Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
wie Mille überhaupt an diesen Unfug glauben konnte. Leider hatten sie bislang noch nicht die Gelegenheit gehabt, wieder unter vier Augen zu sprechen.
Nachdem sie den Rosengarten verlassen hatten, waren sie auf magischem Weg zurück nach Heidelberg gereist. Lukas hatte darauf bestanden, Mephistos Rückkehr in ihrem Appartement abzuwarten. Die Miete war schließlich noch für eine Nacht bezahlt, außerdem hatte er sich nach einer Dusche gesehnt.
»Auch ich habe dieses Detail mit dem Sukkubus und dem Höllentor nicht vergessen.« Abraham von Worms strich sich nachdenklich über den langen Bart.
»Aber was genau hat es mit diesem Höllentor auf sich?«, fragte Lukas. »Jeder von euch Zauberern kann doch nach Gutdünken Teufel und Dämonen beschwören, oder? Wozu dann dieses Tor?«
»Das ist so nicht ganz richtig«, korrigierte ihn Mephisto. »Jede Beschwörung eines der Unseren in diese Welt ist überaus komliziert und verlangt vom ausführenden Zauberer großes Können. Von allein schaffen es nur die wenigsten von uns hierher. Beim Höllentor handelt es sich hingegen um eine Pforte in eure Welt, die die Bewohner des Infernalischen Abgrundes nach Belieben durchschreiten können. Doch das Höllentor ist verschlossen. Bislang galt es als unumstößliche Tatsache, dass es von himmlischen Kräften versiegelt ist. Ist es einmal geöffnet, ist es um eure Welt geschehen.«
»Nur würde kein Zauberer mit etwas Verstand wollen, dass das passiert«, erklärte Abraham mit Nachdruck. »Wer will schon in einer Welt leben, die von der Apokalypse heimgesucht wird?«
»Na ja, mein genialer Vorfahre scheint das für eine hervorragende Sache zu halten«, merkte Lukas gereizt an. »Vielleicht hat er bei seinen hochtrabenden Plänen ja genau daran nicht gedacht?«
»Das ist sicherlich nicht der Fall.« Der schwarze Pudel schüttelte den Kopf. »Sehr viel glaubwürdiger ist, dass wir noch nicht genug wissen. Die naheliegenden Fragen, mit denen wir uns beschäftigen sollten, sind: Wo sind die übrigen Klunker? Und: Was machen wir mit ihnen, wenn wir sie haben?«
»Kann man die Diamanten vielleicht wieder … reparieren?«, wollte Lukas wissen.
Abraham seufzte. »Die Mittel der Geomantie schließen so etwas nicht per se aus«, sagte er vorsichtig. »Nur weiß ich nicht, ob das auch in diesem speziellen Fall gilt. Insbesondere bräuchten wir dafür die Überreste jener Träne, die im Deckel des Höllenzwangs eingelassen war. Ich besitze leider nur die wenigen Bruchstücke, die im Einband steckten.« Er präsentierte ein Glasröhrchen mit einigen Diamantsplittern. »Aber selbst wenn mir alle Teile vorlägen, könnte ich für nichts garantieren.«
»Manchmal frage ich mich, welche Probleme ihr ohne mich hättet«, murrte Mephisto. »Während ihr mit Alberich Fangen gespielt habt, war ich so frei, noch einmal in Staufen vorbeizuschauen. Mir war sofort klar, dass der zersprungene Stein wichtig für uns sein würde. Nur waren die meisten Splitter bereits fort. Uns ist also jemand zuvorgekommen.«
»Das ist kein gutes Omen.« Millepertia wirkte alarmiert.
»Nein, ist es nicht«, knurrte der schwarze Pudel. »Und ich muss es wissen, ich bin schließlich Fachmann für schlechte Omen. Ich musste daher unkonventionelle Wege beschreiten, um doch noch ein paar der Splitter aufzutreiben.« Mephisto trat an den Wohnzimmertisch, wühlte mit seiner Zunge in der Backe und spuckte aus. »Wisst ihr eigentlich, wie erniedrigend es ist, mit der Zunge in einem Staubsaugerbeutel zu wühlen?«
Lukas verkniff sich nur mit Mühe ein Lachen. »Und du weißt über diese Tränen wirklich nichts Genaueres?«, fragte Lukas. »Gar nichts, das uns irgendwie weiterhelfen könnte?«
»Nein!«, grollte der schwarze Pudel. »Ich sagte doch bereits, dass ich derzeit etwas unpässlich bin. Bei allem, was nicht die Bewohner des Infernalischen Abgrundes betrifft, bin ich in dieser reizenden Pudelgestalt allen irdischen Beschränkungen unterworfen. Aber lasst euch davon nicht täuschen. Des Pudels Kern ist schwärzer als sein Fell. Allerdings werde ich mir gut überlegen, wann und wo ich meine Kräfte einsetze. Sie sind selbst in dieser Gestalt noch gewaltig.« Mephisto grinste breit, und für einen kurzen Augenblick glaubte Lukas, diabolische Flammen in den Augen des Tieres lodern zu sehen. Falls das ein Bluff war, war es ein guter, denn Lukas hatte plötzlich den Eindruck, im Zimmer sei es mit einem Schlag mehrere Grad wärmer geworden.
»So oder so: Wir müssen
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