Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
sein! Aber die mit Tamponaden stabilisierte und angeschwollene Nase ließ keine Fragen offen – vor ihm stand jener Sachse, dem er erst vor wenigen Tagen in Staufen die Geldbörse gestohlen hatte. Der Mann trug chefig wirkende schwarze Securitykleidung und starrte ebenso ungläubig zurück. Dann brüllte er »Horst! Komm schnell her! Das glaubst du nie!« und stürmte im selben Atemzug wütend auf Lukas zu. Ehe er ausweichen konnte, packte der Wachmann ihn ungestüm an der Jacke und warf ihn gegen einen Tisch. Lukas trat ihm gegen das Schienbein, rannte auf den Zimmerausgang zu – und lief direkt in die Arme seines dicken Kollegen, den er ebenfalls aus Staufen kannte. Verzweifelt versuchte sich Lukas gegen seinen Griff zu wehren, doch sein Gegner schnaubte bloß und rammte ihm die Faust ins Gesicht.
Lukas sah Sterne und fühlte, wie ihm die Unterlippe aufplatzte. Er wehrte sich standhaft, als auch der Kerl mit der gebrochenen Nase eingriff und ihm den rechten Arm schmerzhaft auf den Rücken drehte.
Schon lag er auf dem Boden, und der Dicke setzte sich auf ihn. Lukas röchelte.
Horst zwang auch seinen linken Arm auf den Rücken, und Lukas spürte, wie sich Kunststoffriemen um seine Handgelenke schlossen. Die beiden zogen ihn wieder auf die Beine, beförderten ihn unsanft auf einen Stuhl und bauten sich vor ihm auf.
»Du dreckiger Penner!«, zischte ihn der Bestohlene an. »Was machst du hier?«
»Vielleicht«, grunzte sein Kumpel, »ist er gekommen, um dir die Börse zurückzugeben? Frag ihn doch mal, Olli!«
»Und? Hast du sie dabei?«
Lukas leckte sich das Blut von der geschwollenen Lippe. »Tut mir leid, das Geld ist schon weg.«
Die Ohrfeige des Mannes kam so schnell und brutal, dass Lukas sie kaum sah. Es klatschte, dann stand seine linke Gesichtshälfte in Flammen. Abermals sah er Sterne.
»Ich will meine Kohle wieder, du diebische Elster. Und ich will wissen, was du hier suchst, wenn du schon nicht gekommen bist, um für deinen Diebstahl geradezustehen.« Zornig durchsuchte der Sachse Lukas’ Taschen und warf Würfel, Kartenspiel, Schlüssel, Feuerzeug, Springwurzel und alles Geld auf den Tisch, das ihm geblieben war. Es waren nur noch Münzen. Leider fand der Kerl auch seinen Personalausweis. »Lukas Faust heißt der Bastard.« Triumphierend starrte ihn der Mann an.
Lukas war viel zu benommen, um etwas zu erwidern. Stattdessen entdeckte er, dass die Monitore im kompletten Rückteil des Raums zu flackern begannen und sich schließlich wie mit Schnee überzogen. Es waren jene Kameras, die oben in der Neuen Grünen Galerie aufgebaut waren. Abrahams geomantische Ausstrahlung zeigte also tatsächlich Wirkung. Im nächsten Moment fielen die Bildschirme ganz aus.
Die beiden Hilfssheriffs bemerkten es nicht. »Ob er hier irgendwas stehlen wollte?«, fragte der Dicke. Ein bösartiger Ausdruck schlich sich in Ollis Züge. »Egal, ob er hier klauen wollte oder nicht, wir hängen ihm einfach was an.«
»Können wir doch nicht machen«, brummte der Dicke, doch sein Kollege deutete zornig auf seine tamponierte Nase. »Der Wichser hat mir nicht nur die Nase gebrochen, er hat mir auch tausend Euro geklaut.«
»Fünfhundert«, korrigierte ihn Lukas stöhnend.
»Schnauze!« Der Kerl verpasste ihm eine weitere Ohrfeige. »Wegen dir konnte ich nicht in den Puff! Wir sagen einfach …« In diesem Augenblick wurde er auf die ausgefallenen Bildschirme aufmerksam. »Scheiße, was ist denn da los?«
Hastig überprüften die beiden die Monitore und Computer.
Lukas lächelte grimmig, doch im nächsten Moment wurde er bleich. Denn noch funktionierten die Kameras in der unteren Etage. Soeben lief an einer von ihnen John Dee vorbei. Er trug eine einfache Jacke, die ihn kaum von den anderen Besuchern unterschied, doch Lukas erkannte ihn sofort an der hohen Stirn und dem auffälligen Schnurr- und Backenbart. Und Dee war nicht allein. Direkt neben ihm lief niemand Geringeres als … Sylvia! Lukas ächzte. Also war die Dämonin aus der Hölle zurück. Was auch immer Dee und der Sukkubus miteinander zu schaffen hatten, er musste Abraham, Mille und Mephisto dringend vor ihnen warnen.
»Gibt’s ja nicht«, meinte der Dicke ungläubig. »Die Infrarotüberwachung ist auch ausgefallen. Ruf mal bei der Technik an. Ich geh so lange oben nach dem Rechten sehen.« Horst griff zu einem Spind, wo er Schlagstock und ein Walkie-Talkie an sich nahm. Dann war er weg.
Sein aufgebrachter Freund warf Lukas einen zornigen Blick zu und
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