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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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erleiden ihre Seelen ebenfalls Qualen, und die Höllenbewohner umschwirren sie wie Motten das Licht. Aber durch echte Reue kann man diesem Ort wieder entrinnen. Ein Höllenpakt hingegen kettet die Seele für die Ewigkeit an den Infernalischen Abgrund. Ein solcher Pakt ist unwiderruflich. Allerdings erhält man zum Ausgleich ungleich stärkere Macht im Leben. Macht, die weit über die Anfertigung einer magischen Kerze hinausreicht.« Der Zauberer strich über Fausts Höllenzwang, der vor ihm auf dem Tisch lag. »Euer Ahne Doktor Faust ist damals einen solchen Höllenpakt eingegangen und hat den Preis dafür bezahlt. Jedenfalls nach allem, was wir wissen.«
    »Ich begreife immer noch nicht, wieso man überhaupt einen Höllenpakt schließen sollte.« Lukas sah zu dem Zauberer auf. »Ein kurzes Leben ins Saus und Braus, nur um dann endlose Höllenqualen zu erleiden? Das ist doch Wahnsinn.«
    »Nicht, wenn Ihr davon überzeugt seid, dem Tod ein Schnippchen schlagen zu können«, entgegnete Abraham ungerührt. »Ihr habt natürlich recht. Es
ist
Wahnsinn. Aber so, wie ich Euch einschätze, solltet auch Ihr Momente erlebt haben, in denen man nicht mehr klar denkt. Zeiten, in denen man glaubt, man könne alles erreichen und bliebe von dem Unbill der Wirklichkeit verschont.«
    »Tja, wer hoch fliegt, fällt eben tief.« Lukas stellte das leere Tablett auf den Boden und sah dabei wie zufällig zu Millepertia.
    »Aus Euch spricht die Arroganz und die Selbstgefälligkeit der Jugend. Falls es Eure Absicht war, mich zu beleidigen, so lasst Euch gesagt sein, dass ich mich längst damit abgefunden habe, eines Tages den Preis für meine Hybris zu zahlen.«
    Lukas verstand erst jetzt, dass der Zauberer den Seitenhieb gegen die Hexe auf sich bezog. »Einen Augenblick«, stotterte er. »So war das nicht gemeint. Ich …«
    »Ich habe Euch schon richtig verstanden, junger Faust.« Der Zauberer lächelte, doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht. »Warten wir doch einfach jenen Moment ab, an dem Ihr selbst fallt. Als Nachfahre von Doktor Johann Faust seid Ihr sozusagen prädestiniert dazu. Ich hoffe, Ihr erinnert Euch dann an dieses Gespräch.«
    »Was haben denn meine Vorfahren damit zu tun?«
    »Ach, das wusstet Ihr nicht?« Der Zauberer lachte. »Der Hölle ist nicht an irgendwelchen Seelen gelegen. Besonders interessiert sie sich für Sterbliche mit besonders machtvollen Seelen. Leute wie Euch und mich!«
    »Und meine Seele soll besonders … machtvoll sein?«, fragte Lukas lauernd.
    Abraham lehnte sich vor und fixierte ihn. »Als die Erzengel auf Gottes Geheiß den Garten Eden errichteten, half ihnen dabei eine Gruppe von Engeln, die als Grigori bekannt wurden. Ebendiese Grigori sollen später, beim Anblick der Töchter Evas, fleischliche Gelüste entwickelt haben. Kurz, sie haben mit den Menschenfrauen Nachkommen gezeugt, die unter anderem als Riesen in die Legenden eingegangen sind.«
    »Wie bitte?
Riesen?
«
    »Besonders bibelfest seid Ihr offenbar nicht.«
    »Nein. Sollte ich?«
    »Zumindest würde es mir manche Erklärungen ersparen«, seufzte der Zauberer. »Bei Gelegenheit könntet Ihr das Buch Mose aufschlagen. Speziell das sechste Kapitel ist von einigem Interesse. Diese Nachkommen waren jedenfalls ebenso machtvoll wie zerstörerisch. Wir können getrost davon ausgehen, dass einige von ihnen für die Götterlegenden überall auf der Welt verantwortlich sind. Die biblische Sintflut diente nicht zuletzt dazu, sie vom Antlitz der Welt zu tilgen. Aber«, Abraham hob mahnend einen Finger, »noch immer leben einige unter uns, durch deren Adern ein wenig Engelsblut fließt. Denn wer Engelsblut in sich trägt und zur richtigen Stunde geboren wird, meistert die arkanen Künste auf besonders beeindruckende Weise. Zu ihnen gehörte auch Euer Ahne. Doktor Faust war ebenso verschlagen wie genial.« Sein Gegenüber lehnte sich wieder zurück. »Und Ihr, junger Mann, seid ein Faust. Jetzt, da die Sendboten der Hölle auf Euch aufmerksam geworden sind, werden sie nichts unversucht lassen. Sie werden Euch so lange in Versuchung führen, bis Eure Seele rettungslos verdorben ist. Und dann, mein Freund, möchte ich diese hochmütige Rede gern noch einmal von Euch hören.«
    Lukas wurde blass. Dann war das der Grund, warum ihm all die Freitage, die auf einen Dreizehnten fielen, so übel mitgespielt hatten? Und wenn die Hölle jetzt wirklich auf ihn aufmerksam geworden war, wie kam er aus alledem wieder raus? Bevor er auch nur eine Frage

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