Schwarze Themse
es nicht glauben. War sie mit Clement Louvain verwandt? Sicher. Es war kein sehr geläufiger Name. Kannte sie möglicherweise Ruth Clark? Wenn ja, konnte es zu einer peinlichen Situation kommen, besonders falls Ruth in Wahrheit Louvains Geliebte war und nicht die eines fiktiven Freundes.
Sie lächelte zurück, zuerst in Margarets Richtung, dann in
die von Mercy Louvain. »Vielen Dank, das ist auÃerordentlich freundlich von Ihnen. Nachts kann es anstrengend sein. Wir wissen Ihre Hilfe wirklich sehr zu schätzen.« Mercy hatte sich nicht im Raum umgesehen wie Mrs. Burroughs. Sie wirkte fast, als interessierte es sie nicht.
Hester drückte ihre Dankbarkeit gegenüber Margaret nicht in Worten aus, um die beiden neuen freiwilligen Helferinnen nicht mit der Tiefe ihrer Gefühle zu erschrecken, aber sie legte sie in ihren Blick, als sie sich einen Augenblick lang anschauten. Dann zeigte Hester den Frauen das Haus und wies sie in ihre ersten Aufgaben ein.
»Um Himmels willen, haben Sie hier denn gar keine Dienstboten?«, wollte Mrs. Burroughs wissen, als sie in der Waschküche standen. Sie starrte auf den SteinfuÃboden, den riesigen Haufen Bettwäsche, der darauf wartete, gewaschen zu werden, und dann auf den wuchtigen Kupferkessel, von dem Dampf aufstieg, und ihre Nasenlöcher bebten bei dem Geruch nach Essig und Ãtzmittel, der in der Luft lag. Die Mangel zwischen den beiden tiefen Holzwannen beäugte sie wie ein obszönes Folterinstrument.
»Dafür haben wir kein Geld«, erklärte Hester. »Wir brauchen alles, was wir kriegen können, für Medikamente, Kohlen und Lebensmittel. Wegen des Gewerbes, dem unsere Patientinnen nachgehen, spenden die Leute nur ungern.«
Mrs. Burroughs schnaubte, verzichtete aber auf eine direkte Antwort. Ihr Blick wanderte weiter im Raum herum und betrachtete die Kübel, den Sack mit Pottasche, das Schmalzfass, die groÃen bauchigen Glasflaschen mit Essig, die Scheuerbürsten und die Lumpen zum Aufwischen.
»Wo kriegen Sie das Wasser her?«, fragte sie. »Ich sehe keine Wasserhähne.«
»Aus dem Brunnen die StraÃe hinunter«, antwortete Hester.
»Gütiger Himmel, Frau! Sie wollen wohl ein Zugpferd, das hier arbeiten soll«, wetterte Mrs. Burroughs.
»Ich möchte viele Dinge«, sagte Hester kläglich. »Und ich
nehme, was ich kriegen kann, und bin äuÃerst dankbar dafür. Das Wasser holt normalerweise Bessie. Damit brauchen Sie sich nicht abzugeben.«
»Bessie? Ist das die groÃe Frau, die ich auf dem Treppenabsatz gesehen habe?«
»Ja. Normalerweise würde sie den GroÃteil der Wäsche erledigen, aber wir haben im Augenblick viele Patientinnen hier, und sie hat ein wenig Krankenpflege gelernt, sodass ich sie dort gut einsetzen kann.«
»Was gibtâs denn da zu lernen?«, fragte Mrs. Burroughs abfällig.
»So manches«, antwortete Hester, der es auch diesmal schwer fiel, höflich zu bleiben. »Einiges braucht man auch nicht zu lernen, wie etwas Blut oder Erbrochenes aufzuwischen, Spülwasser wegzuschütten und so weiter.«
Mrs. Burroughs reckte das Kinn vor. »Ich mache die Wäsche«, erklärte sie.
Hester lächelte. »Vielen Dank«, sagte sie freundlich.
Falls Mercy Louvain sich über Mrs. Burroughs Reaktion amüsierte, dann verriet ihr ernstes Gesicht dies nicht. Hester zeigte Mrs. Burroughs, wo alles war und in welchem Verhältnis die Komponenten gemischt und in die Kessel getan werden mussten. Sie führte ihr vor, wie man die Bettwäsche mit dem hölzernen Wäschestampfer rührte, und erklärte ihr, wie lange und bei welcher Temperatur sie gekocht werden musste. Sie würde zurückkommen müssen, um ihr dabei zu helfen, die Wäsche zu spülen und zu mangeln, sie anschlieÃend zu falten und nebenan das Trockengestell herunterzuholen, die Wäsche aufzuhängen, es wieder hochzuwinden und festzubinden. Es war offensichtlich, dass Mrs. Burroughs noch nie in ihrem Leben auch nur ein Taschentuch gewaschen hatte. Wenn sie sich wirklich nützlich machen wollte, musste sie noch viel lernen.
Mercy Louvain war von vollkommen anderem Charakter, aber es dauerte nicht lange, um zu erkennen, dass auch sie keinerlei Erfahrung mit Hausarbeit hatte. Sie hatte selten eine
Küche besucht, aber als Hester ihr die Kochtöpfe, das Hafermehl, Salz, Weizenmehl, getrocknete Erbsen und Gemüse zeigte, schien
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