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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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ins Freie. Der gealterte Engländer trug wieder jenes schwarze, bis zu den Knöcheln reichende Gewand mit dem dunklen Pelzbesatz an Kragen und Schultern, in dem er sich ihnen bereits in Worms gezeigt hatte. Die hohe Stirn rahmte eine dunkle Lederkappe; seine Augen blitzen zufrieden. »Lukas Faust!« Er legte die Finger vor der Brust aneinander und näherte sich dem glosenden Kreis mit zufriedener Miene. »Wenn wir beide ehrlich sind, hatten wir bislang noch nicht das Vergnügen. Zumindest möchte ich unsere kurze Begegnung in Dresden nur ungern als vergnüglich bezeichnen. Aber ich habe vor, das zu ändern.«
    »Wo ist Abraham?«, herrschte ihn Lukas an.
    »Er ist hier, mein Bester. Wie ich es versprochen habe.« Dee klatschte in die Hände, und über ihm am Nachthimmel ertönten Flügelschläge.
    Lukas riss die Flinte hoch und starrte ungläubig die beiden animalischen Flügelwesen an, die auf ihren Schwingen zum Burghof herabsegelten. Das waren die verdammten Wasserspeier, die er vorhin auf den Mauerkronen erblickt hatte. Sie lebten! In ihren Klauen trugen sie Abraham von Worms. Er stöhnte und wirkte benommen.
    »Gargylen!«, klärte ihn John Dee auf, der zusah, wie die geflügelten Ziegenwesen Abraham auf den Steinblock legten und ihn dort mit Gurten fesselten. »Sehr nützliche Wächter. Nur kochen können sie leider nicht.«
    Was sollte der theatralische Auftritt? Lukas beäugte die unheimlichen Wesen misstrauisch, deren Haut fast die gleiche Farbe wie das umgebende Gestein hatte. Doch anders als die Golems in Worms schienen sie Wesen aus Fleisch und Blut zu sein. Erstmals erblickte Lukas den Tisch, der neben dem Steinblock stand. Auf ihm standen diverse Schalen, Töpfe und andere Gegenstände, von denen er einige zu kennen glaubte. Als sein Blick auf die miniaturisierte Armillarsphäre fiel, wusste er, dass es sich dabei größtenteils um Abrahams Besitztümer handelte.
    Dann fiel sein Blick auf den von Dee erbeuteten Teil des Höllenzwangs. Auf den Seiten lag ein Messer mit schwarzem Griff und blitzender Schneide. Lukas wurde blass. Allmählich dämmerte ihm, was es mit dem Steinblock auf sich hatte. Das war ein Opferaltar! Ohne auf die Wasserspeier zu achten, rannte er hinüber zu Abraham und prallte gegen ein unsichtbares Hindernis, das ihn wieder zurückwarf. Wütend starrte er die glosende Kreislinie am Boden an.
    »Ein Zwingkreis.« John Dee lächelte maliziös. »Ihr berühmter Ahne Doktor Faust gilt als sein Erfinder. Dieser Zwingkreis verhindert, dass Sie den Burghof verlassen können.« Lukas atmete tief durch. Dee hatte ihn hereingelegt. Natürlich hatte er das. Lukas hatte nichts anderes erwartet. Er durfte jetzt nur nicht die Nerven verlieren. »Also schön«, sagte er schließlich. »Und was genau wird das jetzt hier?«
    »Oh, ich war so frei, alles für eine kleine Willkommensparty vorzubereiten. Allerdings erhält zu dieser Party nicht jeder Zutritt. Sie dürfen sich also geehrt fühlen.« Dee schnippte abermals mit den Fingern, während er vor den Steinblock trat und das Messer in die Hand nahm. Zwei weitere Gargylen glitten vom Nachthimmel herab, nur dass diese eine Frauengestalt trugen, die sich trotz ihrer prekären Situation gegen den Griff der fliegenden Burgwächter wehrte. »Mille!«, rief Lukas entsetzt.
    »Sie kennen das Mädchen? Nicht zu fassen.« Die Lippen des Zauberers zuckten belustigt. »Können Sie sich das vorstellen? Sie wollte sich hier ohne Erlaubnis Zutritt verschaffen – und ist wie eine dumme Bauerngöre in eine meiner Fallen getappt.«
    Die geflügelten Wasserspeier schlugen über ihm mit ihren Schwingen, krächzten und ließen Millepertia über dem Zwingkreis fallen. Lukas sprang vor und versuchte sie aufzufangen. Kurz darauf gingen sie gemeinsam zu Boden.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, wisperte er.
    »Es waren zu viele.« Mille schüttelte seine Hand ab und starrte Dee hasserfüllt an. »Das wirst du noch bereuen, Zauberer!«
    »Ach ja?« Dee prüfte mit dem Daumen die Schneide seines Messers. »Herr Faust, ich denke, es wird langsam Zeit für die Eintrittskarte. Ich habe Ihnen immerhin Logenplätze verschafft.«
    »Wir sind nicht so dumm, den Diamanten offen mit uns herumzutragen.« Lukas breitete die Arme aus, so als wäre er jederzeit bereit, sich durchsuchen zu lassen. »Sie bekommen ihn erst, wenn wir überprüft haben, ob es Abraham gutgeht.«
    »Na, wie soll es ihm schon gehen? Er lebt. Wir brauchen ihn schließlich noch.« Dee lächelte. »Aber ich glaube

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