Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
nicht noch mehr Tee, sonst werden Sie die ganze Nacht herumhibbeln.«
    Â»Welche Nacht?«, fragte Hester bitter.
    Bessie kam herein, die Haare wieder zu einem festen Knoten am Hinterkopf festgesteckt, das Gesicht gewaschen und bereit für die Arbeit.
    Â»Ich schau in ein paar Stunden noch mal nach ihr«, verkündete sie mit einem Blick auf Hester. »Ich und Flo passen den Rest der Nacht auf.« Sie starrte Flo wütend an. »Ist doch so, oder?«
    Â»Ja«, stimmte Flo ihr zu und grinste Hester an, wobei sie mehrere Zahnlücken entblößte. »Ich bring sie schon nicht um, ehrlich! Ich schwör’s beim Grab meiner Mutter!«
    Â»Deine Mutter ist nicht tot!«, knurrte Bessie.
    Flo zuckte die Schultern und setzte den Kessel auf, dann bückte sie sich, um den Herd zu öffnen und die Kohlen zu schüren, damit sie aufflammten. »Sie brauchen Kohlen«, sagte sie schniefend. »Nehm an, deswegen müssen Sie solche Schweine aufnehmen.«
    Hester ging, zutiefst dankbar, wieder nach oben und sank bis kurz vor sieben in einen traumlosen Schlaf. Dann begannen die Pflichten des Tages. Als sie nach Ruth schaute, schien diese gnädigerweise ruhig zu schlafen, sie phantasierte nicht und atmete leicht.

    Unten in der Küche machte Bessie gerade für die Frauen, denen es so gut ging, dass sie etwas essen konnten, Haferschleim, und Flo schlief, den Kopf auf den Tisch gelegt, auf einem Stuhl.
    Â 
    Als Margaret um kurz nach zehn kam, warf sie erst einen Blick in Hesters Gesicht und dann auf Bessie. »Was ist passiert?«, fragte sie, die Augen vor Schreck weit aufgerissen.
    Â»Wir brauchen mehr Hilfe«, antwortete Bessie, bevor Hester etwas sagen konnte.
    Â»Und den Rattenfänger«, fügte Hester hinzu. Flo holte bereits frisches Wasser vom Brunnen die Straße hinunter.
    Margaret verzog ein wenig angeekelt das Gesicht, aber sie war nicht überrascht. An Orten wie der Portpool Lane gehörten Ratten zum Leben.
    Â»Wie geht’s Ruth Clark?«, fragte sie Hester.
    Â»Sie wird’s überleben, leider«, antwortete Bessie. Sie wies mit dem Kopf in Hesters Richtung. »War die meiste Zeit heute Nacht auf, zuerst mit Mylady Clark und dann mit einem armen Weibsstück, das mit einem Messerstich am Arm herkam. Was mich daran erinnert, dass ich ihr noch kein Frühstück gebracht hab.« Ihre Worte in die Tat umsetzend, füllte sie eine Schale mit Haferschleim, ging damit aus dem Raum und ließ Hester und Margaret allein.
    Â»Wir brauchen wirklich mehr Hilfe«, gab Hester zu. »Aber wir haben kein Geld übrig, um jemanden zu bezahlen, also müsste es eine Freiwillige sein. Der Himmel weiß, dass es schon schwer genug ist, Geld aufzutreiben. Ich habe keine Ahnung, wie wir jemanden davon überzeugen sollen, einer Einrichtung wie dieser seine Zeit zu opfern.« Sie blickte in der von Kerzen erhellten Küche mit dem steinernen Ausguss, den Wassereimern und den Holzkästen mit Mehl und Hafermehl umher. »Unglücklicherweise sagt der Himmel es mir aber nicht!«
    Margaret machte Tee für sie beide, schnitt ein Brot an, das
sie mitgebracht hatte, und machte Toast. Sie hatte sogar ein Glas Marmelade, das sie heimlich aus der Küche ihrer Mutter mitgenommen hatte. Sie hatte in der Speisekammer einen Zettel hinterlassen, damit nicht der Koch oder einer der Bediensteten für sein Verschwinden verantwortlich gemacht wurde.
    Â»Ich bin mir nicht sicher, wen ich fragen soll«, sagte sie, als beide am Tisch saßen. »Aber ich habe zumindest ein oder zwei Ideen, wo ich anfangen kann. Es gibt Frauen, die haben kein Geld, über das sie ohne die Zustimmung ihres Ehemannes verfügen können, aber Zeit haben sie. Es ist durchaus möglich, ein behagliches Leben zu führen und sich zu Tode zu langweilen.«
    Hester konnte keine Haarspaltereien betreiben. Sie wäre für jede Hilfe dankbar und sagte das auch.
    Es war ein harter Tag. Zwei weitere Frauen mit schwerer Bronchitis wurden aufgenommen, und eine dritte mit einer ausgerenkten Schulter, die zu richten Hester und Bessie erhebliche Kraftanstrengung kostete und für die Patientin natürlich äußerst schmerzvoll war. Sie stieß einen ängstlichen Schrei aus, als Hester sie auf den Boden legte, den Fuß so vorsichtig wie möglich in ihre Achselhöhle stellte und dann fest an ihrem Arm zog.
    Flo kam hereingestürzt und wollte wissen, was passiert sei.

Weitere Kostenlose Bücher