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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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hören, und er legte all seinen Willen in weitere Geschwindigkeit. Seine Gliedmaßen zitterten bereits vor Kälte. Ein Umstand, der nicht allein von der nasskalten Höhenluft herrührte, sondern vielmehr von dem Blutverlust. Außerdem fragte er sich, wie hoch er inzwischen aufgestiegen war. Langsam wurde die Luft dünn.
    Lukas schoss durch die Wolkendecke und entdeckte in einiger Entfernung über sich weitere Wolken, zwischen denen Sterne durchblitzten. Keine Ahnung, wie ihn Alberich so zielstrebig ausfindig machte, doch auch der Schwarzalb brach hinter ihm durch die Wolken und hielt bereits einen weiteren Felsbrocken in der Hand. Immerhin war er deutlich langsamer als vorhin, was in Lukas die Hoffnung aufkeimen ließ, dass die Wolkenjagd am Ende durch reine Willenskraft entschieden werden könnte.
    Lukas flog noch weiter in die Höhe, bis er abermals zwischen Wolken eintauchte. Allmählich hatte er Schwierigkeiten mit dem Atmen, außerdem schlotterte er vor Kälte – und der Hexenbesen begann zu bocken. Höher ging es einfach nicht.
    Alberich aber war kein Mensch, und so tauchte sein gedrungener Körper keine sechs Meter hinter ihm plötzlich wieder im allgegenwärtigen Grau auf, und er lachte spöttisch. »Na, Menschlein«, schrie er. »Gleich habe ich dich.«
    Lukas blinzelte und sah vor Benommenheit bereits bunte Lichter. Bunte Lichter? Das war seine Chance! Lukas setzte alles auf eine Karte und warf die verbliebenen Irrwurzeln hinter sich, von denen eine Alberich an der Brust erwischte. Er sah noch den irritierten Blick des Albenkönigs; dann ließ er sich abrupt in die Tiefe fallen. Jetzt galt es! Schon hörte er das ohrenbetäubende Dröhnen der Turbinen, und ein gewaltiger Schatten mit Positionslichtern brach zwischen den Wolken hervor. Lukas erkannte den Schriftzug auf der Seite der riesigen Passagiermaschine: Lufthansa.
    Alberich kreischte entsetzt auf und versuchte auszuscheren, doch es war zu spät. Ein lauter Knall erschütterte die Nacht, das rechte Triebwerk der Passagiermaschine kreischte auf und zog eine schwarze Rauchfahne hinter sich her. Dann war die Maschine wieder in den Wolken verschwunden. Alberich aber war fort.
    Lukas trudelte von einer mächtigen Windwelle getroffen in die Tiefe. Eine ungekannte Erschöpfung stieg in ihm auf, während er immer weiter abstürzte. Verzweifelt versuchte er sich gegen den Fall aufzulehnen oder wenigstens den Besen nicht loszulassen, doch seine Glieder waren inzwischen fast taub. Außer seiner Panik schien es nichts mehr zu geben, das ihn noch mit dem Leben verband. Benommen stürzte er durch die tieferliegende Wolkendecke und sah unter sich bereits eine beleuchtete Autobahn auf sich zukommen – als ihn eine Hand an der Lederjacke packte und seinen unkontrollierten Sturz stoppte.
    »Mille!?«
    Sie flog auf ihrem Besen direkt neben ihm, hielt ihn fest und lächelte erleichtert. »Wenn noch Zweifel bestanden, wer hier ein Teufelskerl ist, dann hast du sie soeben ausgeräumt«, rief sie erleichtert. »Und jetzt weg von hier.«

Enigma
    L ukas erwachte in seinem alten Gästezimmer im Wormser Wasserturm. Rotes Abendlicht fiel durch das schlanke Turmfenster, und der klobige Schrank war wieder vor die Tür zum Nachbarraum gerückt. Als er die Decke zurückschlug, sah er, dass er bis auf sein T-Shirt und seine Boxershorts nackt war. Er erhob sich und entdeckte auf dem Stuhl neben dem Bett nicht nur seine ramponierte Jacke, sondern auch die Kleidungsstücke, die er bei der Flucht aus dem Wasserturm hatte zurücklassen müssen. Sogar sein alter Rucksack lag zusammengefaltet am Boden. Daneben ruhte eine Pappschachtel. Er öffnete den Deckel und fand darin all jene Trickutensilien, die seit seiner Abreise aus Berlin nicht mehr zum Einsatz gekommen waren. Schachteln mit doppelten Böden, Becher, Dosen, Karten, Seile und manches mehr. Kleinkram, der für einen raschen Auftritt auf der Straße bestimmt war und nicht im mindesten an die Ausrüstung heranreichte, die noch immer in Berlin lag. Er seufzte wehmütig. Inzwischen war ihm, als läge ein halbes Jahrhundert zwischen der Gegenwart und seinem alten Leben.
    »Na, wieder wach?« Millepertia streckte ihren Kopf ohne anzuklopfen durch die Zimmertür. Er hatte nicht einmal ihre Schritte gehört.
    Lukas erhob sich mit der Schachtel in der Hand und lächelte. »Wie lange habe ich denn geschlafen?«
    »Ziemlich genau dreizehn Stunden«, antwortete sie, schob die Tür mit dem Fuß auf und trug ein Tablett herein, auf dem er

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