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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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das Bild in Abrahams Turm.
    »Alberich!«, half ihm Mephistopheles weiter auf die Sprünge. »Alberich, Andwari – all das sind bloß weitere Namen, hinter denen dieser miese Verräter steckt. Ich habe dir bereits im Rosengarten kurz von ihm erzählt. Denn er war es, der den Garten erschaffen hat. Einen abstoßenderen Wendehals als ihn gibt es nicht. Er kämpfte einst an meiner Seite. Unmittelbar vor meinem Duell mit Michael, dem alten Erzengel, hat er es gerade noch so geschafft, seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen und die Seiten zu wechseln. Seitdem harrt er als gebrochene Existenz im irdischen Exil aus und wartet wie all die anderen Kriecher hier auf himmlische Vergebung. Ein hoffnungsloser Fall.«
    »Und du weißt, wie wir ihn finden können?«
    »Natürlich.« Mephisto grinste. »Mit Hilfe des Rosengartens in Worms.«
    Die Antwort überraschte Lukas nicht einmal. »Und wie kommen wir von diesem ungastlichen Ort hier zurück nach Worms?«
    »Indem du mir etwas von deinem Blut gibst«, stellte der Pudel nonchalant fest. »Als Lebender gehörst du nicht hierher. Du bist also mein Gast. Und als solcher lasse ich dich gehen, wenn es mir gefällt. Nur hat alles seinen Preis. Ich habe dich mit meiner Macht geholt, du bringst uns mit der deinigen wieder zurück.« Mephisto leckte sich genüsslich über die Lefzen. »Allerdings möchte ich dir nicht vorenthalten, dass auch Abraham anschließend nicht mehr dazu in der Lage sein wird, mich einfach so wieder wegzuschicken. Du bist fortan wie mein liebender Enkel, der seinen Großvater an die Hand nimmt, um ihn sicher über die Straße zu führen. Oder anders gesagt: Unsere Blutsbrüderschaft wird mich künftig vor Anfeindungen dieser Art schützen. Ist das nicht eine schöne Vorstellung, Famulus?«
    »Ich muss mich gleich übergeben.«
    »Tu dir keinen Zwang an.« Mephisto grinste und deutete auf die Frau mit der Buttercremetorte. »Der Mund von Fettklops Nimmersatt steht ohnedies grad offen. Ziel gut, dann brauchen wir hinterher nicht wischen.« Mephisto stieß ein rauhes Gelächter aus und wirkte, als fühle er sich pudelwohl. »Jedenfalls wird mich so eine nichtsnutzige Bannformel fortan nicht mehr aus dem Gleichgewicht bringen.«
    Lukas sah von dem Pudel zu den entsetzlichen Gestalten, die den Höllenbus bevölkerten. Er hatte das Spiel mit dem Feuer noch nie gescheut, den Einsatz aber auch selten derart deutlich vor Augen gehabt. »Und das, was du da eben beschrieben hast, ist kein Höllenpakt?«
    »Aber nein. Heiliges Indianerehrenwort. Den musst du schon aus freien Stücken und bei vollem Bewusstsein abschließen.«
    Lukas überlegte eine Weile. Doch ihm blieb keine Wahl. »Na gut.« Wütend nestelte er an seinem Armverband und kratzte den Schorf auf. »Aber ich stelle zwei Bedingungen. Erstens: Du sorgst dafür, dass meine Mutter aus der Schusslinie gebracht wird.«
    »Meinetwegen. Und zweitens?«
    »Wenn wir das hier hinter uns haben, setzt du uns irgendwo an einer Telefonzelle ab, damit ich Millepertia anrufen kann. Die hat hoffentlich noch mein Handy.«

Der Nibelungenhort
    D ie Abendsonne tauchte den Rosengarten von Worms in warme Rottöne, und der Wind trug den herrlichen Duft von Rosenblüten heran. Lukas und Mephistopheles warteten unter der großen Linde im Zentrum des Gartens, als die Hecke am Rande des verzauberten Geländes plötzlich emporwuchs und jenes Rosenportal ausbildete, das Lukas erst wenige Tage zuvor erblickt hatte. Auch die Singvögel über ihnen in den Zweigen trällerten erneut ihre blecherne Melodie, als Abraham und Millepertia durch den Torbogen schritten. Beide waren unverletzt, und Lukas sah befriedigt, dass Millepertia noch immer Bluse und Jacke trug, die er ihr in Heidelberg besorgt hatte.
    Mephisto sprang sofort auf. »Mein linker, linker Platz ist frei. Ich wünsche mir den Abraham herbei. Da ist er ja!«, grölte er begeistert und schaute Abraham mit erwartungsvollem Augenzwinkern an.
    »Wie kannst du es wagen?«, brüllte Abraham ungehalten und marschierte vorbei an Rosenhecken und Gestrüpp auf die stattliche Linde zu. Sein Gesicht war rot vor Wut, als er und Millepertia den schattigen Platz erreichten. Erst fixierte er den feixenden Mephistopheles, dann Lukas. »Wie konntet Ihr nur so dumm sein, Euch wieder mit
ihm
einzulassen?«
    »Lassen Sie mich überlegen?«, antwortete Lukas gedehnt. »Vielleicht, weil ich sonst tot gewesen wäre?« Nur mit Mühe gelang es ihm, seine eigene Wut im Zaum zu halten. Abraham war es

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