ist, denn sonst wäre sie nach Hause gekommen.« Sie schaute ihn unverwandt an. »Sie ist immer noch dort und hat nur unerfahrene Frauen, Squeaky und den Rattenfänger zur Hilfe. Es ist niemand da, der sich um sie kümmert, sollte es notwendig werden, oder der ihr zur Seite steht, damit sie es nicht alleine durchstehen muss. Ich gehe morgen früh sehr früh, vor Einbruch der Dämmerung. Bitte, versuchen Sie nicht, mit mir zu streiten. Es ist richtig, und es gibt keine Alternative.«
    Das war schrecklich! Unerträglich! »Das können Sie nicht!« Er griff nach ihrer Hand und hielt sie fest. Sie wehrte sich nicht, antwortete aber auch nicht. »Margaret, niemand darf ...
rein oder raus!«, sagte er flehentlich. »Ich verstehe ja, dass Sie helfen wollen, aber ...« Er war entsetzt, als hätte sich plötzlich zu seinen Füßen eine Grube aufgetan, und er und alle, die er liebte, stünden schwankend am Rand.
    Sie entzog ihm mit einem Ruck ihre Hand. »Doch, ich kann. Ich schreibe dem Rattenfänger eine Nachricht und gebe sie den Männern mit den Hunden. Hester lässt mich vielleicht nicht rein, Sutton schon, um ihretwillen.« Sie war jetzt so weiß, dass er fürchtete, sie werde in Ohnmacht fallen. Sie hatte genauso große Angst wie er, war sich des Schreckens der Krankheit ebenso bewusst und wusste auch, dass sie sich anstecken und einen elenden Tod sterben konnte. Und doch wollte sie gehen.
    Er musste sie daran hindern. Die Ironie der Situation war niederschmetternd. »Ich wollte Sie auch bitten, mich in den Wintergarten zu begleiten, um in Ruhe mit Ihnen reden zu können, aber aus einem ganz anderen Grund.«
    Â»Was?« Sie war überrascht, als glaubte sie, sich verhört zu haben.
    Â»Ich wollte Sie bitten, meine Frau zu werden. Ich liebe Sie, Margaret, mehr, als ich je einen Menschen geliebt habe, mehr, als ich je zu lieben glaubte. Mein Herz so an einen Menschen zu hängen macht mir große Angst, aber ich habe das Gefühl, in dieser Sache keine Wahl zu haben.« Wie geschraubt er klang, als spräche er zu einem Richter, um sich anschließend in einem leidenschaftlicheren Appell an die Geschworenen zu wenden.
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen, was ihn überraschte.
    Â»Bitte«, sagte er sanft. »Ich liebe Sie viel zu sehr, um die Hoffnung aufzugeben und Sie nicht immer wieder zu bitten. Für mich wird es nie eine andere Frau geben, und es gibt keinen Weg zurück.«
    Â»Ich liebe Sie auch, Oliver«, sagte Margaret, und es war kaum mehr als ein Flüstern. »Aber es ist jetzt nicht die Zeit, an uns selbst zu denken. Und wir wissen nicht, ob es danach noch eine Zukunft geben wird.« In ihrer Stimme lag ein Vorwurf, unendlich freundlich, und doch nicht zu überhören.

    Da verließ ihn der Mut. Sie hatte bemerkt, welches Entsetzen er vor der Krankheit hatte, und wenn sie es womöglich auch verstand, so konnte sie doch ihre Angst überwinden, und Gleiches erwartete sie auch von ihm. Hatte er sie bereits verloren  – nicht an die Pest, sondern an die Verachtung oder an Mitleid, die freundlichere und verheerende Schwester der Verachtung? Und doch konnte er nichts dagegen tun, dass sich ihm der Magen umdrehte und das Gefühl aufkam, dass sich all das, was stark in ihm war und was er unter Kontrolle hatte, plötzlich verflüchtigte.
    Er schloss die Augen. »Genau deshalb, weil es vielleicht hiernach keine Zukunft mehr geben wird, musste ich Ihnen sagen, wie ich empfinde.« Er hörte seine Stimme dumpf und bebend, statt leidenschaftlich. »Morgen oder nächste Woche ist es vielleicht

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