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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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abzuringen. Er arbeitete schon viele Jahre in der Stadt, Hehler erkannte er instinktiv, allerdings weniger an ihrer Erscheinung als aufgrund ihres Verhaltens. Manche waren herzlich, andere verstohlen, einige sprachen ziemlich viel, andere waren kurz angebunden. Einige boten großartige Preise und hielten Lobreden auf ihre Großzügigkeit und dass diese sie ruinieren würde, andere feilschten um jeden Halfpenny. Aber alle hatten eine gewisse Wachsamkeit an sich, sie bekamen jede Geste und jedes Wort um sie herum mit, und sie konnten den Geldwert jedes Stückes in Sekunden schätzen.
    Zu erkennen waren sie auch an dem Trotz, der vorsichtigen Distanziertheit, mit der andere Leute sich ihnen näherten, nicht als Freunde, sondern stets ein Geschäft im Hinterkopf.
    Er wurde Zeuge mehrerer Transaktionen, bei einigen wanderte diskret etwas von einer Tasche in die andere, ein Stück echter Schmuck oder irgendein Modeschmuck wurde hervorgeholt, einiges wurde auch nur mündlich verhandelt. Falls es in irgendeinem der Gespräche um Louvains Elfenbein gegangen war, hatte Monk es nicht mitbekommen. Das hielt er aber für unwahrscheinlich, denn nur ein Dummkopf würde etwas kaufen, was er nicht gesehen hat, und Dummköpfe überleben in so einem Gewerbe nicht lange.
    Er war an der Bar angekommen und bestellte sich ein Ale. Neben einem Mann, über dessen Wange sich eine lange Narbe zog und dessen linker Ärmel leer herabhing, fand er einen Platz, um sich hinzusetzen und zu trinken.
    Monk ergriff die Gelegenheit, ein Gespräch anzuknüpfen. Innerhalb einer halben Stunde hatte er sein eigenes und das
Glas des Mannes wieder füllen lassen und dabei noch Schweinefleischpastete bestellt. Diese Ausgaben würde er Louvain auf die Rechnung setzen.
    Â»Sicher gibt es noch welche«, sagte der Matrose, und nahm seinen Bericht da wieder auf, wo er sich unterbrochen hatte, als Monk aufgestanden war. »Aber nicht wie in den alten Tagen. Das waren noch Piraten.« Seine tränenden Augen strahlten bei der Erinnerung. »Mein Großvater war einer der ersten Wasserpolizisten. Siebzehnhundertachtundneunzig war das. Damals gab es Verbrechen auf dem Fluss, Sie würden es nicht glauben!« Er nickte. »Jetzt nicht mehr, jetzt ist alles zahm und anständig. Damals war die Hälfte der Männer auf den Docks Diebe.« Er hielt den Finger in die Luft. »Zwei Männer waren es, John Harriott und Patrick Colquhoun, die die Polizeistation gegründet haben. Haben achtundneunzig von hundert Diebstählen aufgeklärt, jawohl, in nur einem Jahr!« Er blickte Monk herausfordernd an. »Stellen Sie sich das vor! Zerreißt Ihnen das nicht das Herz? Das waren noch Männer.« Er sagte es mit einem grimmigen, glücklichen Gefühl des Stolzes.
    Â»Waren Sie bei der Wasserpolizei?«, fragte Monk voller Interesse.
    Der Mann lachte so laut, dass er fast sein Bier umstieß. »Nein! Nein, ich war keiner von denen, Gott bewahre. Ich bin den größten Teil meines Lebens zur See gefahren, bis ich den Arm verlor. Aber das waren Flusspiraten! Wir kamen aus Indien.« Er beugte sich vertraulich vor und sprach, als die Erinnerungen ihn überkamen, leiser und drängender. Ȇber Java. Das Chinesische Meer ist schrecklich bei schlechtem Wetter, und überall Piraten.« Er trank einen kräftigen Schluck Ale und fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. »Vertrauten niemandem. Haben Tag und Nacht eine Wache auf Deck gehabt und dafür gesorgt, dass immer eine Kanone geladen und das Pulver trocken war. Aber wir schafften es den ganzen Weg durch den Indischen Ozean nach Hause.« Er zog mit dem Finger einen Kreis. »Um das Kap der Guten Hoffnung herum,
den Atlantik hinauf an der Skelettküste von Afrika entlang, über Vizcaya, können Sie mir folgen?«
    Â»Ja, natürlich.«
    Â»Und nach Hause nach Spithead«, sagte er triumphierend. »Ein Fünfmaster war das, mit einem guten Satz Kanonen. Wir passierten Gravesend und kreuzten an Fiddler’s Reach und den Marschen links und rechts vorbei, so sicher wie Häuser. Am Gallion’s Reach vorbei rauf nach Woolwich.« Er schniefte schwermütig. »Konnte die Heimat riechen, als wir so nah waren. Sind für die Nacht vor Bugsby’s March vor Anker gegangen, um die Isle of Dogs und den Pool am nächsten Tag zu machen. Ich will verflucht sein, wenn nicht während der Mittelwache ein

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