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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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stellen konnte, fuhr Abraham von Worms fort.
    »Aber zurück zu Euren Erlebnissen in Staufen.« Der Zauberer schien seinen Ärger souverän beiseitezuschieben und blätterte in den verbliebenen Seiten des Höllenzwangs. »Gab es vielleicht noch etwas, das Ihr erfahren habt? Denkt genau nach, was Sukkubus oder Agrippa erwähnt haben. Jedes Detail mag wichtig sein.«
    Lukas atmete tief ein. »Agrippa von Nettesheim kannte mich. Keine Ahnung, woher. Zumindest machte er den Eindruck, als wisse er, wer ich bin. Er und Sylvia – also … ich meine … der … Sukkubus – standen sich feindselig gegenüber. Außerdem sprach der Sukkubus von einer Höllenpforte, die sich öffnen würde.«
    »Ein Höllentor?« Abraham und Millepertia warfen einander besorgte Blicke zu.
    »Ja, und dass sich Agrippa gut überlegen soll, auf welcher Seite er steht, wenn es dazu kommt. Und da war noch etwas.« Lukas legte die Hände grüblerisch vor den Mund. »Von Nettesheim erwähnte irgendwelche Forschungen meines Ahnen. Und dass er jedes Risiko der Welt eingehen würde, um an die Ergebnisse dieser Forschungen zu gelangen.«
    »Interessant. Und zwar in höchstem Maße.« Der Zauberer drehte die Überreste des Höllenzwangs hin und her. »Doch zunächst etwas anderes: Was ist das hier?« Er deutete auf die Aussparung im Einband, in der sich noch in Staufen der zersprungene Edelstein befunden hatte. »Ich habe darin Diamantsplitter entdeckt.«
    »Ach, das.« Lukas winkte ab. »Das war ein Schmuckstein. Hatte einen hübschen Schliff, so ein bisschen wie eine Träne. Aber der Stein ist in tausend Teile zersprungen, als ich von Nettesheim das Buch über den Kopf gezogen habe.«
    Abraham schüttelte den Kopf. »Ich bin Geomant. Ich erkenne einen Diamanten, wenn ich ihn sehe.«
    »Ein Diamant zerspringt doch nicht so einfach«, widersprach Lukas. »Oder doch?«
    »Eigentlich nicht.« Der Zauberer schwieg eine Weile, sah dann aber wieder auf. »Ihr spracht im Rosengarten von Fausts Rückkehr.«
    Lukas nickte.
    »Hat der Dämon mehr darüber verraten?«
    »Mehr? Ich verstehe nicht.«
    »Dann will ich es deutlicher machen.« Abraham strich sich über den Bart. »Ich habe Euch nicht aus Barmherzigkeit bei mir aufgenommen, sondern weil in Zaubererkreisen bereits seit fünfhundert Jahren ein seltsames Gerücht die Runde macht. Ein Gerücht, das ich ehrlich gesagt so irrwitzig fand, dass ich es nie ernst genommen habe. Vielleicht war das ein Fehler.«
    »Und was besagt dieses Gerücht?«, wollte Lukas zunehmend ungeduldig wissen. Dass er sich rundum auf unbekanntem Terrain befand, machte ihn nervös. Nicht nur die Örtlichkeit und die Personen in diesem Raum waren ihm fremd – die Welt selbst war ihm unbekannt geworden. Mit jeder neuen Information, die ihm der alte Mann gab, verschoben sich die Zusammenhänge. Und woher sollte er wissen, ob er diesem Zauberer und seiner Hexe überhaupt vertrauen konnte?
    »Wir, die wir einen Höllenpakt eingegangen sind, fürchten nichts mehr als den Tod«, fuhr der Geomant fort. »Ich erläuterte Euch bereits, was im Falle des Todes mit unseren Seelen geschieht. Natürlich wird Gevatter Hain eines Tages zu jedem von uns kommen, doch die Zauberei ermöglicht es, diesen Moment möglichst weit aufzuschieben. Nur ist bei manchen meiner Kollegen das Überleben über die Jahrhunderte zum reinen Selbstzweck verkommen. Sie beschäftigen sich mit nichts anderem mehr.« Der Zauberer deutete auf sich. »Auch ich bin inzwischen ein altes Fossil. Ich habe dem Tod seit nunmehr sechshunderteinundfünfzig Jahren ein Schnippchen geschlagen. Von Doktor Faust aber wird gemunkelt, dass er zu Lebzeiten an einem Plan arbeitete, den Höllenpakt selbst aufzuheben!«
    Einen Augenblick lang wurde es still im Turmzimmer.
    »Aber … haben Sie nicht gerade eben noch selbst angedeutet, dass das unmöglich ist?«
    Abraham nickte. »Aber ich erwähnte auch, dass Faust ein ebenso genialer wie skrupelloser Kopf war. Er hat in seiner vergleichsweise kurzen Lebensspanne mehr erreicht als viele andere von uns in Jahrhunderten. So hat er gleich sieben rivalisierende Zauberer besiegt, die allesamt älter waren als er. Darunter Michael Scotus, Roger Bacon, Albertus Magnus und Arnaldus de Villanova.«
    »Und was ist mit Euch?« Lukas musterte von Worms neugierig. »Wenn ich richtig rechne, habt auch Ihr damals schon gelebt.«
    Sein Gegenüber lächelte grimmig. »Ja, auch mir hat Faust einen Besuch abgestattet. Unser Duell endete mit einem

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