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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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schlug der Gottesmann vor. »Und das, obwohl sie dir so weh getan haben.«
    »Ich versuch’s.«
    »Axel.« Der Pastor fasste Ben an den Händen und lächelte ihn aufmunternd an. »Weißt du überhaupt, wie stolz die Gemeinde auf dich ist? Nicht jeder schafft den Absprung aus solch gottlosem Treiben. Hinter dir liegt eine dunkle Jahreszeit, doch nun beginnt ein neuer Frühling.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, gab Ben wortkarg zurück.
    »Gerade weil du diese Zweifel hast, rate ich dir, es so zu halten, wie es uns der Apostel Paulus rät. Stimme das Hohelied der Liebe an!« Der Pastor deklamierte aus dem Gedächtnis: »Wenn ich mit Menschen- und Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts.« Der Pfarrer seufzte. »Es hat einen Grund, warum es am Ende heißt: Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Aber die Liebe ist die größte unter ihnen. Dazu zählt nicht nur die Nächstenliebe, Axel, dazu zählt auch die Feindesliebe.«
    Mephisto stieß ein würgendes Geräusch aus. »So viel schwülstiges Gelaber auf einmal vertrage ich nicht auf nüchternen Magen. Ich werde das jetzt mal abkürzen.«
    Alarmiert sah Lukas den schwarzen Pudel an, dessen Augen jetzt in einem schwachen, roten Licht glühten.
    »Ist alles nicht so einfach, wie Sie denken, Herr Pfarrer«, meinte Ben. »Ich hab Ihnen auch nicht alles erzählt. Ich schätze mal, das würden Sie auch nicht verstehen.«
    »Niemand versteht dich, Axel. Keiner von uns«, antwortete sein Gegenüber salbungsvoll. »Aber vielleicht fragst du dich, ob es dir nicht helfen würde, deinen ehemaligen Mitstreitern mal so richtig die Fresse zu polieren, statt demütig die linke und meinethalben auch die rechte Wange hinzuhalten?«
    »Wie bitte?«
    »Ich weiß, das mag überraschend kommen, aber das befreit!«, fuhr der Geistliche eifernd fort. »Lauere ihnen nach einem ihrer Konzerte auf, dann besorg es ihnen. So, wie es schon das Alte Testament fordert: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Zertrümmere ihre Instrumente, spann ihnen die Freundinnen aus. Hauptsache, du kommst endlich wieder zur Vernunft.«
    Ben sah sich lauernd um. »Sind Sie sicher, dass Sie noch Sie selbst sind, Herr Pfarrer?«
    »Aber sicher, Ben.« Der Pfarrer lachte anzüglich. »Weißt du, ich würde den alten Schabracken da hinten im Wagen auch gern mal die Meinung geigen. Du glaubst nicht, wie sehr mir diese Chorproben zum Hals raushängen. Und doch muss ich jede Woche gute Miene zum bösen Spiel machen. Du hingegen hast alle Freiheit der Welt. Das ist etwas, um das dich andere beneiden. Und Neid ist gut. Er treibt den Menschen ebenso an wie Habgier und Stolz. Ohne sie gäbe es keinen Fortschritt auf der Welt.«
    »Satan!« Ben sah sich wütend um, und Abraham fuhr Mephisto erbost an. »Hör damit auf!«
    »So, dann werde ich mal.« Gut gelaunt boxte der Mann Ben gegen den Arm und setzte sich wieder ins Auto. »Na, die Damen? Wie wäre es mit einer kleinen Spritztour ins Bordell?«
    »Herr Pastor!?« Entgeistert schlugen die Frauen die Hände vor den Mund. Der lachte und winkte ab. »War bloß ein kleiner Scherz. In Wahrheit stehe ich auf kleine Jungs.« Mit quietschenden Reifen fuhr er an, und schnell verschwand der Wagen in der Nacht.
    »Los, Teufel! Zeig dich!«, sagte Ben, der lauernd in die Dunkelheit spähte.
    Mephisto trat aus dem Schatten und baute sich vor ihm auf. »Ben, mein Lieber. Da du dich so verstockt zeigst, dachte ich mir, ich setzte auf einen Mittler, dem du neuerdings mehr vertraust.«
    »Hör auf, das Leben Unschuldiger zu zerstören!«
    »Ich soll damit
aufhören?
Aber, aber, mein Junge, was für ein abgrundtief dämlicher Vorschlag! Das ist immerhin mein Job.«
    Auch Lukas trat nun aus dem Schatten, und der ehemalige Devil musterte ihn ungehalten. Als er Abraham in seiner Homunkulusgestalt entdeckte, zeigte Ben keinerlei Anzeichen von Entsetzen. »Hetzt du mir jetzt auch noch Heinzelmännchen auf den Hals?«, fuhr er den Pudel an.
    Abraham zeigte einmal mehr innere Größe. Ruhig trat er vor und sagte: »Wer hochmütig ist, wird schließlich erniedrigt werden; der Bescheidene dagegen wird geehrt. Und wer sich selbst anpreist mit dem, was er zu bieten hat, und dann seine Versprechungen nicht hält, der gleicht den Wolken,

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