Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
sich durch die Sucheinträge und schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich fasse es nicht. Hier gibt es tatsächlich einen Diamanten, der für uns interessant sein könnte: der
Grüne Dresden!
«
»Der was?«, fragte Millepertia.
»So wird der Dresdner Grüne Diamant genannt«, erklärte Lukas aufgeregt. »Das ist der größte geschliffene und von Natur aus grüne Diamant der Welt. Einundvierzig Karat! Gehörte einst zu den Schätzen der Wettiner Fürsten und galt als Lieblingsstein des sächsischen Kurfürsten Friedrich August des Zweiten.« Er las weiter. »Na ja, das Forum hier ist zwar nicht gerade eine verlässliche Quelle, aber hier steht, dass tatsächlich ein Fluch auf dem Stein liegen soll. Dieser Grüne Dresden soll angeblich einst der
Grüne Tropfen
des indischen Großmoguls Shah Jahan gewesen sein. Der hat ihn dann seiner Hauptfrau Mumtaz Mahal geschenkt. Das ist die, der zu Ehren das Taj-Mahal-Grabmal gebaut wurde. Jedenfalls wurde der Diamant angeblich in der indischen Region Golconda gefunden … und alten Legenden zufolge sind beim Fund des Tropfens dreizehn Minenarbeiter unter seltsamen Umständen gestorben. Es heißt … sie sind vor
Gram
umgekommen. Was auch immer das bedeutet.« Lukas schüttelte ungläubig den Kopf. »Wann der Diamant Indien verließ, steht hier nicht, aber er soll den Untergang des Mogulreichs eingeleitet haben. Und 1741 kam er dann dem Kurfürsten von Sachsen in die Finger. Der war offenbar auch ganz vernarrt in den Stein – und hat Friedrich August den Zweiten von Sachsen angeblich dazu gebracht, den Siebenjährigen Krieg anzuzetteln – der ja in einem ziemlichen Desaster geendet ist. Seit dieser Zeit trägt der Stein auch seinen heutigen Namen. Dresden war damals kurfürstliche und königliche Residenzstadt und … na ja, ich glaube, das reicht erst mal.« Er sah auf. »Ich bin mir sicher, das ist einer der beiden Adamanten, die wir suchen.«
Mephisto betrachtete das Smartphone argwöhnisch. »Und warum weiß ausgerechnet ich rein gar nichts von diesem obskuren Fluchdiamanten?«
»Das ist ein Rätsel, das wir hoffentlich noch klären werden«, brummte Abraham und wandte sich dann an Lukas. »Wo genau befindet sich der Edelstein jetzt?«
»Er wird im Neuen Grünen Gewölbe des Dresdner Residenzschlosses ausgestellt.« Lukas las weiter und stöhnte. »Offenbar wurde er einst mit anderen Edelsteinen in eine Agraffe, einen Hutschmuck, eingearbeitet. Die ist jetzt einer der größten Schätze Sachsens. Stellt euch das mal vor!« Er lachte, wurde aber schnell wieder ernst, als ihm klarwurde, was das bedeutete. »Leider heißt das vor allem eines: Einen besser bewachten Schatz als ihn werden wir vermutlich in ganz Dresden nicht finden.«
»Das sollte uns nicht schrecken«, murmelte der alte Zauberer. »Wozu habe ich all die Jahre Salomons Formeln studiert? Ich könnte versuchen, einen Dschinn herbeizubeschwören, der uns den Stein besorgt. Dschinnen gehören zu den mächtigeren Teufeln. Es gibt kaum welche, die für Diebstähle besser geeignet sind als sie. Nur verlangen sie für einen solchen Dienst eine entsprechende Gegenleistung.«
»Beschwör ihn«, sagte Mephisto. »Offenbar vergisst du, wer neben dir sitzt.«
Abraham lächelte schmallippig. »Durchaus nicht. Du verlangst ja für jeden Dienst ebenfalls eine entsprechende Gegenleistung.« Abraham breitete umständlich seine Zauberutensilien aus und bat Millepertia und Lukas, die Möbel im Wohnzimmer beiseitezurücken. Die folgende Stunde war er damit beschäftigt, einen Beschwörungskreis zu zeichnen, ihn akribisch mit Symbolen auszuschmücken und Paraphernalia auszulegen. Lukas beobachtete ihn mit einer Mischung aus Befremdnis, Faszination und Unruhe. Mephisto hingegen sah dem alten Juden lauernd zu, griff jedoch nur zweimal korrigierend ein.
Schließlich begann Abraham mit seinen Invokationen. Es dauerte eine Weile, bis unvermittelt Rauch im Kreis aufstieg. Kurz darauf erhob sich eine gehörnte Menschengestalt mit nacktem, basaltfarben schimmerndem Oberkörper und Pluderhosen, deren muskelbepackte Arme in Löwenklauen endeten. Der Dschinn öffnete die Lider und entblößte rabenschwarze Augäpfel ohne Iris. Lukas wich instinktiv bis an die Wand zurück.
»Meister?«, knurrte der Teufel.
Abraham kam nicht dazu, etwas zu sagen, denn Mephisto trat vor. »Ich ließ dich rufen!«
Ein überraschtes Grollen entstieg der Kehle des Dschinns, und demütig verneigte er sich. »Ihr, Fürst? Endlich! Wir bedürfen dringend
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