Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
eben damit an, dass er den Höllenzwang abgesehen von magischen auch mit technischen Mitteln untersucht hat. Das kann nur heißen, dass hier irgendwo elektronische Geräte herumstehen, mit denen er das bewerkstelligt hat. Agrippa wird seine Untersuchungsergebnisse garantiert abgespeichert haben. Wenn John Dee diese nicht zerstört hat, haben wir alles, was wir brauchen.«
»Ich verstehe nicht viel von moderner Technik, aber ich ahne, worauf Ihr hinauswollt.« Abraham lächelte, und selbst Millepertia warf ihm einen anerkennenden Blick zu. »Und was sind das für Geräte?«, fragte sie.
»Na ja.« Lukas zuckte mit den Schultern. »Computer. Scanner. Ich traue dem Typen sogar zu, dass er einen Tomographen besitzt. Dinge, die auch Wissenschaftler einsetzen, wenn sie Bücher und Pergamente untersuchen.« Er erntete verständnislose Blicke. »Egal. Das Labor unten scheidet aus. Ich würde mich erinnern, wenn da etwas Passendes gestanden hätte. Aber das Haus ist groß.«
»Na gut.« Millepertia sah auffordernd in die Runde. »Wir teilen uns auf. Wenn wir etwas finden, das modern aussieht, geben wir dir Bescheid.«
Sie kehrten zu Agrippa zurück und ignorierten dessen Fragen. Abraham überprüfte die Fesseln des Zauberers und steckte ihm allem Protest zum Trotz den Knebel erneut in den Mund. Dann eilten sie die Turmtreppe empor. Millepertia nahm sich das dritte Obergeschoss der Villa vor, während Abraham und Lukas das Dachgeschoss inspizierten. Es dauerte nicht lange, dann wurden sie fündig. Ein mit hellen Nussbaummöbeln eingerichtetes Dachzimmer beherbergte ein Kopiergerät, mehrere Scanner, zwei Laserdrucker, ein teures Computerterminal und eine fotografisch anmutende Gerätschaft, die Lukas früher schon einmal an der Uni gesehen hatte. Die südliche Fensterfront des Raumes war ebenso zertrümmert wie die Überreste eines Druckers. Graue Asche wehte über den Boden und ein Gerät, das Lukas an einen altertümlichen Röntgenapparat erinnerte. Es roch verschmort, aber sonst hatte das Zimmer den Angriff der Wilden Jagd weitestgehend unbeschadet überstanden. Selbst die alten Bücher und Folianten sowie Stapel mit Kopien alter Zauberschriften lagen noch ordentlich in Regalen und Vitrinen.
Lukas schnalzte mit der Zunge und grinste. »Wusste ich doch, dass ich recht hatte!« Er wandte sich dem Fotoapparat zu. »Wenn ich mich nicht irre, ist das ein Gerät für Fluoreszenz-Fotografie.«
Abraham musterte ihn interessiert und lächelte gequält. »Ich wage kaum zu fragen, was das ist.«
»Mein einstiger Professor hat uns mal von diesem Verfahren erzählt. Apparate wie diese werden eigentlich im medizinischen Bereich eingesetzt, aber man kann mit ihnen auch alte Schriften oder Gemälde besonders schonend untersuchen. Details weiß ich auch nicht, aber das Ganze funktioniert auf Basis irgendwelcher chemischer Verbindungen, die … irgendwie das UV -Licht absorbieren und es in anderen Wellenbereichen wieder abstrahlen. Und so werden dann verschiedene Bearbeitungsstufen auf alten Gemälden sichtbar oder verborgene Schriften auf Palimpsesten – also auf alten Manuskriptseiten, die einst durch Schaben gereinigt und dann neu beschrieben wurden und …«
»Ihr müsst mir nicht sagen, was ein Palimpsest ist«, unterbrach ihn der alte Jude verschnupft. »Ich erinnere mich noch gut daran, wie unbezahlbar neues Pergament früher war.«
»Natürlich.« Lukas setzte sich an den Computer neben dem UV -Gerät und lehnte die Muskete gegen den Tisch. Der Computer war bereits hochgefahren, befand sich allerdings im Stand-by-Modus. Als er den Cursor bewegte, erschien eine Passwortabfrage. »Mist!« Er durchwühlte die Schreibtischschubladen nach einem Hinweis, fand mehrere Kameras und abgelegte Mobiltelefone und sogar ein Ladekabel, das zu seinem Smartphone passte. Mit einem zufriedenen Grinsen schloss er das Gerät ans Netz an; dann wandte er sich wieder dem Computer zu.
»Benötigt Ihr Hilfe?« Abraham beugte sich über seine Schulter, und der Monitor begann prompt zu flimmern.
»Am meisten helfen Sie mir, wenn Sie sich von dem Rechner fernhalten«, bat ihn Lukas. »Sie wissen ja selbst, dass sich Ihre … Ausstrahlung nicht so gut mit modernen Geräten verträgt.«
Abraham nickte und zog sich wieder zurück.
»Von Nettesheim hat den PC mit einem Passwort gesichert«, erklärte Lukas. »Fällt Ihnen da etwas ein?«
Der alte Zauberer dachte nach und fütterte ihn mit einer Reihe lateinischer Begriffe, von denen keines zum
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