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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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magischen Bedeutungen gelernt. Ohne ihn wäre ich damals, als die Hölle meine Seele einforderte, nicht auf die Idee gekommen, im Hartheu Schutz zu suchen. Teufelsfluchkraut, Jageteufel, Alfblut – hinter all diesen Namen verbirgt sich uraltes Wissen. Ein Hartheubündel im Fenster kann Geister abwehren. Die Bauern haben ihr Vieh damit wirksam vor Flüchen und Dämonen bewahrt. Und wie du inzwischen weißt, hat das Hartheu auch mich beschützt.«
    »Abraham hat mir erzählt, dass er dich eingehüllt in einen Kokon aus diesem Teufelsfluchkraut gefunden hat. Doch außer dir scheint es niemanden zu geben, der sich in ein Geschöpf halb Pflanze, halb Mensch verwandeln kann.«
    »Du hältst mich für einen Freak?« Millepertia strich sich das Haar hinter die Ohren. Sie wirkte enttäuscht.
    »Unsinn«, wehrte er den Einwand ab. »Ich will auf etwas anderes hinaus.«
    »Ich spreche aber nicht gern darüber. Ich weiß nicht, was damals genau mit mir geschehen ist. Mir fehlt jede Erinnerung. Ich habe die Zeit wie … wie in einem Winterschlaf verbracht.«
    »Aber du hast währenddessen geträumt?«
    »Ja, verdammt. Ich habe in diesen Träumen mein Ende gesehen. Mein Ende, an dem du Anteil haben wirst.« Sie wandte den Blick ab.
    »Genau das finde ich seltsam. Denn in diesem Fall musst du bereits von mir geträumt haben, lange bevor ich überhaupt geboren wurde.«
    »Na und?«
    Lukas kratzte sich verlegen am Hinterkopf. »Na ja … Ich habe mir mal erlaubt, mich im Internet schlauzumachen. Mir ist da nämlich etwas Ungewöhnliches aufgefallen.«
    »Und was?«
    »Ist dir eigentlich klar, dass dein heutiges Wesen bereits in deinem Namen verborgen ist?«
    »Abraham hat das mal angedeutet«, sagte sie zögernd. »Millepertuis sei der französische Begriff für die Hartheugewächse.«
    »Richtig. Wer also hat dir diesen Namen gegeben?«
    »Soweit ich weiß, war das der Namenswunsch meiner Mutter.«
    »Findest du das nicht eigenartig?«, fragte Lukas. »Warum wollte sie, dass du ausgerechnet so heißt?«
    »Namensmagie.«
    »Namensmagie?«, wiederholte Lukas.
    »Abraham ist davon überzeugt, dass sich im wahren Namen eines Dings sein Wesen verbirgt. Schon in der Bibel heißt es:
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.
«
    »In der Bibel? Moment mal …« Lukas zückte sein Smartphone und verband sich mit dem Internet. Millepertia schüttelte lediglich den Kopf und fuhr fort: »Nach Abrahams Aussage sind nicht wenige davon überzeugt, dass das Wort mit Gottes Allmächtigkeit identisch sei. Deswegen ist der wahre Name einer Sache bei allen Formen der Zauberei äußerst hilfreich. Sogar bei Flüchen. Inwieweit das auch mich betrifft, weiß ich nicht.«
    »Interessant.« Lukas betrachtete sein Suchergebnis auf dem Display und runzelte die Stirn. »Wusstest du, dass dein hübsches Zitat aus dem Johannesevangelium stammt?«
    »Ja, mag sein … Und?«
    »Na ja, das ist schon seltsam, denn mir ist da noch etwas anderes aufgefallen: Hartheu ist nämlich ein ziemlich … na ja, volkstümlicher Begriff. Im Zusammenhang mit dir habe ich ihn zum ersten Mal gehört. Ich würde dieses Gewächs nicht Hartheu nennen, sondern Johanniskraut. Wie ich inzwischen herausgefunden habe, nennt man dein Hartheu auch Johannisblut oder Johanniswurz. Johanniskraut, Johannes-Tochter und jetzt auch noch das Johannesevangelium – das alles ist doch kein Zufall!«
    »Ich kann dir sagen, woher der Name kommt.« Millepertia sah ihn ernst an. »Wenn du die Blüten des Hartheu zerreibst, gewinnst du einen heilkräftigen roten Saft. Und darum kreist eine Legende. Angeblich wuchs das Johanniskraut aus dem Blut von Johannes dem Täufer. Du weißt schon, das war der Prophet, der Jesus im Wasser des Jordan getauft hat. Allerdings misst Abraham dem keine große Bedeutung bei.« Sie seufzte. »Einen weiteren Namen für das Hartheu hast du nämlich noch nicht genannt: Alfblut. Alf. Alb. Schwarzalb. Abraham ist sich sicher, dass es Schwarzalbenkräfte sind, die in mir wirken.«
    »Aber Mille, was, wenn er sich irrt? Was, wenn er zu verbittert ist, um zu sehen, dass es auch eine gute Bedeutung haben könnte?« Lukas musterte sie eindringlich und merkte kaum, wie er sie bei den Händen fasste und sie fest mit den seinen umschloss, während er weitersprach. »Wie es scheint, stehen wir kurz vor Anbruch der Apokalypse. Teufel und Dämonen bekämpfen einander; im schlimmsten Fall geht unsere Welt dabei tatsächlich vor die Hunde. Aber wann

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