Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
Laboratorium hängen. Verwundert kniff er die Augen zusammen. »Sagen Sie, Abraham, haben Sie eigentlich den Zylinder geschlossen, in dem der Homunkulus war?«
»Ähm.« Der Zauberer wirkte überrumpelt. »Ich erinnere mich nicht genau. Wieso?«
»Der Homunkulus ist fort.« Lukas kontrollierte sofort das Arbeitszimmer. »Ach du Scheiße! Nettesheim ist ebenfalls verschwunden.«
Abraham schien etwas entgegnen zu wollen, doch dann schrie er auf und fasste sich in den Nacken. Verwundert präsentierte er einen kleinen Pfeil mit Federbusch, dann wurde sein Blick glasig. Er sackte vor dem Tisch zusammen.
Sofort griff Lukas nach der Flinte, als die Stimme Agrippas ertönte und ihn zurückhielt. »Eine falsche Bewegung, Junge, und du bist tot!«
Lukas erstarrte und drehte sich langsam zum Zimmereingang um. Dort stand der Magier in seiner lächerlichen Unterwäsche und hielt eines der Blasrohre auf ihn gerichtet. »Curare!«, erklärte er zuvorkommend. »Es lähmt die Atemwege und sorgt für einen grässlichen Erstickungstod. Mal sehen, wie sich Abraham so schlägt.«
Der röchelte und starrte zur Zimmerdecke.
Agrippa maß den am Boden Liegenden mit einem verächtlichen Blick, dann wanderte sein Blick vom PC zu ihrem Teil des Höllenzwangs. »Wie ich sehe, habt ihr schon ohne mich angefangen. Wie unhöflich. Also, Junge, du wirst mir jetzt verraten, was ihr entdeckt habt!«
»Gar nichts«, log Lukas und sann verzweifelt darüber nach, was er tun konnte.
»Lüg mich nicht an! Ihr habt gerade von einer Bibliothek gesprochen.« Mit einem gierigen Funkeln ging Agrippa in die Hocke und zerrte an Abrahams Tarnumhang. »Der gehört jetzt übrigens mir.«
»Wohl kaum!«, erklang da Millepertias Stimme hinter ihm. Schon flog die Hexe mit einem Aufschrei ins Zimmer, warf sich auf den überrumpelten Agrippa von Nettesheim und schleuderte ihn quer durchs Zimmer.
Der Magier stürzte gegen den Kopierer, rollte sich gekonnt ab und schoss den Giftpfeil auf sie ab.
Zu Lukas’ Entsetzen traf er, doch Millepertia schien das nicht zu stören. Voller Verachtung warf sie sich erneut auf Nettesheim und zerkratzte ihm mit ihren Fingernägeln das Gesicht. »Pflanzengifte kümmern mich nicht, du Stück Aas!«
Agrippa schrie auf, doch schon wenige Augenblicke später verschwanden die Schrammen in seinem Gesicht, als wären sie nie dort gewesen. Lukas kannte diesen Effekt bereits aus Staufen; trotzdem starrte er den Magier wie gelähmt an.
Millepertia hingegen schien gerade erst in Fahrt zu kommen. Rasend schnell verwandelte sie sich in das grün-gelbe Hartheuwesen und schlang ihre Rankenarme um Agrippas Hals. Doch der Magier packte die Ranken, und Flammen umwaberten plötzlich seine Hände. Millepertia kreischte schmerzerfüllt auf.
Mit einem Tritt trieb von Nettesheim sie in eine Ecke des Raumes. Er stand jetzt direkt vor dem zerstörten Fenster, das ihn wie ein düsteres Gemälde umrahmte.
»Hände hoch!«, schrie Lukas. Längst hatte er die doppelläufige Muskete angelegt. Doch Agrippa lachte nur, während die Pflanzengestalt Millepertias raschelnd wieder auf die Beine kam. »Jungchen«, höhnte der Magier und deutete mit brennendem Finger auf ihn. »Du kannst mich nicht verletzen.«
»Aber vielleicht etwas Zeit gewinnen«, sagte Lukas kalt und betätigte den Abzug.
Die Pulverpfanne fauchte auf, und donnernd entlud sich die erste Freikugel. Der Magier wurde in die Brust getroffen und wie eine Gliederpuppe zurückgeschleudert. Es splitterte, als sein Leib die verbliebenen Überreste des Turmfensters durchbrach und er schreiend in der Nacht verschwand.
Lukas rannte zum Durchbruch und blickte nach unten in den Garten. Von Nettesheim lag mit seltsam abgewinkelten Gliedmaßen auf dem Rasen. Der Kerl war fast zwölf Meter in die Tiefe gestürzt, und doch konnte Lukas sehen, wie Agrippas Selbstheilungskräfte seinen Körper bereits wieder zucken ließen.
»Wir müssen weg von hier!« Lukas wirbelte zu Millepertia herum, die bereits in ihrer Hartheugestalt neben Abraham kniete und ihm etwas von ihren Pflanzensäften einflößte. »Gib mir eine Minute«, antwortete sie mit Knisterstimme. »Sonst wird Abraham nicht überleben.«
»Was? Ich denke, er ist unsterblich?«
»Er ist gegen Krankheiten und das Alter gefeit, aber nicht unverwundbar.« Die Hexe sah ihn mit ihrem von Blättern, Blüten und Ranken modellierten Gesicht an. In ihren grünen Augen schimmerten Tränen.
Lukas haderte kurz mit sich, dann nickte er und nutzte die
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