Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
und würgte im verzweifelten Bemühen, etwas zu sagen, nur noch mehr Kuchen hervor. Was auch immer die Frau getan hatte, Lukas beschlich der grausige Eindruck, dass ihr jetzt erst klarwurde, wo sie sich befand.
»Dummerweise rasen wir derzeit ohne Ziel durch die Zwischenwelt«, fuhr Mephistopheles ungerührt fort. »Üblicherweise hockt hier nämlich Malphas, der Überbringer. Nur spielen sich in der Hölle zurzeit dramatische Szenen ab, die die Aufmerksamkeit unseres Fahrers etwas mehr in Anspruch nehmen, weshalb er seinen Pflichten als Linienbuschauffeur derzeit nicht in gewohnter Weise nachkommen kann.«
»Die Höllenrebellion.«
Mephistos Pudelaugen glühten rot auf, und er knurrte.
Lukas wich unwillkürlich einen Schritt vor ihm zurück. »Im Übrigen weiß ich inzwischen, wer du in Wahrheit bist.«
»Blitzmerker!« Der Pudel sprang vom Fahrersitz und schlich Lukas um die Beine. An dem Höllentempo des Busses änderte das nichts.
Lukas war mit seiner Geduld am Ende. Am liebsten hätte er den scharwenzelnden Pudel mit einem Tritt aus dem Bus befördert. Doch dieser sprang nun auf den Sitz neben dem blutbesudelten Anzugträger und musterte Lukas aufmerksam. »Also, Famulus, wollen wir unsere Zeit verschwenden und noch weiter Party machen?«
Der Tote mit dem halben Schädel starrte den Teufel furchtsam mit seinem einen Auge an. »Ich wär ehrlich gesagt für Party«, röchelte der Geist hoffnungsvoll.
»Fresse, Koksnase. Wenn Malphas jemals wieder zurück ist, bekommst du mehr Party, als du je in deinem Leben gewollt hast.«
Mephisto fixierte wieder Lukas. »Also, Famulus, berichtest du mir jetzt endlich, was in der Zwischenzeit passiert ist? Denn seit mich Abraham, dieser missgünstige Schlemihl, verbannt hat, musste ich hier untätig herumhocken und darauf warten, dass du mich endlich rufst.«
»Ich dachte, er hätte dich in die Hölle zurückgeschickt?«
»Nein.« Mephistos Augen blitzten zornig. »Ich habe noch nicht herausgefunden, wieso, aber aus irgendeinem Grund öffnet sich mir der Weg zurück in den Infernalischen Abgrund nicht. Und das, Famulus, widerspricht allen Gesetzen der Hölle.
Meiner
Hölle! Ich bin stattdessen hier in der Zwischenwelt gestrandet.«
»Aber ich denke, du bist der Teufel? Dann hast du deine Macht tatsächlich eingebüßt?«
»Noch eine so anmaßende Frage, und deine Seele landet schneller neben der Fleischwurst mit der Buttercremetorte, als du
Marzipanröschen
sagen kannst. Jetzt dein Bericht, wenn ich bitten darf.«
Lukas seufzte, stellte die doppelläufige Muskete ab und schilderte Mephisto, was sich bis zu ihrer Durchsuchung der Heiliggeistkirche ereignet hatte. Bei alledem versuchte er standhaft, den schrecklich zugerichteten Geist neben dem Teufel zu ignorieren.
»Sieh an«, brummte Mephisto. »Zumindest wart ihr nicht untätig. Das ist doch schon mal was. Und in die Kirche hätte ich euch schon aus gesundheitlichen Gründen nicht begleiten können.«
»Aus gesundheitlichen Gründen?«
»Sicher. In Kirchen wird mir regelmäßig schlecht.« Mephisto rotzte in den Gang. »Bleiben wir also bei dem, was ihr herausgefunden habt. Salomons Schwert interessiert mich im Augenblick nicht. Aber was diese Adamanten betrifft, über sie hast du nicht mehr herausfinden können?«
»Nein«, gestand Lukas kleinlaut. »Blöderweise ist mir dieser verschimmelte Bibliothekar auf die Schliche gekommen, bevor ich mehr aus ihm herausquetschen konnte. Inzwischen bin ich mir aber sicher, dass mit den Adamanten Edelsteine gemeint sind, von denen einer offenbar im Einband von Fausts Höllenzwang eingelassen war.«
»Ermutigend, dass du hin und wieder doch mit dem Kopf und nicht bloß mit dem Schwanz denkst. Sehr gut.« Mephisto fläzte sich breitbeinig auf dem Sitz, leckte sich den Schritt, grinste und stellte sich dann auf die Hinterbeine. »Adamant leitet sich von einem griechischen Begriff ab, der so viel wie ›unbezwingbar‹ bedeutet. Im Mittelalter wurden damit vornehmlich ganz besondere Diamanten bezeichnet.«
»Das passt«, meinte Lukas und wich angeekelt zurück, als Mephisto sich nun anschickte, seine Hand abzuschlecken. »Fausts Plan sah offenbar vor, dass ich den Stein zerstören sollte. Warum ich und kein anderer, weiß ich nicht. Nur scheint der Stein noch eine andere Bezeichnung zu tragen: Teufelsträne! Kannst du damit etwas anfangen?«
Mephisto schwieg und dachte nach. »Nein. Nur beschleicht mich der Eindruck, dass es mir etwas sagen sollte.« Er kratzte sich
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