Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
aus Ruths Zimmer – natürlich! Sie war viel zu krank, um das Bett zu verlassen. Hester trat näher und drückte die Tür weit auf. Hilfsbereitschaft hin oder her, hierfür würde sie Flo in Stücke reißen!
    Die Szene, die sich ihr zeigte, war außerordentlich. Ruth saß, auf mehrere Kissen gestützt, im Bett, eine leere Tasse in der Hand. Ihr Haar stand nach allen Seiten ab, ihr Gesicht war bis auf die hektischen roten Flecken auf den Wangen blass, und ihr Gesichtsausdruck verriet ungeschmälerte Wut.
    Ein paar Schritte vor ihr stand Flo, die Lippen zu einem Strich zusammengepresst. Ihr Haar hing halb herab, als hätte jemand daran gezogen, und ihr Kleid war vorne vollkommen nass.
    Â»Aufhören!«, befahl Hester in einem Tonfall, den sie in ihrer Zeit auf den Schlachtfeldern auf der Krim in der Armee gehört hatte.
    Die beiden Frauen starrten sie an. Ruth holte Luft und sprach als Erste. »Sie werden dafür bezahlt, sich um mich zu kümmern«, sagte sie krächzend. »Schaffen Sie diese Hure hier raus!«
    Â»Wen nennen Sie hier ’ne Hure? Sie sind doch selbst nichts anderes als ’ne raffinierte Nutte, trotz Ihrem ganzen Getue!«, erwiderte Flo. »Glauben Sie etwa, nur weil Sie mit so ’nem feinen Pinkel schlafen, wär’n Sie was Besseres? Das sind Sie nicht. Sie sind ’ne Hure, genau wie wir andern auch. Sie sollten Ihre Zunge hüten und freundlich mit Mrs. Monk reden. Ohne sie würden Sie in der Gosse verrecken, wo Sie hingehören, sonst hol ich ’nen Eimer voll Spülwasser und kipp Ihnen den über, Sie gemeines Flittchen.«
    Â»Ich bin mir sicher, dass Sie jede Menge Spülwasser übrig haben«, sagte Ruth eisig. »Sie riechen, als würden Sie darin baden.«

    Â»Ruhe!«, erhob Hester die Stimme.
    Aber es hatte keine Wirkung. Flo verlor die Beherrschung, warf sich auf Ruth und hob die Hand, um ihr eine zu verpassen.
    Hester griff danach, bekam sie beinahe selbst ins Gesicht und wurde nach vorne gezogen. Sie verlor die Balance und stürzte zu Boden. Flo und Ruth beschimpften sich immer noch, aber Ruth hatte keine Kraft zurückzuschlagen.
    In dem Augenblick stürmte Bessie herein, sah die Szene und eilte durchs Zimmer, um sich Flo zu schnappen, sie herumzuwirbeln und auf den Boden zu drücken.
    Â»Was, zum Teufel, machst du hier, du verrücktes Miststück?«, schrie sie Flo an. Dann fuhr sie, an Ruth gewandt, fort: »Und was Sie angeht, Sie picklige Schlampe, Sie hüten Ihre Zunge, sonst schaff ich Sie in die Gosse, Geld hin oder her! Kein Wunder, dass Ihr Liebhaber Sie rausgeworfen hat, Sie ignorantes Miststück! Sie haben ein Maul wie ein Misthaufen! Noch ein Befehl aus Ihrem Mund, und ich werfe Sie eigenhändig raus. Halten Sie einfach die Klappe, verstanden?«
    Es herrschte absolutes Schweigen.
    Langsam stand Hester auf. »Vielen Dank, Bessie«, sagte sie ernst. Sie starrte die Frau im Bett an. Ruth hatte rote Wangen und war schwach, aber ihre Augen sprühten Gift. »Miss Clark, legen Sie sich wieder schlafen. Bessie wird bald nach Ihnen schauen. Flo! Sie kommen mit mir!« Sie fasste sie am Arm und zog sie halb hinter sich her nach draußen und die Treppe hinunter in die Küche, bevor sie etwas sagte. »Den Kessel!«, befahl sie. »Machen Sie Tee.«
    Â»Bin gar nicht überrascht, dass er sie rausgeworfen hat, der Scheißkerl«, erwiderte Flo, aber sie tat, wie ihr geheißen. »Hat Ihnen nicht viel Schlaf nicht gegönnt! Undankbares Flittchen!« Sie nahm den Kessel vom Herd. »Bildet sich ein, nur weil ’n Mann sie aufnimmt und sie nicht zwanzig dienen muss, sie wär was Besonderes! Spricht, als wär sie mal ’ne Dame gewesen – dabei ist sie ’ne ganz gewöhnliche Nutte wie wir alle.«

    Â»Vielleicht«, stimmte Hester ihr zu, die zu müde war, um sich im Augenblick darum zu kümmern. Es waren fünfunddreißig Minuten vergangen, seit sie sich ins Bett gelegt hatte. Sie fühlte sich, als könnte sie auf dem Küchentisch einschlafen – oder auch auf dem Fußboden.
    Â»Und Sie haben Ratten«, rief Flo und füllte Wasser aus dem Kübel in den Kessel. »Sie müssen den Rattenfänger rufen. Kennen Sie einen?«
    Â»Natürlich«, sagte Hester müde. »Ich schicke morgen früh eine Nachricht zu Sutton.«
    Â»Das übernehm ich«, bot Flo an. »Sie wollen bestimmt

Weitere Kostenlose Bücher