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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Begrenzung. Ein Laut wie zerschellendes Glas ertönte, und der Zwingkreis erlosch. Hinter ihnen explodierte ein weiterer Kugelblitz und vernichtete die nächste Gargyle.
    Von Nettesheim wollte sich gerade John Dee zuwenden, als dieser die Faust ballte. Schräg über ihm, vom brennenden Dach des Stallgebäudes, stürzte eine Lawine Schindeln in die Tiefe. Mit einem wüsten Aufschrei ging Agrippa zu Boden, wo er regungslos liegen blieb.
    Die Einzigen, die sich von dem Geschehen unberührt zeigten, waren Mephisto und der Helljäger. Noch immer standen sie einander stumm gegenüber und trugen ihr Blickduell aus. Dann jedoch schnaubte Abaddons Falbe plötzlich und brach samt seinem skelettierten Reiter auf den Hinterbeinen ein.
    Mephistos Hundeaugen glühten noch intensiver.
    Lukas schöpfte Hoffnung, doch dann sah er, wie einer der Wasserspeier sich anschickte, Dee die Teufelsträne zu übergeben.
    »Mille!«, schrie er abermals, doch die Hexe hatte die Gefahr bereits erkannt, sprang vor und schlug dem Wasserspeier die Teufelsträne aus der Pranke. Ihre Pflanzenstränge wickelten sich um den geflügelten Ziegenkörper und rissen ihn zu Boden.
    Das Monster schnappte nach ihr, doch viel gefährlicher erschien Lukas John Dee, der längst dazu übergegangen war, über Abrahams Körper Beschwörungsgesten auszuführen. Lukas zögerte nicht länger. Er hob die Flinte und drückte ab.
    Der Knall des Schusses ging in den übrigen Kampfgeräuschen fast unter, doch er sah, wie die Kugel in der Brust des Engländers einschlug. Dee taumelte einige Schritte nach hinten und stürzte zu Boden. Gereizt starrte er ihn an, dann riss er sich pathetisch das Gewand auf. Lukas starrte im Schein der Flammen auf eine alte Narbe in Herzhöhe, in dessen Mitte eine klaffende Wunde prangte.
    »Ich habe mein Herz schon lange ausgelagert, Herr Faust.« Der Magier kam wieder auf die Beine, doch Lukas scherte sich nicht darum. Er stürzte hinüber zu dem Grünen Dresden, der herrenlos am Boden lag. Aber seine Hand blutete so stark, dass ihm der Adamant aus den Fingern flutschte, kaum dass er den Stein berührt hatte. Schon musste er sich wieder Dee zuwenden, der den Opferaltar mit Abrahams Leichnam umrundete und auf ihn zukam. »Sie müssen wissen, dass ich es in einem Zedernholzkästchen neben meinem Bett verwahre. Oben, in meinem Schlafgemach.« Er deutete hinauf zur Turmspitze, die Lukas in diesem Augenblick so unerreichbar weit entfernt erschien wie der Mond. »Stets bewachen es drei meiner Lieblinge. Und solange das so ist, kann mir keine Verletzung etwas anhaben.«
    Lukas zielte wieder auf ihn und wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Dee betrachtete die Waffe interessiert. »Sieh an, ist das nicht die Muskete, die ich für Makhbar angefertigt habe? Ich habe mich schon gewundert, was für ein guter Schütze Sie sind. Nur nützt Ihnen die Waffe nichts.«
    Lukas wich weiter zurück und sah aus den Augenwinkeln, wie Millepertia die Gargyle mit ihren Strängen erwürgte.
    »Verraten Sie mir: Wie viele Kugeln haben Sie schon abgefeuert?«
    Lukas stieß mit dem Rücken gegen die Mauer.
    »Oh nein, doch nicht etwas sechs?«, verhöhnte ihn der Magier. »Wissen Sie denn nicht, dass auf der siebten Kugel ein Fluch lastet? Womöglich treffen Sie sich damit selbst.«
    »Vielleicht lasse ich es darauf ankommen?«, keuchte Lukas. »Denn wenn tatsächlich der Teufel die letzte Kugel lenkt, dann sollte der doch eigentlich auf meiner Seite stehen, oder? Wo war Ihr Schlafzimmer mit dem Herz noch gleich? Oben im Bergfried?«
    Die Waffe im Anschlag, drehte er sich zu einem der Turmfenster herum und stellte sich in Gedanken das pochende Herz des Mannes vor. Dee sprang ihn mit einem Aufschrei an – und in diesem Moment löste sich der siebte Schuss. Er und der Magier stürzten zu Boden. Lukas gewahrte zu seinem Entsetzen, dass der Lauf der Waffe auf Millepertia wies. »Oh nein!«
    Die Hexe stand neben dem toten Wasserspeier und war über und über mit grünem Pflanzenblut bedeckt. Ächzend sank sie auf die Knie.
    »Mille!« Lukas schleuderte Dees Körper von sich und rannte zu ihr. Sie sah erschöpft auf. »Hast du ihn erwischt?«
    »Dann bist du nicht …?« Lukas sah wieder zu Dee, der hinter ihm auf dem Pflaster lag und ihn ungläubig anstarrte. Dann glitt sein Blick zum Turm hinauf, wo das Mondlicht im Fenster kurz unterhalb der Plattform ein Einschussloch enthüllte. Gotcha!
    Dee stöhnte. Eine Lache roten Blutes breitete sich unter seinem Körper aus.

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