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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Ruhe aufsteigen. Einen Frieden, der ihm seltsam fremd war. Er genoss das ungewohnte Gefühl; nur dass ihm der Grund dafür Angst machte. Denn verborgen unter dem Tisch hielt er noch immer Milles Hand. Und im Augenblick hätte ihn nicht einmal das Erscheinen seines Ahnen veranlassen können, den Platz an ihrer Seite zu räumen.

Die Teufelsgeige
    D er Tourbus fuhr einmal quer durch die nächtlich erleuchtete Stadt und erreichte zwanzig Minuten später eine kleine Eigenheimsiedlung mit Vorgärten, die von vereinzelten Laternen erhellt wurde. Lukas sah auf die Uhr. Es war fast Mitternacht. Mit zischenden Bremsen hielt der Bus neben einer Reihe parkender Autos.
    »Hey, Ben wohnt in der Nebenstraße da hinten!«, rief Adam und deutete etwas zurück.
    »Ich weiß«, sagte Mephisto. »Aber wir wollen doch nicht gleich mit dem Bus durch die Haustür fahren, oder?«
    Der Drummer zuckte mit den Achseln und öffnete ein weiteres Bier.
    Mephisto nickte Lukas und Abraham zu. »Ich brauche gegebenenfalls eure Hilfe.«
    Lukas half Abraham auf den Boden, und gemeinsam folgten sie dem Pudel ins Freie. Ihr Fahrer stierte noch immer ausdruckslos durch die Frontscheibe. Unter den Blicken der übrigen Devils marschierten sie zurück in die Nebenstraße, zu einem kleinen Backsteinhaus mit der Nummer sieben.
    »Hier?«, hörte er die Stimme des Homunkulus irgendwo auf Kniehöhe.
    Mephisto knurrte zustimmend und sah zum Dachgeschoss des Häuschens auf. »Angeblich hat er sich da oben zur Untermiete einquartiert. Wenn ich bitten dürfte, Famulus.«
    Lukas marschierte durch den Vorgarten, suchte die Klingel und hielt inne. Unwillkürlich musste er grinsen, denn auf dem Schild der Dachgeschosswohnung prangte nicht der Name Ben Dark, sondern der eines gewissen Axel Kleineder. Das passte natürlich nicht so gut zu einer Gothik-Metal-Band. Er drückte den Knopf und hörte im Geschoss über sich gedämpftes Summen. Niemand öffnete. Auch nicht beim zweiten und dritten Versuch. »Sieht so aus, als wäre er ausgeflogen.«
    »Da oben ist tatsächlich kein Licht.« Abraham griff zu seiner Armillarsphäre, die vor der Homunkulusbrust baumelte. »Soll ich herausfinden, ob sich unter dem Dach des Hauses wirklich niemand aufhält?«
    »Nicht nötig.« Mephisto wandte sich zur Straße um. »Ich spüre da nämlich so ein brennendes Jucken am Arsch, was mir immer dann passiert, wenn sich frömmelnde Gutmenschen nähern.«
    Drei Häuser weiter bog in diesem Moment ein anthrazitfarbener Multivan mit angeschalteter Innenraumbeleuchtung in die Straße ein. In ihm waren mehrere Insassen zu erkennen, und auf der Seitenfront des Fahrzeuges prangte der weiße Schriftzug
Gott feiern – Menschen helfen!.
    Sie traten hinter einen Baum und sahen, wie der Wagen direkt vor dem Vorgarten hielt. Am Steuer saß ein Geistlicher mit runder Brille und weißem Stehkragen. Hinter ihm hatten zwei ältere Damen Platz genommen, die augenscheinlich Gesangbücher in den Händen hielten, denn sie blickten nach unten, und die gedämpften Zeilen von
Lobe den Herrn
drangen aus dem Auto zu ihnen herüber.
    Mephisto furzte.
    Bei dem Typen auf dem Beifahrersitz handelte es sich zweifelsohne um den gesuchten Ben Dark. Um ihn zu erkennen, hätte Lukas sich im Vorfeld nicht einmal seine Bilder im Internet anschauen müssen, denn der Endzwanziger wirkte inmitten der übrigen Insassen wie ein Fremdkörper. Sein langes schwarzes Haar war zu einem Zopf gebunden, die Schläfenpartien waren ausrasiert, und seine Oberlippe war von einem Ring durchstochen. Dazu trug er ein völlig unpassendes weißes Hemd, das seine Hals- und Armtätowierungen nur unzureichend verbarg.
    Ben wandte sich nach hinten, die älteren Damen brachen ihren Gesang ab und sprachen begeistert mit ihm, während der Pastor ausstieg und ihm freundlich die Beifahrertür öffnete.
    Der einstige Devil betrat den Gehweg, und Lukas sah, was für ein Hüne er war. Er überragte den Kirchenmann fast um Haupteslänge. Ein zufälliger Beobachter hätte bei diesem Anblick vermutlich prophylaktisch die Polizei gerufen.
    »Nächste Woche wieder zur gleichen Zeit?«, wollte Ben wissen.
    »Gern, Axel. Dann werden wir die Chorprobe auch nicht mehr so weit nach hinten ausdehnen. Aber heute lief es einfach so schön.« Der Pastor lächelte selig und begleitete seinen Schützling ein Stück zur Gartenpforte. »Trägst du denn immer noch diese Wut in dir?«
    Ben schwieg.
    »Vielleicht wäre es besser, deinen ehemaligen Mitmusikanten zu verzeihen?«,

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