Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
Vom Netzwerk:
während des Zweiten Weltkrieges gemahnten, konnten das märchenhafte Bild nicht trüben. Sein Blick wanderte weiter, hinüber zu dem fast einhundert Meter hohen Hausmannsturm. Von dort aus, so hatte er es im Internet gelesen, hatte man einen phantastischen Rundblick auf die Dresdner Altstadt und das Elbtal. Kurz stellte er sich vor, wie es wohl wäre, wenn Mille, Abraham und er tatsächlich nichts anderes im Sinn hätten, als einen stinknormalen Tag mit einem stinknormalen Hund in Dresden zu verbringen. Dann aber seufzte er, verwarf den Gedanken und wandte sich wieder dem eigentlichen Grund ihres Kommens zu: dem Diebstahl des wertvollsten Steines im Grünen Gewölbe.
    Er näherte sich mit Millepertia, Abraham und Mephisto der Warteschlange aus einem guten Dutzend Touristen.
    »Also«, knurrte Mephisto leise. »Ich hoffe, jeder weiß, was er zu tun hat?«
    Millepertia präsentierte vier langstielige, krautige Pflanzen mit grünen, kreuzweise wachsenden Blättern.
    Lukas, der nur wusste,
dass
Mille den Auftrag hatte, eine Einbruchshilfe zu besorgen, aber nicht, um
was
es sich dabei handelte, starrte das Gestrüpp fragend an.
    »Das sind magische Springwurzeln«, erklärte sie. »Nur Spechte können sie finden. Mit ihnen kann man jede Tür und jedes Schloss öffnen. Früher wussten die Leute das noch. Damals hat man jeden Gefangenen nach diesen Zauberpflanzen durchsucht. Uns werden sie hoffentlich dabei helfen, die Vitrine mit dem Grünen Dresden zu öffnen.« Sie reichte Lukas zwei der Springwurzeln.
    Er nahm sie skeptisch entgegen und stopfte sie in seine inzwischen wieder genähten Jackentaschen. »Okay«, seufzte er. »Während ihr euch um den Diamanten kümmert, kümmere ich mich um mögliche Fluchtwege für den Notfall.«
    »Gib dir damit Mühe«, knurrte Mephistopheles. »Viel Zeit bleibt uns nicht, wenn ich die Besucher erst schlafen gelegt habe. Vor allem dann nicht, falls Abraham versagt.«
    Der alte Zauberer starrte noch immer hinüber zum Eingang.
    Lukas ahnte, was in ihm vorging. Die Verantwortung, die auf seinen Schultern lastete, war groß. »Ich habe noch nie versucht, so viel freie geomantische Energien auf mich zu ziehen«, murmelte er. »Ich kann nicht versprechen, ob all diese modernen Geräte dann wirklich ausfallen.«
    »Du wirst es trotzdem versuchen«, ermutigte ihn Mephisto. »Du bist sozusagen das Pik-Ass in unserem Ärmel. Unser schwarzer Joker.«
    Abraham funkelte ihn zornig an. »Bringen wir es hinter uns.«
    Gemeinsam marschierten sie auf den Eingang zu und hielten etwas Abstand zu dem Rest der Schlange. Lukas zwinkerte einem kleinen Jungen zu, der an der Hand seiner Mutter hing. Der Junge lächelte schüchtern.
    »Niedlicher kleiner Bengel, was?«, ertönte plötzlich Mephistos Wisperstimme an seinem Ohr. »Dabei ist er ein richtiger Satansbraten. Immer wenn seine Eltern weg sind, füttert er die Hauskatze mit den Abführtabletten seiner Oma.«
    Irritiert starrte Lukas den Pudel an. Mephisto zwinkerte ihm verschwörisch zu, und abermals streifte seine Flüsterstimme sein Ohr. »Der Kerl vor ihm«, er nickte in Richtung eines seriös mit Anzug gekleideten Mannes, »betrügt seine Frau schon seit Jahren mit ihrer Schwester. Die ist natürlich ebenfalls verheiratet. Und der rothaarige Kerl neben ihm unterschlägt seit Jahren Geld in seiner Firma. Er hat inzwischen ein richtiges Vermögen angehäuft. Ha, ha, und die Dame schräg vor ihm erst. Die ist Haushälterin bei einem katholischen Pfaffen und hat bereits zwei Kinder von ihm.«
    »Gib Ruhe!« Lukas verpasste dem schwarzen Pudel einen Tritt. Mephisto jaulte kläglich, und der Typ, der seine Frau betrog, drehte sich angewidert zu Lukas um. »Das arme Tier. Unmöglich, mit welchen Leuten man seine Luft teilen muss.« Er erntete Zustimmung von allen Seiten.
    Endlich erreichten sie die Kasse, und Lukas zückte seine letzten Scheine. »Tut mir leid«, meinte die junge Frau hinter der Sichtscheibe. »Aber wir sind angewiesen, nach Hunden Ausschau zu halten. Haustieren ist der Zutritt zum Grünen Gewölbe leider nicht gestattet.«
    Mephisto sah sich lauernd um, und plötzlich leuchteten seine Augen rot auf. »Ich bin keiner der Hunde, die du suchst.«
    Der Blick der Frau trübte sich. Schleppend sagte sie. »Das ist keiner der Hunde, die ich suche.«
    »Weitergehen.«
    »Weitergehen!«, wiederholte sie lahm.
    Mephisto zwinkerte Lukas zu. »Jedikräfte. Du könntest ebenfalls über sie verfügen, wenn du endlich einen Höllenpakt eingingest.

Weitere Kostenlose Bücher