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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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mischen. Natürlich wand sich der Teufel, doch die Musiker blieben unnachgiebig. Mit Abrahams Hilfe tüftelten sie einen neuen Höllenpakt für die Band aus, bei dessen Paragraphen sie um jede Formulierung rangen und die sie wieder und wieder nach verborgenen Fallstricken abklopften. Als sie zwei Stunden später damit durch waren, befanden sich Ben und die übrigen Musiker in einer gänzlich neuen Position. Mephisto gelobte zähneknirschend, den Fluch der Teufelsvioline während der kommenden einundzwanzig Jahre auszusetzen, außerdem räumte er ihnen die gleichen Zugeständnisse wie Abraham und Millepertia für den Fall seiner uneingeschränkten Inthronisierung ein. Dass sich die Musiker im Gegenzug verpflichten mussten, niemals zu heiraten, in mindestens einem Song aller ihrer künftiger Alben den Erzengel Michael zu verspotten und weiterhin für die Legalisierung von Drogen aller Art einzutreten, erschien ihnen hinnehmbar.
    Dann, endlich, führte Ben sie zum Versteck der Teufelsgeige. Er gab dem Fahrer entsprechende Anweisungen, und sie brausten mit dem Bus nach Norden, in Richtung des Hardtwaldes. Dort, auf einer verschwiegenen Lichtung, grub er einen ledernen Violinenkoffer aus. Das edle Instrument in seinem Innern war rabenschwarz lackiert, schimmerte im Licht der Busscheinwerfer matt und wirkte in seiner Schlichtheit völlig harmlos.
    Adam und die anderen vier Musiker umringten Ben ebenso neugierig wie Lukas und seine Begleiter. Selbst Millepertia war wieder aufgewacht und nach der Einnahme einiger Alka-Seltzer auch wieder aufnahmefähig.
    »Und jetzt konzentrier dich auf den Mönch, und fang endlich an, dir seine Kenntnisse zu eigen zu machen!«, knurrte Mephisto.
    Ben klemmte die Violine unters Kinn, nahm den Bogen auf und begann mit geschlossenen Augen über die Saiten zu streichen.
    Sein Spiel war von Anfang an schwungvoll, leidenschaftlich und von außergewöhnlicher Virtuosität. Er beschwor auf der abgeschiedenen Lichtung einen Klangteppich herauf, der Lukas einen Schauer der Ergriffenheit über den Rücken laufen ließ. Eigentlich stand er nicht sonderlich auf klassische Musik, doch diese Teufelsvioline hatte es in sich. Er spürte mit jedem Strich, mit jedem Ton, wie sein Blut in Wallung geriet. Ganz ohne Zweifel ging von dem Instrument ein hypnotischer Zauber aus.
    Doch Ben wollte sie offenkundig nicht unterhalten. Sein Geigenspiel schien dazu zu dienen, sich meditativ zu versenken. Denn nach kurzer Zeit flatterten seine Lider, und seine Augen verdrehten sich unnatürlich, während weiterhin das berauschende Violinspiel die Nacht erfüllte. Offenbar sah er Bilder oder hörte Töne, die für alle anderen verborgen waren.
    Plötzlich zuckte er zusammen, und der Violine entfuhr ein disharmonischer Laut, der wie das Geräusch quietschender Nägel auf Glas hallte. Ansatzlos taumelte Ben nach hinten – direkt in die Arme des Drummers, der ihn gerade noch rechtzeitig auffing. »Fuck, Ben. Was ist los?«
    Der Angesprochene zitterte. »Gott! Irgendwas war … diesmal anders.«
    »Was heißt hier
anders?
«, fuhr ihn Mephisto an. »Hast du dir jetzt die grigorianische Melodie des Mönchs aneignen können oder nicht?«
    »Nein, ich hab rein gar nichts gehört«, stöhnte Ben, der nur langsam wieder auf die Beine kam. »Stattdessen hab ich bunte Lichter gesehen. Wie auf einem LSD -Trip.«
    »Das war alles?«, knurrte der Teufel.
    »Nein. Da waren Posaunenklänge. Ich bin mir sicher …«
    »Mille!?« Abrahams besorgte Stimme gellte schräg hinter ihnen auf.
    Auch Lukas drehte nun den Kopf und sah ebenfalls, dass auch ihre Begleiterin zusammengesunken auf dem Waldboden lag. Besorgt stürmte er zu ihr und hob vorsichtig ihren Kopf. »Mille? Was ist mit dir?«
    Sie stöhnte und öffnete langsam ihre Augen. »Lukas?«
    »Ja, ich bin hier. Alles in Ordnung?« Er fühlte nach ihrem Puls, während Mephisto und die Bandmitglieder sie ebenfalls umringten.
    »Ja, ich …«, sie ächzte. »Dieses Geigenspiel. Es hat mich förmlich mitgerissen.«
    »Was meinst du damit?«, fragte der Homunkulus.
    »Ich war irgendwie … woanders. Und doch … auch wieder nicht. Ich habe etwas Eigenartiges gesehen. Fast so wie eine … Vision.«
    »Ausgerechnet
du
willst etwas gesehen haben?« Mephistos Hundeaugen glühten misstrauisch, während er von Ben zu Millepertia blickte. Dann scharrte er ungeduldig mit den Pfoten. »Also gut. Hättest du vielleicht die Ehre, uns daran teilhaben zu lassen?«
    »Einen Mann. Ich habe einen Mann

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